Brilon. Brilons Bürgermeister über die Finanzlage: „In diesen volatilen Zeiten macht es ehrlicherweise keinen Spaß, einen Haushalt einzubringen.“

. „Wer spart, wenn er hat, findet, wenn er bedarf.“ Noch gilt dieses Sprichwort insbesondere für die Stadt Brilon, wo Bürgermeister Dr. Christof Bartsch dem Rat am 29. September den Haushaltsentwurf 2023 vorstellte. Mehr als 21 Mio. Euro befinden sich in der Ausgleichsrücklage. Noch. Wenn Investitionen so durchgeführt werden, wie geplant, und die Prognosen in etwa richtig liegen, wird sie bis 2027 auf rund 5 Millionen Euro geschrumpft sein.

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„In diesen volatilen Zeiten macht es ehrlicherweise keinen Spaß, einen Haushalt einzubringen“, beginnt Dr. Christof Bartsch seine Haushaltsrede. Er blickt unter anderem auf die steigenden Bau- und Energiekosten, den nötigen Klimaschutz und stetig nachströmende Asylbewerber, die weiterhin auch aus den Ländern kommen wie im Jahr 2015. So sei der Haushalt in erster Linie vom „Prinzip Vorsicht“ geprägt. Zwar bleiben die Gewerbesteuer-Einnahmen auch in 2023 voraussichtlich noch auf dem hohen Vorjahresniveau, aber vorsorglich plant die Stadt mit 27 Millionen Euro, das ist 1 Million Euro weniger als 2022. Gleichzeitig sind für die Energiekosten rund 2 Millionen Euro mehr als im Vorjahr angesetzt. Für die Kreisumlage fallen trotz gestiegener Hebesätze rund 1,7 Millionen Euro weniger an.

2023 ein Defizit von -2,945 Millionen Euro

Der Haushaltsplanentwurf weist für 2023 ein Defizit von -2,945 Millionen Euro aus (2022: -745 000 Euro). Insgesamt stehen Erträgen von 81,38 Millionen Euro nun Aufwendungen von 84,325 Millionen Euro gegenüber, das sind Mehraufwendungen von rund 3 Millionen Euro gegenüber 2022 und dieser Trend setzt sich für 2024 fort. Im Jahr 2025 geht Kämmerer Franz Heers sogar von einem Fehlbedarf von rund sechs Millionen Euro aus, für 2026 von 3,9 Millionen Euro. Dies ist fast deckungsgleich mit Zins- und Tilgungskosten, die bei rund 4 Mio. Euro im Jahr liegen würden, statt wie bisher bei rund 1 Million Euro. Insgesamt soll für 23,246 Millionen Euro im Jahr 2023 investiert werden, Darlehen in Höhe von 13 Millionen Euro sind dafür erforderlich. Im Jahr 2024 müssten 20 Mio. Euro aufgenommen werden, 2025 dann 15 Millionen Euro. Erst danach geht der Kapitalbedarf zurück.

Die geplanten Investitionen

Im nichtöffentlichen Teil ging es dann auch um die größte Investition der nächsten Jahre: das Schulzentrum an der Jakobuslinde. Es ist ein Dilemma: Da hat sich der Rat endlich auf einen großen Wurf inclusive Neubauten geeinigt, schon steigen die Baukosten ebenso wie das Zinsniveau. Gleichzeitig ist die Gewerbesteuer nicht mehr sicher kalkulierbar und auch der Wald wird in Zukunft kein Kapital mehr liefern (2023 voraussichtlich noch einmal +1,4 Millionen Euro), sondern welches brauchen. „Wenn wir nur die Groß-Investitionen, die derzeit geplant sind, so durchziehen, werden wir uns durch den Kapitaldienst in die Darlehen dauerhaft binden. Es werden 3 bis 4 Millionen Euro pro Jahr über 30 Jahre Ausgaben durch diese Bindung in Einzelprojekte anfallen. Das lässt wenig Raum für weiteres.“

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Die größte Zukunftsinvestition soll – neben Feuerwehr, OGS, Forst und weiterem - jene in die Bildung, ins Schulzentrum, sein: 35 Millionen Euro sind über die nächsten vier Jahre dafür kalkuliert. Allerdings, so der Bürgermeister: „Wir haben alles abgeprüft, aber noch keinen Fördertopf für bauliche Investitionen im Bereich Bildung gefunden. Da unterscheiden sich Anspruch und Wirklichkeit. Wir müssen hier auf allen politischen Ebenen auf eine Änderung einwirken.“

Bei den Hebesätzen und Gebühren sind keine Änderungen vorgesehen. Noch gar nicht eingerechnet in den Haushalt 2023 ist ein Betriebskostenzuschuss, den das Krankenhaus aufgrund steigender Energiekosten benötigen wird. „Wir rechnen mit 800.000 Euro mehr gegenüber 2022“ und noch gebe es keine Informationen dazu, was der Bund beisteuere. Problem: Es hat sich in kürzester Zeit so viel geändert, dass Basiswerte für Zuweisungen nicht mehr richtig greifen können, weil sie sich unter anderem noch auf die zweite Hälfte 2021 beziehen. Da gab es noch keinen Krieg und noch keine Gaskrise. „Wir haben gänzlich andere Rahmenbedingungen“, so der Kämmerer.

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Bliebe die Möglichkeit, siehe Bund, das Geld aus einem speziellen Krisenfonds zu nehmen. Christof Bartsch: „Wir haben bewusst von einer Isolierung der zurzeit entstehenden Extra-Kosten abgesehen, weil sie in dieser Zeit entstehen und hierhin gehören und nicht von den nachfolgenden Generationen getragen werden sollen.“„Man soll seinen Speicher nie ganz leeren“, lautet ein weiteres Sprichwort. Sind die fünf Millionen Euro Puffer schließlich auch aufgezehrt, sind Genehmigungspflicht und Haushaltssicherung nicht mehr weit entfernt. Also wo investieren und wo nicht? „Wir brauchen gute Entscheidungen. Ganz viel Spielraum für größere Begehrlichkeiten lässt dieser Haushalt nicht zu, daran sollten wir uns alle halten“, gab der Bürgermeister den Fraktionen für ihre Beratungen mit.

Indes wird schon – legitim – getrickst, wo es nur geht: Durch eine Ausgliederung des Bäderbetriebs auf die Stadtwerke soll künftig ein möglicherweise dauerhaft sechsstelliger Steuervorteil erzielt werden.