Marsberg. In Marsberg formiert sich eine Protestbewegung aus Furcht vor immer stärker steigenden Kosten. 250 Menschen waren dabei. Die Bilanz der Demo.

„Marsberg reicht es“ - unter diesem Motto veranstaltete der neu gegründete Verein zur Unterstützung der Bürger und Betriebe inMarsberg eine Demonstration, um gegen „Gier, Inkompetenz, Unmenschlichkeit“ zu protestieren. Das Plakat mit der Ankündigung, auf dem brennende Geldscheine abgebildet sind, zählt die Kernelemente des Protests auf: die Veranstalter sorgen sich um drohende Insolvenzen und steigende Energie-, Sprit- und Heizkosten und werfen der Politik Versagen vor.

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Trotz schlechter Wetterbedingungen kamen mehr als 250 Menschen am Montagabend (26. September) zu der Demonstration auf dem Marsberger Kirchplatz. In dicke Jacken gehüllt und mit Schirmen gegen den Nieselregen bewaffnet, standen sie zunächst in vereinzelten Gruppen am Rand. Ruhig und leise tuschelnd blickten sie abwartend in die Runde.

Demo in Marsberg: Situation macht uns allen Sorgen

Als Rüdiger Diesel, 1. Vorsitzender des Vereins, die Veranstaltung mit einer Ansprache eröffnete, traten die Menschen näher zusammen. Er legte kurz die Ziele der Demonstration dar mit der ausdrücklichen Bitte um einen ruhigen Verlauf und das Vermeiden von Zwischenfällen: „Dies ist nur eine Versammlung besorgter Bürger, die ein Zeichen setzen wollen. Wir sind nicht radikal!“ Auch betonte er wiederholt, dass sich der Verein von jeglichen politischen Extremen distanziere und die Demonstration einzig dem Zweck einer Protestveranstaltung zu den steigenden Energiepreisen und der Inflation diene. „Die Situation macht uns allen Sorgen, wir haben Kinder, wir haben Mitarbeiter - so kann es nicht weitergehen!“

Demonstration 'Marsberg reicht es'. Rund 250 Menschen waren dabei.
Demonstration 'Marsberg reicht es'. Rund 250 Menschen waren dabei. © WP | Rebekka Siebers
Demonstration „Marsberg reicht es“: Es blieb friedlich.
Demonstration „Marsberg reicht es“: Es blieb friedlich. © WP | Rebekka Siebers
Die offene Gesprächsrunde: Sorgen der Bürger waren im Fokus.
Die offene Gesprächsrunde: Sorgen der Bürger waren im Fokus. © WP | Rebekka Siebers

Nach seiner Eröffnung sammelten sich die Teilnehmenden zu einem Demonstrationszug durch die Marsberger Innenstadt, begleitet von der Polizei und mehreren Ordnungshelfern in leuchtenden Westen. Die Route führte vom Kirchplatz zur Casparistraße, verlief weiter über den Kötterhagen, traf auf die Hauptstraße und führte von dort aus in einem Bogen zurück auf den Kirchplatz.

Protest in Marsberg: Botschaften für Dirk Wiese und Friedrich Merz

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Nachdem der Demonstrationszug dort wieder angekommen war und sich die Gruppe in einem großen Halbkreis versammelt hatte, initiierte Rüdiger Diesel eine offene Gesprächsrunde. Er lud die Anwesenden dazu ein, von ihren Erfahrungen zu erzählen und über bestehende Ängste und Wünsche zu sprechen. Das Ziel dabei seien Botschaften, die von den Veranstaltern an die Bundestagsabgeordneten Dirk Wiese und Friedrich Merz als Interessenvertreter der Region weiterleiten wollen. Dabei ging es auch um Kritik, beispielsweise an den Handlungsempfehlungen zum Energiesparen: „Wir brauchen klare Stellungnahmen“, sagte Rüdiger Diesel, „Spartipps wie das Waschen mit dem Waschlappen und nur noch drei Minuten duschen - das kann nicht alles sein. Wir brauchen Lösungen und Perspektiven!“ Damit sei auch das Ziel der Veranstaltung klar aufgezeigt worden: „Wir gemeinsam haben eine Stimme und wir gemeinsam können etwas erreichen!“ Die Anwesenden reagierten auf seine Ansprache mit kräftigem Applaus, im Anschluss traten vereinzelte Teilnehmer an das Mikrofon. „Die Krise betrifft die Ärmsten der Armen“, erzählte ein Demonstrant aus Brilon und berichtete über die Folgen, die die steigenden Energiepreise für die Tafel dort mit sich bringen. „Da müssen Menschen, die nichts haben, wieder weggeschickt werden!“

Demonstration in Marsberg: Arbeitsplätze müssen gesichert werden

Eine Frau in bunten Turnschuhen sorgte sich vor allem um die Zukunft der älteren Bürger: „Ich mache mir große Sorgen um unsere Rentner. Die Energiepreispauschale über 300 Euro kommt nur bei denen an, die eine Steuererklärung machen. Was ist mit den anderen?“ Auch die zunehmenden Sparmaßnahmen von Senioren- und Pflegeheimen gingen vor allem zulasten der Bewohner. „Da wird an den Menschen gespart“, erzählte ein Mann in grüner Winterjacke, der sich als Musiker vorstellte, „Musikkreise und gemeinsames Singen werden kurzfristig gestrichen, ohne Ankündigung.“ Viele Redebeiträge behandelten die Sorge um die finanzielle Lage der Menschen. Ein weiterer Fokus lag auf der Sicherheit von Arbeitsplätzen: „Hier müssen die Betriebe für ihre Mitarbeiter auf die Straße gehen“, sagte Michaela Linnemann, Schriftführerin des Vereins, im direkten Gespräch. Mit den steigenden Energiekosten und der abnehmenden Kaufkraft der Kunden bekämen die Unternehmen massive Probleme. „Gleichzeitig tragen wir die Verantwortung für unsere Mitarbeiter. Arbeitsplätze müssen gesichert werden.“

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Bei vielen Beiträgen handelte es sich überwiegend um Forderungen an die Politik . Es müsse eine klare Linie geben, es müsse sich besser um die Menschen gekümmert werden. Gleichzeitig sollten die Verantwortlichen in der Politik für Fehlentscheidungen und Vernachlässigung ihrer Pflichten gegenüber den Wählern die Verantwortung tragen und Konsequenzen ziehen. Das beginne bei der Information der Bürger: „Ich fühle mich nicht gut informiert“, bekundete eine Demonstrantin. Ihrer Meinung nach würden die Gründe für die Inflation nicht ausreichend offengelegt: „Da hat man das Gefühl, nicht alles gesagt zu bekommen.“

Verein möchte regelmäßig zu Demo in Marsberg aufrufen

Zum Schluss appellierte ein junger Mann mit Kappe an den Zusammenhalt der Menschen. In diesen schwierigen Zeiten sei es wichtig, sich gegenseitig zu unterstützen und zusammenzurücken: „Geht auf die Menschen zu, jeder hilft euch!“

Von der großen Beteiligung an der Demonstration waren selbst die Veranstalter überrascht: „Wer hätte damit gerechnet, dass so viele kommen? Die Resonanz ist wirklich sehr groß“, sagte Rüdiger Diesel hinterher. Man merke, dass der Bedarf an Möglichkeiten, um sich auszutauschen und mitzuteilen, massiv ist: „Es muss überparteilich etwas passieren, da müssen wir gemeinsam Druck auf die Regierung machen. Wir haben ein starkes Zeichen gesetzt.“ Es seien auch weitere Demonstrationen geplant, die nächste solle in 14 Tagen wieder auf dem Kirchplatz stattfinden.