Brilon. Andreas Piorek feiert Sonntag sein Jubiläum – und organisiert ein Programm mit gutem Essen und Musik für die Briloner. Das ist jetzt geplant:

„Am Anfang, da haben mich die Briloner natürlich getestet. Wollten sehen, was das für einer ist“, sagt Andreas Piorek. Mit verschränkten Armen sitzt der Briloner Gastronom an einem der sauber gedeckten Tische in seinem Jägerhof. Er grinst. „Am Anfang, da kamen nämlich nur die Frauen. Frauenclubs. Und es gab Abende, da hat nur ein Mann im Gastraum gesessen. Ich glaub, die Frauen waren die Späher. Diejenigen, die berichtet haben, wie der neue Koch so ist und ob die Oma hier auch mal ihren Geburtstag feiern kann.“ Andreas Piorek, Spitzname „Pio“. Vor 20 Jahren ist er von Schmallenberg hergekommen, nach Brilon. Seitdem führt er die Gaststätte Jägerhof, direkt am Marktplatz. Zeit, zurückzublicken.

Piorek vom Jägerhof: Er lernt in München, Hamburg und in der Schweiz

Vor 37 Jahren hat Andreas Priorek seine Ausbildung zum Koch beendet. Es verschlägt ihn in Küchen in München, Hamburg, an der Ostsee und in der Schweiz. Er lernt, sammelt Ideen, nimmt aus jedem Lokal das Beste mit. „Das größte Ziel war, was eigenes zu machen.“ Er wiegt den Kopf hin und her. „Aber dann wird man schnell auf den Boden der Tatsachen geholt, denn was auf die Karte kommt entscheide nicht ich, sondern meine Gäste.“ Seine Schwiegereltern besitzen einen Gasthof in Bödefeld, auf dem Dorf. 20 Betten, Bierschwemme, im Nebenraum können Gäste essen. Pioreks erste Gehversuche. „Das war gut. Viele aus Schmallenberg, Meschede oder aus dem Raum Winterberg wurden Stammgäste.“ Irgendwann sitzt an einem der Tische Wilfried Stockebrand. Ehemaliger Kämmerer der Stadt Brilon, damals Geschäftsführer der Briloner Wirtschaft und Tourismus (BWT), Inhaber des Jägerhofs. Er sagt zu Piorek: „Ich hab hier ein Restaurant in Brilon und suche einen neuen Betreiber. Hast du Lust, das zu machen?“ Andreas Piorek fährt einen Tag später nach Brilon. Er kennt den Jägerhof, ist früher als Kind mit dem Bus oft um das Haus herumgefahren. „Das wär was“, denkt er.

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Er weiß schon zu Beginn, als er das erste Mal für die Briloner die Tür des denkmalgeschützten Hauses öffnet, dass es falsch wäre, den Brilonern zu zeigen, „wie man kocht“. Er will schöne, vernünftige und frische Küche machen. Gutbürgerlich. „Damals hieß gutbürgerlich noch, dass man über das Schnitzel auf dem Teller noch eine Kelle Fett schüttet.“ Andreas Priorek schüttelt sich, lacht. „Eigentlich heißt gutbürgerlich aber, wie bei Oma und Mama. Nur mit Pep und den technischen Möglichkeiten, die man eben in der Küche hat.“ Nach und nach erst lässt er den eigenen Stil auf der Karte aufblitzen, hier und da. „Ich wollte den Brilonern meine Ideen nicht einfach überstülpen. Ich habe erstmal geguckt, was der Gast will.“ Die Briloner akzeptieren ihn, den neuen Koch am Marktplatz. Adoptieren ihn, wie er sagt. Schnell wird er zu „Pio“. Pio, den jeder kennt. „Ich glaube, viel mehr Leute kennen mich, als ich die Leute kenne“, sagt er.

Im Herzen der Stadt liegt der Jägerhof Brilon – als Aushängeschild

Nach anderthalb Jahren gibt er den Gasthof in Bödefeld mit schwerem Herzen auf. „Aber in Brilon gab es einfach mehr Kontinuität. Allein durch die Touristen.“ Die Lage, direkt im Herzen der Stadt, macht den Jägerhof zum Aushängeschild. Zu einem der ersten Restaurants, die Touristen bei ihrer Ankunft sehen können. „Ich finde es wichtig, dass die Gäste mit einem guten Gefühl nach Hause fahren. Sie sollen nicht denken, dass der Jägerhof toll ist, sie sollen denken, dass Brilon toll ist. Sie sollen im Ruhrgebiet oder wo sie herkommen erzählen, dass es sich lohnt, Brilon zu besuchen.“ Heimatstolz schwingt mit, wenn er von der Stadt spricht, die zu seinem Zuhause geworden ist. Andreas Piorek hat den Brilonern viel geschenkt. Gutes Essen, gemeinsam mit Kollegen eine Kochschule, Kochbücher für Männer und Frauen, viel Benefizaktionen. „Irgendwie will man mehr machen, immer einen drauflegen.“

Wilma Tobes putzt die Fenster des Jägerhofes, der damals - also 2002 - von Andreas Piorek übernommen wurde. 
Wilma Tobes putzt die Fenster des Jägerhofes, der damals - also 2002 - von Andreas Piorek übernommen wurde.  © WP | Jana Naima Schopper

Kein Konkurrenzdenken zwischen den Briloner Gastronomen

Die größte Krise, die Pandemie, schüttelt ihn durch. „Es war gewaltig“, sagt er, und meint den Zusammenhalt der Briloner. Sie stehen ihren Gastronomen bei. Kaufen das Essen auf Tellern, schick angerichtet wie im Gastraum des Jägerhofes, auch außer Haus. Der Zusammenhalt, den er mit den anderen Gastronomen vor Ort pflegt, wird noch stärker. „Hier gibt es kein Konkurrenzdenken. Wir leihen uns ständig was und kaufen auch zusammen Sachen wie eine große Pfanne oder ein großes Zelt. Dann sprechen wir uns ab, wer es wann braucht. Das ist schön“, sagt er. Dennoch ist er der dienstälteste Koch hier in Brilon, hat viele von ihnen Kommen und Gehen gesehen. Er blieb.

Im Dezember ist er 60 Jahre alt geworden. Er denkt über die Zukunft nach. Schweigt einen Moment, wenn er danach gefragt wird. „Klar, mit der sechs vorn, da denkt man über sowas nach.“ Er schüttelt den Kopf. Aufhören, das liegt noch in weiter Ferne.

Jubiläumsfest am Sonntag

Zu seinem Jubiläum lädt er am Sonntag, 12. Juni, alle Brilonerinnen und Briloner ein. Es wird Essen geben, wie Bratwurst, Currywurst und Burger vom Spießbraten. Die Warsteiner Brauerei, die ihr Bier schon 60 Jahre am Jägerhof ausschenken lässt, stellt einen Getränkewagen. Es wird Live-Musik geben, vom Blasorchester, einer Jazz- und Dixielandband und Schlagerpop. Beginn ist um 11 Uhr, Ende offen, am Marktplatz Brilon.