Marsberg. Die Polsterei Hellermann existiert seit 1931 in Marsberg. Der Grund für den langjährigen Erfolg ist auch in der Pandemie wieder entscheidend.

Heutzutage ist es für viele handwerkliche Betriebe schwierig, einen Nachfolger auf Chefebene zu finden. Im Idealfall soll die eigene Tochter oder der Sohn das Unternehmen weiterführen, aber die Interessen liegen in anderen Bereichen. Was mühsam über Jahre aufgebaut wurde, löst sich vergleichsweise schnell wieder auf. In Marsberg-Bredelar stellte sich die Frage der Nachfolge im Polstereibetrieb der Familie Hellermann auch. Und zwar nicht nur einmal. Mittlerweile gibt es den Betrieb seit 91 Jahren und wird in dritter Generation geführt. Geschäftsführer Gerd Hellermann erklärt, wie sich das Unternehmen so lange erfolgreich halten konnte und die Pläne für die Zukunft.

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Früher bestand das Handwerk des Raumausstatters aus der Sattlerei und der Polsterei. „Viele Betriebe haben sich dann auf Gardinen spezialisiert und nach und nach Böden und die Polsterei vernachlässigt. In den vergangenen 20 Jahren wurde das Interesse an Gardinen aber immer rückläufiger“, erklärt Gerd Hellermann. Dadurch das einige Unternehmen die Zeichen der Zeit nicht früh genug erkannt haben, hätten sie Probleme bekommen. Der 56-Jährige ist froh, dass sich sein Betrieb nicht auf Gardinen versteift hat. Das hat auch in der Corona-Pandemie Vorteile gehabt.

Polsterei in Marsberg hat wichtiges Standbein in der Pandemie

„Wir haben seit 30 Jahren die Polsterei im Vordergrund. Vor 15 Jahren kam der Sonnenschutz hinzu. In der Pandemie sind viele Leute zuhause und das Interesse an Sonnenschutz stieg enorm. Sie wollen es sich schön machen“ Normalerweise sind elektrische Varianten nicht sehr gefragt. Grob geschätzt verkauft er fünf pro Jahr. 2021 hingegen waren es 32. In diesem Jahr sind es bereits 11. Früher spannte Hellermann noch Markisen, heute hat der technische Fortschritt auch in dem Bereich Einzug gehalten.

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Im Rahmen der Polstereiarbeit finden Kunden Hilfe, wenn sie an einem Möbelstück festhalten wollen, das nicht mehr gut in Schuss ist. Auszubildende Antonia Antonia Zeitler arbeitet beispielsweise an einem Sessel, der schon über 100 Jahre alt ist. Seitdem hat sich natürlich einiges im Bereich der Sitzmöbel getan. Beispielsweise gibt es andere Federungen, die zur Auswahl stehen. Ob diese aber auch Verwendung finden oder das gute Stück so originalgetreu wie möglich aufbereitet werden soll, ist Entscheidung der Kunden.

Möbel lassen sich mit über 200 verschiedenen Stoffen ganz individuell gestalten. Möglich sind auch Restaurationen. Familie Hellermann aus Marsberg hat auch schon eigene Möbel restauriert, weil sie ihnen am Herzen liegen.
Möbel lassen sich mit über 200 verschiedenen Stoffen ganz individuell gestalten. Möglich sind auch Restaurationen. Familie Hellermann aus Marsberg hat auch schon eigene Möbel restauriert, weil sie ihnen am Herzen liegen. © Sabrina Voss

Sonderanfertigungen von Sofa und Co sind auch denkbar, werden aber nur selten nachgefragt. Gelegentlich restaurieren die Hellermanns auch ihre eigenen Stücke. „Das schöne am Handwerk ist, dass ich am Ende sehe, was ich geschafft habe. Und wenn es dann noch sauber gearbeitet wird, bin ich zufrieden.“

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Wer sich in der Polsterei umschaut, bemerkt schnell, dass dort Entscheidungen der Kunden nicht übers Knie gebrochen werden. Alleine für Stoffe gibt es über 200 Bücher mit kleinen Exemplaren zum näher betrachten. Leder, wasserabweisend, synthetisch und viele weitere Optionen bestehen. Gerade gehe der Trend laut Gerd Hellermann zu Beige und Braun. Ähnlich verhält es sich bei Gardinen, wo es viele Stile gibt. Faltrollos sind beliebt. Mit Wellenvorhängen, Plissees und mehr gibt es aber auch hier einige Alternativen.

Die vierte Generation übernimmt

Die Familie Hellermann ist einer der ältesten Familien in Marsberg-Bredelar. Seit 1895 ist sie dort wohnhaft. Die Sattler- und Polsterei gründete Heinrich Hellermann gründete im Jahr 1931 in der Sauerlandstraße. Im Krieg verstarb er allerdings 1945 und somit übernahm seine Ehefrau Anna die Geschicke bis Ende 1973, bevor Sohn Heinz in die Fußstapfen von Vater und Mutter trat. Er führte den Betrieb dann 32 Jahre lang und seit 2006 ist Gerd Hellermann Geschäftsführer. Seine Frau Anke traf er auf der Meisterschule für das Raumausstattende Handwerk in Oldenburg.

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Die Liebe zu ihrem Beruf haben sie auch an ihren Sohn weitergegeben. Paul Hellermann ist der jüngste Meister im Familienkreis und absolvierte seine Ausbildung im elterlichen Betrieb. Die Gesellenzeit hingegen nutzte er, um auch Erfahrungen in anderen Betrieben machen zu können. Für die Meisterschule ging es nach Stuttgart, wo er nicht nur den Meisterbrief vor der Rückreise in die Hand gedrückt bekam, sondern auch eine Belobigung für seine überdurchschnittlichen Leistungen. Mit ihm steht nun die vierte Generation bereit, um den traditionsreichen Betrieb in Marsberg weiterzuführen. Gerd Hellermann: „Es ist schön zu wissen, dass der Betrieb fortbesteht.“