Brilon. Eine besondere Fotoausstellung konnte nun im Haus Hövener bestaunt werden. Fotografin Heide Prange hat Menschen mit besonderen Merkmalen gezeigt:

„Eine sehr mutige Fotoausstellung“, zollten viele Kunstinteressierte am Freitagabend der Fotografin Heide Prange Respekt. Zur Vernissage der Portraitausstellung „Menschen, die wir sind“ im Museum Haus Hövener in Brilon kamen viele Besucherinnen und Besucher. Da nach den Pandemievorschriften nur 40 Personen gleichzeitig Einlass erlaubt war, gab es sogar eine Warteliste.

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„Dem Auge Geduld angewöhnen“

Heide Prange portraitiert Menschen mit prägnanten genetischen Merkmalen im Gesicht. Wohl jeder bemerkte den in den Ukraine-Farben Blau-Gelb angeleuchteten Museumseingang als Zeichen für den Frieden. Bürgermeister Dr. Christof Bartsch freute sich, dass er „viele Menschen aus nah und fern“ begrüßen konnte, denn es waren viele Freunde der heute in Köln wohnenden Fotografin da. „Heide Prange ist ein Kind unserer Stadt. Zuerst Engelbert-Schule, dann Petrinum und dann ging es hinaus in die Welt.“ Jetzt sei sie mit ihrer Fotoausstellung zurückgekommen, freute sich Dr. Bartsch, dass die gebürtige Brilonerin ihre Portraits von Menschen mit genetischen Besonderheiten im Gesicht und Menschen mit Albinismus in Brilon zeigt.

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„Wir alle stehen unter dem Eindruck von dem, was in Osteuropa geschieht, da sollte man die Veranstaltung ausfallen lassen. Aber es ist wichtig, dass diese Menschen in den Vordergrund gestellt werden und in unserer schnellen, oberflächlichen und leistungsgeprägten Zeit auch eine Chance haben“, betonte der Bürgermeister. „Ich bin sehr beeindruckt und zwei Mal durch die Ausstellung gegangen, um die großen Fotos auf mich wirken zu lassen. Die Bilder veranlassen uns, das Besondere dieser Menschen zu sehen und diese Ausstellung hilft dem Betrachter, dem Auge Geduld anzugewöhnen.“ Dank gelte auch Gertrud Schüle, Vorsitzende Kunstverein Brilon, die diese Ausstellung nach Brilon geholt habe.

Grußworte richtete auch Gertrud Schüle an die vielen Gäste. „Heide Prange hat auf die Vielfalt der Gesellschaft einen besonderen Blick in die Tiefe und diese Besonderheit mit dem richtigen Blick darauf dargestellt. Sie hat eine Art des Fotografierens gefunden, von der man sich angesprochen fühlt.“

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Hin- statt wegschauen

„Eine ausgebuchte Veranstaltung ist immer etwas Besonderes“, richtete Heide Prange Dank an die Stadt, das Museumsteam, die Sparkasse als Sponsor und vor allem ihre Eltern, „die mich machen lassen haben“ sowie den Freundinnen für die Hilfe bei der Ausstellung. „In dieser pandemischen Zeit fällt auf, dass wir so wenig vom Gesicht sehen. Wir kommunizieren immer über den Weg in das Gesicht. Dass ich diese Menschen porträtieren durfte, ist das Schönste für mich. Es passiert viel, wenn uns jemand ins Gesicht sieht“, so Heide Prange. „Menschen mit besonderen Merkmalen im Gesicht werden immer noch über diese Behinderung klassiert und oft darauf reduziert. Ich finde es erstrebenswert, die Vielfalt der Menschen als Gut unserer Gesellschaft zu sehen und wichtig, diese Besonderheiten auch aufzuzeigen. Und hin- und nicht wegzugucken.“

Alle Besucher waren beeindruckt von 72 Portraits aus mehreren Projekten wie „Naevus flammeus - Mama hat ins Feuer geschaut“, #irisheterochromie# oder „WIR Lichtgestalten“. Auf großformatigen Fotos schaute man in das Gesicht einer jungen Frau mit angeborenem Bartwuchs oder nicht weggelaserten großflächigen Feuermalen, die einen zuerst erschrecken ließen. Aber wer länger hinschaute, sah von innen heraus strahlende und selbstbewusste Frauen und Männer, die einem offen und manchmal nachdenklich direkt in die Augen schauen. Es lässt einen nicht mehr los, wie sie einen anschauen. Und dabei rückt ihr Merkmal in den Hintergrund, im Vordergrund sieht man diesen Menschen, der er ist.

Sie habe kein Lieblingsportrait, erklärte Heide Prange im Gespräch mit der WP. „Das sind ganz viele Bilder, alle sind Wegbegleiter. „WIR Lichtgestalten“ etwa ist ein Gemeinschaftsprojekt. Es sind keine Schnappschüsse, wir haben uns die Fotos erarbeitet. Alle Bilder wurde in Zweier-Gruppen (durch die Pandemie) gemeinsam ausgewählt und die jungen Erwachsenen gefragt, ob sie sich so sehen wie auf dem Foto.“