Hochsauerlandkreis. Mütter fallen im Beruf aus, weil sie ihre Kita- und Schulkinder wegen Omikron Zuhause betreuen. Jetzt zieht eine Bäckerei im HSK Konsequenzen.

Die Auswirkungen der rasanten Ausbreitung der Omikron-Welle werden nun spürbar, vor allem in der wichtigen Infrastruktur, in der größtenteils Frauen – insbesondere Mütter – tätig sind. Durch die vielen Ansteckungen in Schulen und Kitasfallen immer mehr Mütter aus, sei es weil sie ihre erkrankten Kinder betreuen oder selbst aufgrund von positiven Testergebnissen daheim bleiben müssen. Rund um Hagen hat jetzt eine Bäckereikette ihre Öffnungszeiten reduziert: „„Da in unseren Teams auch viele Mamas arbeiten, die jetzt ihre Kinder bei zum Teil geschlossenen Schulen/Kitas und Co. betreuen müssen oder dadurch selbst in Quarantäne sind, schließen unsere Fachgeschäfte eventuell früher oder sind ,knapper’ besetzt. Bitte entschuldigen Sie diese Serviceeinschränkungen. Wir sind trotzdem gern für Sie da!“, schreibt das Unternehmen via Facebook. Kommt es im Hochsauerlandkreis nun auch zu Schwierigkeiten in den größtenteils von Frauen besetzten Berufsfeldern?

Die WP Brilonhat nachgefragt bei...

… der Bäckerei Liese mit einer Filiale in Brilon

Viele Bäckereifachverkäuferinnen sind Frauen – und Mütter. Einen Schritt wie die Bäckerei Kamp hat Jörg Liese, Bäckermeister und Konditormeister, noch nicht getan – jedenfalls galt das bis zum Donnerstagvormittag. Drei Personen aus seinem Team sind in Quarantäne, sagte er auf Anfrage der WP. Am Donnerstagmittag kam ein weiterer Ausfall hinzu. „Vermutlich müssen wir jetzt Öffnungszeiten reduzieren. Möglicherweise schließen wir ab Montag auch eine Filiale vorübergehend komplett“, sagte Liese. Die Entscheidung darüber müsse nun übers Wochenende getroffen werden.

Jörg Liese: „Vermutlich müssen wir jetzt Öffnungszeiten reduzieren.“
Jörg Liese: „Vermutlich müssen wir jetzt Öffnungszeiten reduzieren.“ © WP Meschede | Frank Selter

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Dabei mache es seiner Bäckerei zu schaffen, wie „träge“ die Bürokratie rund um einen positiven Test anlaufe. „Eine Mitarbeiterin ist seit drei Wochen nicht da. Ihr Selbsttest war positiv, sie hat sich sofort in Isolation begeben, wie es richtig ist. Aber einen PCR-Test hat sie erst eine Woche später bekommen, also begann erst dann die Quarantäne.“ Der Ausfall der Mitarbeiterinnen trifft die Cafés Liese mitten in der 2G+-Regel. „Nur wenige holen sich extra einen Test um einen Kaffee trinken zu gehen und die Zahl der Gäste ist geringer als zuvor. Gleichzeitig muss ich Mitarbeiterinnen herumschieben, um Lücken in den Filialen zu schließen und die Ausfälle zu kompensieren.“ Er will sein Café nicht schließen – vor allem, weil er doch noch im letzten Jahr so lange habe schließen müssen. Ob es sich lohne, weiterhin geöffnet zu bleiben, weiß er bei den Problemen durch Omikron auch nicht. „Jeder, der seine Mitarbeiter nicht im Homeoffice einsetzen kann, hat derzeit ein Problem. Allein in der Backstube. Wenn ein Mitarbeiter krank ist, müssen trotzdem Brötchen gebacken werden, sonst kann ich meine Cafés nicht öffnen.“ Er hangele sich gerade von Woche zu Woche. „Ich will keine Prognose wagen, aber die nächsten Wochen sind schwierig einzuschätzen.“

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… der Sauerlandpraxis in Winterberg

In Arztpraxen arbeiten oft Teams aus weiblichen Medizinischen Fachangestellten (MFA). Gerade in dieser für die Bekämpfung der Pandemie so wichtigen Infrastruktur arbeiten viele Frauen, ohne die eine reibungslose Durchführung von tausenden Impfungen gegen das Corona-Virus nicht möglich wären. Das betonen schon in der Vergangenheit zahlreiche Ärzte aus dem Hochsauerlandkreis. Was also, wenn die Teams in den Arztpraxen von Corona-Ausfällen betroffen sind? „In den letzten zwei Wochen haben wir in der Tat Ausfälle unter den Medizinischen Fachangestellten gehabt, nahezu ausschließlich Mütter, die die Infektion über ihre Kinder aus Kita oder Schule bekommen haben“, bestätigt Tim-Henning Förster, Betreiber der Sauerlandpraxis in Winterberg und Medebach. Derzeit halte sich das Ausfallgeschehen aber in überschaubaren Grenzen. „Die Situation in Kitas und Schulen ist durch die politischen Entscheidungen sicherlich sehr angespannt. Die S3-Leitlinie des RKI wird durch die Entscheidungsträger im Kultusministerium aktiv ignoriert.“ Leitlinien, wie Förster sie hier erwähnt, sollen dazu beitragen, dass Patientinnen und Patienten angemessen behandelt und versorgt werden. Die S3-Leitlinie des RKI umfasst Maßnahmen zur Prävention und Kontrolle der SARS-CoV-2-Übertragung in Schulen. Der Mediziner fürchtet, dass es zu mehr Ausfällen kommen kann. „Noch können wir die Ausfälle durch eine geschlossene Teamleistung und tolle Leistung der MFAs kompensieren, bei weiteren Ausfällen droht eine Reduzierung unserer Leistungen oder sogar die Schließung von Standorten.“

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… der Caritas mit Pflegeeinrichtungen rund um Brilon

Gerade Pflegeberufe sind oft von Frauen besetzt. Die Caritas Brilonzählt derzeit noch keine nennenswerten Ausfälle in der Mitarbeiterschaft. „Wir sehen aber offenen Auges in die Welt hinaus und das auch mit Sorge“, sagt Sandra Wamers, Sprecherin der Caritas in Brilon. Sobald die Zahl der Ausfälle aufgrund von Corona-Erkrankungen oder Quarantäne-Fällen allerdings problematisch werde, greife ein am Beginn der Pandemie ausgearbeiteter Notfallplan. „Der regelt, wie Dienste sich untereinander aushelfen können und welche Bedarfe nicht unbedingt gedeckt werden müssen, wenn es wirklich hart auf hart kommt“, so Wamers. So könne man eben nicht das volle Programm fahren, wenn nur die Hälfte der Mitarbeiterinnen im Einsatz seien. „Wir werden Ausfälle nicht Zulasten der Mitarbeiterschaft ausgleichen.“