Hochsauerlandkreis/Brilon. Wer ungeimpft in der Pflege arbeitet, darf die Einrichtung bald nicht betreten. Bei der Caritas Brilon sind das rund 50. Gibt es eine Hintertür?

Die „einrichtungsbezogene Impfpflicht“ tritt ab Mitte März in Kraft. Das bedeutet: Wer im Gesundheitswesen arbeitet, muss ab diesem Datum nachweisen, dass er/sie geimpft, genesen oder unimpfbar ist. Für Krankenhäuser stellt das eine Herausforderung dar, aber auch für Pflegeeinrichtungen. Beim Caritasverband Brilon sind 96 Prozent der rund 1200 Mitarbeitenden geimpft. Mit den verbleibenden vier Prozent habe man im Hinblick auf den Stichtag Mitte März schon sehr früh ein sehr „wertschätzendes Gespräch“ geführt, sagt Caritas-Vorstand Heinz-Georg Eirund. „Auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die nicht geimpft sind, haben in den letzten zwei Jahren Herausragendes geleistet. Das darf nicht vergessen werden!“

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Gesundheitsamt spricht ab Mitte März Betretungsverbot aus

Gerade in Anbetracht der angespannten personellen Situation auf dem Arbeitsmarkt der Pflegeberufe wolle man niemanden verlieren. Eirund: „Fakt ist aber: Wir halten Impfungen derzeit für das Richtige. Natürlich muss man respektieren, wenn medizinische Gründe dagegensprechen, aber ansonsten muss ich mich als Mitarbeiter/in einer Einrichtung, in der Menschen geschützt werden müssen, meiner Verantwortung stellen. Ich persönlich finde, es sollte eine Impfpflicht nicht nur in der Pflege geben, sondern ich halte sie auch gesamtgesellschaftlich angesichts der Corona-Pandemie für angebracht.“ Einige der bislang nicht geimpften Mitarbeiter/innen seien nach den Unterredungen nachdenklich geworden, andere nicht. Eirund: „Wir können die Ungeimpften auch nicht in anderen Bereichen einsetzen, zumal wir ja parallel versuchen müssen, deren Stellen neu zu besetzen.“ Bezüglich der arbeitsrechtlichen Konsequenzen sei bislang vieles durch den Gesetzgeber nicht oder nicht eindeutig geregelt. Klar ist, dass in der Regel vom Gesundheitsamt für ungeimpfte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein Betretungsverbot für die relevanten Einrichtungen ausgesprochen wird. Wenn es die pandemische Situation zu einem späteren Zeitpunkt zulasse, solle den Mitarbeitern die Tür zur Caritas aber nicht verschlossen bleiben.

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Nicht nur Pflegekräfte betroffen

Die Impfpflicht im Pflegebereich trifft aber nicht nur Menschen, die zum Beispiel unmittelbar in der Pflege den Patienten körperlich sehr nahekommen. Eirund: „Das betrifft genauso gut die Hausmeister, den IT-Mitarbeiter, die Bürokraft oder alle anderen, die zum Beispiel in einem Seniorenheim tätig sind und sich dort in den Räumlichkeiten regelmäßig und längere Zeit aufhalten.“ Auch Ehrenamtliche, die zum Beispiel im Rahmen des Besuchsdienstes in Pflegeeinrichtungen kommen, müssen einen entsprechenden Nachweis erbringen.

Betroffene Einrichtung

Ab dem 16. März 2022 ist ohne Vorlage eines entsprechenden Nachweises keine Aufnahme der Tätigkeit in den betroffenen Einrichtungen mehr möglich. Die Nachweispflichten gelten in: Krankenhäusern, Einrichtungen für ambulantes Operieren, Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen, Dialyseeinrichtungen,Tageskliniken, Entbindungseinrichtungen, Behandlungs- oder Versorgungseinrichtungen, die mit einer der oben genannten Einrichtungen vergleichbar sind, Arztpraxen, Zahnarztpraxen, Praxen sonstiger humanmedizinischer Heilberufe, Einrichtungen des öffentlichen Gesundheitsdienstes, in denen medizinische Untersuchungen, Präventionsmaßnahmen oder ambulante Behandlungen durchgeführt werden, Rettungsdienste, sozialpädiatrische Zentren, medizinische Behandlungszentren für Erwachsene mit geistiger Behinderung oder schweren Mehrfachbehinderungen, voll- und teilstationären Pflegeheimen für ältere, behinderte oder pflegebedürftiger Menschen, ambulante Pflegediensten und weitere Unternehmen, die in den genannten Einrichtungen vergleichbare Dienstleistungen im ambulanten Bereich anbieten.

Bei Missachtung der Auskunftspflichten oder eines Beschäftigungs- und Tätigkeitsverbots Impfpflicht droht nach Auskunft des Ministeriums nicht nur den Angestellten eine Geldbuße von bis zu 2.500 Euro. Auch die Leitung einer Einrichtung, die entgegen der gesetzlichen Verbote eine Person beschäftige oder im Falle einer Benachrichtigungspflicht das Gesundheitsamt nicht informiere, müsse mit einem Bußgeld rechnen.

Ob ein Attest einen Ungeimpften von der neuen Regel verschont, ist nicht mehr Sache der Caritas. „Wenn solche Bescheinigungen vorliegen, werden sie ans Gesundheitsamt weitergeleitet und geprüft. Das hat nichts mit mangelnder Glaubwürdigkeit oder Misstrauen zu tun. Wird das Attest anerkannt, weil eine Impfung zum Beispiel aus medizinischer Sicht nicht empfohlen wird, darf der Mitarbeiter unter sehr strengen Auflagen weiterarbeiten. Zu den Auflagen zählen regelmäßige Testungen“, so der Caritasvorstand. Erkennt das Gesundheitsamt dagegen die Ausnahme nicht an, wird gegen den/die Umgeimpften ein Betretungsverbot ausgesprochen.

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7500 Schnelltests pro Woche

Schnelltests stehen bei der Caritas ohnehin an der Tagesordnung. Rund 300 hauptamtliche Mitarbeiter/innen haben sich von einem Arzt als Tester/innen qualifizieren lassen. Denn allein durch die vielen täglichen Tests in den Werkstätten werden bei der Caritas rund 7500 Mal pro Woche (!) die Stäbchen gezückt und in Mund und/oder Nase eingeführt. Sicherheit wird hier groß geschrieben.

Betrifft auch den Rettungsdienst

Laut Gesetzgeber fallen einige weitere Bereiche unter die Regelung des „einrichtungsbezogenen Impfens“ (siehe Infobox): Betroffen ist zum Beispiel auch der Rettungsdienst des HSK. Pressesprecher Martin Reuther: „Ja, wir fallen auch unter die Regelung. Bei uns liegt im Rettungsdienst die Impfquote zwischen 97 und 98 Prozent. Die 100 Prozent werden natürlich angestrebt. Das Gesundheitsamt müsste auch hier bei Nichtgeimpften ein Betretungsverbot aussprechen. Ansonsten warten wir auf weitere Infos zur Ausführung.“