Brilon. Wie schief hängt der Haussegen im Briloner Forstamt? Die Politik gab dem Bürgermeister jetzt grünes Licht für personelle Konsequenzen.
Die Stadt des Waldes will sich offenbar von ihrem Forst-Chef trennen. In nichtöffentlicher Sitzung und in geheimer Abstimmung erteilte der Briloner Haupt- und Finanzausschuss Bürgermeister Dr. Bartsch nach Informationen der WP dazu am Donnerstagabend sein Einvernehmen. Das ist laut §73 der Gemeindeordnung NRW vor „dienstrechtlichen Entscheidungen bei Bediensteten in Führungsfunktion“ einzuholen. Laut Hauptsatzung sind in Brilon die „Leiter der Fachbereiche und der Leiter des Forstbetriebs“ Bedienstete in Führungsfunktionen. Nach seiner Wiederwahl im vergangenen Herbst hatte Dr. Bartsch ohne Einschaltung der Politik die Fachbereiche erweitert und nach eigenem Gusto besetzt.
Spannungen wiederholt thematisiert
Auf Anfrage der WP wollte sich Bürgermeister Dr. Bartsch nicht zu dem aktuellen Vorgang äußern: Nach geltendem Recht seien Personalangelegenheiten in nichtöffentlicher Sitzung zu behandeln: „Insofern kann und wird die Stadt Brilon hier grundsätzlich keine Information geben.“ Selbst die Frage, ob sich der Vorgang auf das Forstamt der Stadt Brilon beziehe, beantwortete Dr. Bartsch nicht. Dass es im Forstbetrieb der waldreichsten Stadt Deutschlands seit einiger Zeit nicht mehr so richtig rund läuft und es auch im Verhältnis zwischen dem Forst-Chef und dem Bürgermeister, im Ehrenamt Präsident der Europäischen Kommunalwaldvereinigung (FECOF), Spannungen gibt, ist in der Borkenkäferkrise wiederholt im Rat und im Forstausschuss thematisiert worden.
Grüne: „Vernünftiges Miteinander“
Wie berichtet, liegt aktuell eine Regressforderung über 1,7 Millionen Euro am Landgericht Arnsberg. Darin geht es um angeblich mit dem Stadtforst vereinbarte, aber nicht gelieferte Holzmengen an einen Aufkäufer in Süddeutschland. Teile der Politik halten dem Amtsleiter vor, den Überblick verloren und den Betrieb nicht im Griff zu haben. Dabei hatte es im Jahresabschluss 2019 noch geheißen, dass der Forstbetrieb „der einzige erwerbswirtschaftliche Bereich“ der Stadt gewesen sei, „welcher nachhaltige Erträge für den Haushalt der Stadt Brilon erwirtschaftet hat“.
2007 drei Kandidaten zur Wahl
Dr. Bub war im Januar 2007, unmittelbar vor der „Kyrill“-Katastrophe, zum Nachfolger von Dr. Hermann Lohbeck zum Leiter des Forstamtes gewählt worden.Drei Bewerber hatten sich damals dem Rat vorgestellt. Ein Aspekt, der damals mit eine Rolle gespielt hatte: Dr. Bub war im Gegensatz zu seinen beiden Mitbewerbern kein Beamter. Zum 1. Juli 2007 hatte er die Stelle in Brilon angetreten. Zweimal hat der Rat seine Verbeamtung abgelehnt.
2019 allerdings hatten um 428.000 Euro „eingebrochene Erträge“ und um 1,03 Millionen Euro „gestiegene Aufwendungen“ statt des erwarteten Forst-Überschusses von 628.000 Euro für ein Defizit von 831.000 Euro gesorgt. „Auch in naher Zukunft“, so hatten es die Wirtschaftsprüfer notiert, „ist zunächst nicht damit zu rechnen, dass der Forstbetrieb wieder positive Deckungsbeiträge für den Haushaltsausgleich zusteuern kann.“ Im Forstausschuss hatte Vorsitzender Günter Wiese (SPD) noch gesagt: „Es wird eine längere Durststrecke geben.“
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Um angesichts der riesigen Mengen an Käferholz - seit 2018 rund 720.000 Festmeter, das ist etwa das 22-fache eines üblichen Jahreseinschlags - hatte es vor drei Wochen im Rahmen der Haushaltsberatungen im Rat den Antrag der Linken gegeben, das Forstamt organisatorisch, technisch und digital zu optimieren und dafür 100.000 Euro in den Haushalt einzustellen. Das sei nötig, um „einer effizienten Arbeit gerecht“ zu werden. Schließlich stelle sich der Stadtforst auf seiner Homepage als „modernes Wirtschafts- und Dienstleistungsunternehmen“ dar. Der Antrag fiel durch, damaliger Kommentar von Bürgermeister Dr. Bartsch: „Das wird nicht gebraucht.“
Einstimmig angenommen hatte der Rat dagegen den FDP-Antrag, den Bürgermeister zu beauftragen, „durch den Forstbetrieb/Forstdirektor“ eine „Strategie Briloner Stadtwald 2050“ erstellen zu lassen. Die FDP stellte sich u.a. den Aufbau eines „Kompetenz- und Informationszentrums Wald und Forst“ unter Einbeziehung externer Partner aus dem Hochschulbereich vor. Zu dem hält Dr. Bub in seiner Funktion als Forstamtschef seit je her Kontakt.
Linke: „Verfahrene Situation“
Nicht nur Bürgermeister Dr. Bartsch wollte zu der Angelegenheit keinerlei Stellung nehmen, auch die Sprecher von SPD und CDU, Weber und Fisch, lehnten eine öffentliche Bewertung ab bzw. zogen sie zurück. Die Grünen waren in der Sitzung nicht anwesend, betrachten es aber - so Stadträtin Lisa Brom auf Anfrage der WP - als „tragisch, dass in dieser Situation des Waldes auch noch solche Probleme“ aufkommen; sie wünsche sich „ein vernünftiges Miteinander“. Linken-Stadtrat Reinhard Prange verwies auf seinen im Rat gestellten Antrag und sprach von einer „verfahrenen Situation“ im Forstbetrieb und bezeichnete jetzt offenbar aktuelle Vorhaltungen als „fadenscheinig“. Die FDP war ebenso wie der Forstchef selbst am Montag für die WP nicht erreichbar.
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Für die Stadt als Arbeitgeber läuft die Zeit ab. Wenn sie die Stelle neu besetzen will, müsste sie zur Einhaltung von Fristen die erforderlichen Schritte noch in diesem Jahr einleiten. Ansonsten sieht das Arbeitsrecht bei einem 15 Jahre dauernden Arbeitsverhältnis im Öffentlichen Dienst besondere Hürden vor.