Hochsauerlandkreis. Die Kinderärzte Bub und Rummel sowie andere aus dem HSK sprechen über individuelle Beratungen, fehlenden Impfstoff und Druck bei den Kindern.

Mittlerweile ist sie da. Die Empfehlung auf die Eltern stellenweise schon lange warten. Seit dieser Woche ist es möglich Kinder ab 5 Jahren gegen Corona impfen zu lassen. Die Ständige Impfkommission (Stiko) gab zumindest zum Teil eine Empfehlung für diese Altersklasse. Ärzte können somit mit den Impfungen loslegen, sobald der Impfstoff da ist. Impfangebote vom Hochsauerlandkreis brauchen noch etwas länger Zeit.

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Vergangene Woche äußerte sich die Stiko schließlich und empfahl die Immunisierung für Kinder mit Vorerkrankungen und diejenigen, die Menschen aus Risikogruppen in ihrem engen Umfeld haben. Auf individuellen Wunsch, so die Stiko, können allerdings auch alle anderen Kinder geimpft werden. Für Kinder und Jugendlich ab 12 wird die Immunisierung bereits seit August empfohlen, 48 Prozent von ihnen sind laut Daten des Bundesgesundheitsministeriums bereits zweimal geimpft. Für Kinder unter fünf Jahren gibt es weiterhin keinen in der EU zugelassenen Impfstoff.

Impfungen zehn Tage früher möglich

Der Hochsauerlandkreis war davon ausgegangen, dass ein Impfangebot ab dem 27. Dezember gemacht werden soll. Eine Pressemitteilung des Landes NRW der vergangenen Woche verlegte diesen Termin allerdings drastisch nach vorne auf den 17. Dezember. Der HSK muss sich selbst um Räumlichkeiten und Ärzte kümmern, die das Angebot umsetzen können. Lange Warteschlangen wird es für die Kinder und Eltern nicht geben, denn eine Impfung gibt es nur in Kombination mit einem Termin. Im Vorfeld hatte der HSK schon Impfstoff direkt bestellen können. Das klappte laut Angaben von Pressesprecher Martin Reuther reibungslos. Ein Vorteil gegenüber Ärzten, denn diese beziehen den Impfstoff von Apotheken. Die wurden mit dem Start der Woche mit Biontech beliefert, um dem Bedarf in der neuen Zielgruppe gerecht werden zu können.

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Auch in der Kinderarztpraxis von Michael Ecken in Brilon wird geimpft. Termine für Kinder ab 12 Jahren gibt es bei ihm für dieses Jahr schon nicht mehr. Er verweist auf seiner Internetseite bereits auf die öffentlichen Impfangebote des HSK vor Ort und die Adventsaktionen der niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen. Das Interesse an Impfterminen ist seiner Auskunft nach seit Monaten gleichbleibend hoch. Problematisch sei, dass die Liefermengen für Biontech für die Praxen begrenzt sind. Ein anderer Impfstoff ist für Kinder noch nicht zugelassen. Für Kinder ab 5 Jahren lässt sich derzeit alle zwei Wochen eine Bestellung aufgeben. Ob sich das im kommenden Jahr ändern wird, ist noch unklar.

Beratungsbedarf ist bei Familien hoch

Dafür kann der Biontech-Impfstoff länger gelagert werden. 10 Wochen sind es, während die Version für Erwachsene nach vier Wochen verfällt. Moderna darf erst Patienten über 30 Jahren verabreicht werden. „Den Kinderimpfstoff können wir aktuell leider noch nicht von Woche zu Woche bestellen, sind da also noch sehr unflexibel. Hoffen wir, dass sich das schnell ändert“, sagt Michael Ecken, „Viele Eltern haben sich im Vorfeld schon gemeldet und auch schon beraten lassen. Es zeichnete sich ja ab, dass wir noch in diesem Jahr mit Kinderimpfungen starten können.“

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Der Beratungsbedarf ist seiner Einschätzung nach bei den Familien hoch, wenn es um Impfungen gegen Corona geht. Das Thema sei immer sehr emotional. Die Verunsicherung würde auch durch die politischen und medizinischen Empfehlungen herrühren. „Und genau dafür sind wir da, die Familien individuell zu beraten“, so der Mediziner.

Jugendliche machen Druck beim Impfen

Er bemerkt auch, dass auf seine Patienten ein gewisser Druck herrscht. Wenn auch nicht auf allen. Bei den Jüngeren fiel ihm so etwas bisher noch nicht auf. Laut Ecken gehen sie mit der ganzen Situation meist viel selbstverständlicher um als viele Erwachsene. „Bei den Jugendlichen war dies allerdings eindeutig zu merken. Der Druck kommt nicht von den Schulen, sondern entsteht eher untereinander nach dem Motto ‘Wer geimpft ist, kann endlich wieder feiern gehen!’“ Die erste Lieferung des Biontech-Impfstoffes für die Altersklasse unter 12 Jahren lässt schon mal auf sich warten. Frühestens am Mittwoch sei damit zu rechnen. Auf einer Warteliste können sich Interessierte bereits vormerken lassen.

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Dr. Rikardo Mihalic bemerkt hingegen bei seinen junge Patienten keinen Druck. Auch er impft in seiner Praxis im Winterberger Stadtteil Siedlinghausen unter anderem Kinder und Jugendliche. Der Mediziner plant ebenfalls, ab Mittwoch Kinder zu impfen. Er glaubt nicht, dass es sofort einen Ansturm auf seine Praxis geben wird. „Es wird sicher erst ein paar Patienten geben, die sich trauen und dann folgen mehr“, sagt er. Das mache auch die Kalkulation für die einzelnen Impfstoff-Bestellungen ein wenig schwierig. Umso besser ist es laut Mihalic, dass der Impfstoff länger haltbar ist.

Ausführliche Gespräche mit Patienten

Impfangebote für Kinder und Erwachsene

In der Praxis von Dr. Mihalic gibt es jeden Mittwoch von 14 bis 18 Uhr eine Sprechstunde für Kinder von 5 bis 11 Jahren und Jugendliche für 12 bis 17 Jahre.Donnerstags (16 bis 18 Uhr), Freitags (10 bis 12 Uhr) und Samstags (8 bis 12 Uhr) gibt es Impfangebote jeweils für Erwachsene.

Verunsicherungen bemerkt er auch nicht bei den Patientinnen und Patienten. Wer in der Praxis vorbeischaut, wisse bereits, was er oder sie möchte. Er versteht, dass manche sich nicht impfen lassen möchten. Allerdings nicht, wenn es an mangelnden Informationen liegt. „Wir führen gerne ausführliche Gespräche. Keiner wird zu etwas gezwungen. Aber ich möchte jedem die Möglichkeit für eine Impfung geben, denn Corona ist nicht harmlos. Auch nicht für Kinder.“

Silvia Rummel und Christiane Bub sind Kinderärztinnen in Olsberg und warten auch noch auf die Lieferung des Impfstoffes. Es sei unklar, wann und wie viele Dosen geliefert werden. Das mache eine Planung schier unmöglich. „Das Interesse ist sehr groß, jeden Tag rufen unzählige Patienten an, um einen Termin zu vereinbaren oder sich beraten zu lassen. Wir planen daher die Impfangebote auch samstags anzubieten, ggf. als offenes Impfangebot, dies ist aber noch in der Planung“, so die Mediziner.

Anfragen zur Impfung begannen im Sommer

Die ersten Anfragen für Kinder unter 12 Jahren gab es in der Praxis schon im Sommer, als die allgemeine Impfempfehlung für die über 12 Jährigen herausgegeben wurde von der STIKO, vereinzelt ließen sich die Eltern auch schon vorher beraten. Die Verunsicherung rührt laut den beiden Ärztinnen daher, dass es noch keine allgemeine Impfempfehlung gibt. „Der Druck bei den Kindern ist vielfältig: von Impfungen als Voraussetzung zum Reisen, über den Druck in der Schule der einzige Ungeimpfte zu sein (Gruppenzwang), Voraussetzung für Freizeit-Aktivitäten, als auch die Tatsache, dass wir nicht wissen, wie vor allem kleinere Kinder die Pandemie psychisch verarbeiten und was in ihren Köpfen vorgeht.“

Vor allem das Gefühl „ansteckend zu sein“, immer wieder in Quaratäne zu müssen, die Großeltern nicht sehen zu dürfen, sich selbst als Gefahr zu sehen, soziale Isolierung, immer wieder Homeschooling und die familiäre Belastung dadurch seien Faktoren, die dabei eine große Rolle spielen. „Die Liste könnte man wohl endlos weiterführen. Leider.“

In NRW gab es im November 34 Minderjährige, die wegen Corona im Krankenhaus behandelt werden mussten. Das geht aus dem Covid-19-Survey der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie hervor. Auch Long Covid ist bei Kindern nicht ausgeschlossen.

Noch keine generelle Empfehlung

Trotzdem spricht die Stiko für gesunde Kinder ab fünf Jahren (noch) keine generelle Impf-Empfehlung aus. Und das erklärt sie so: Zum einen gibt es für diese Kinder nur ein „geringes Risiko für eine schwere Covid-19-Erkrankung, Hospitalisierung und Intensivbehandlung“. Zum anderen kann „das Risiko seltener Nebenwirkungen der Impfung auf Grund der eingeschränkten Datenlage derzeit nicht eingeschätzt werden“.