Brilon-Hoppecke. Der HSK-Impfbus hält in Brilon-Hoppecke. Wer lässt sich dort gegen Corona impfen? Ein Impfgegner erzählt, warum er sich nun doch impfen lässt.
Es ist gut was los an diesem frühen Nachmittag auf dem Parkplatz der Batteriefabrik in Brilon-Hoppecke. Frauen, Männer und Kinder warten in einer Reihe. Der Grund: Sie wollen sich alle eine Impfung gegen das Corona-Virus abholen. Dafür steht der Impfbusdes Hochsauerlandkreises bereit. Sieben Teammitglieder kümmern sich von der Anmeldung über die Beratung bis schließlich zum Stich selbst um die Impfwilligen. Deren Motive sind unterschiedlich. Die einen wollen sich ihre Spritze aus Überzeugung abholen, die anderen, weil sie „müssen“.
„Wir wollen nicht, wir müssen“
Skeptisch beäugt ein 59-jähriger Briloner das Geschehen. Seinen Namen möchte er nicht nennen. Die gesellschaftliche Diskussion über das Thema Corona sei zu aufgeheizt, findet er. Trotzdem hat er den Weg nach Hoppecke angetreten. „Ich will mich erst mal beraten lassen“, sagt er und lässt seinen Blick zum Eingang des Impfbusses gleiten. Er habe sich immer um mögliche Risiken einer Impfung gesorgt. „Darüber wird einfach nicht gesprochen und schlecht kommuniziert“, findet er. Er werde sich jetzt aber doch die Impfung abholen. Bevor er in den Bus einsteigt betont er: „Ich bin kein Coronaleugner oder Querdenker. Schreiben Sie das.“
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Zufrieden beobachtet Richard Hanses die Szenerie. Er ist der Busfahrer. Hier in Brilon ist sein zehnter Einsatz: “Wir sind fast durch das ganze Sauerland gefahren“, sagt er stolz. Er schätzt, dass das Team insgesamt bisher um die 3.000 Impfungen durchgeführt habe. Negative Vorfälle? Hanses überlegt. Seitens Coronaleugnern oder Querdenkern habe es etwas Gravierendes nicht gegeben. „Natürlich kassieren wir hin und wieder mal einen dummen Spruch. Aber nichts weiter Schlimmes“, sagt Hanses. Seiner Beobachtung nach, würden sich die meisten Impfwilligen die Spritze nach dem Motto abholen „Wir wollen nicht, wir müssen“.
Yvonne Endler gesellt sich dazu. Sie hat heute die Verantwortung für das gesamte Team. Ihre Aufgabe: der Empfang der Impflinge und die Anmeldung. Ihrer Erfahrung nach würden die Impflingen den Sinn einer Impfung verstehen. Trotzdem müsse sie bei einigen Überzeugungsarbeit leisten: „Viele junge Frauen haben Angst, dass sie später keine Kinder mehr bekommen können. Vereinzelt gibt es auch Männer die um ihre Zeugungsunfähigkeit fürchten“, sagt sie und geht zurück zu ihrem Stehtisch, um die nächste Impfkandidatin in Empfang zu nehmen.
Alles ist schwieriger geworden
Bei Impfling Hadijah Namuteb muss sie keine Überzeugungsarbeit leisten. Mit festen Schritt geht Namuteb durch die geöffnete Bustür. Der Geruch von Desinfektionsmitteln steigt in die Nase. Namuteb setzt sich gegenüber von Andrea Corleis in eine Viererreihe. Die Urologin aus Arnsberg klärt über die Risiken und Nebenwirkungen auf. Bei ihr kein Problem. Sie will sich ihre zweite Impfung holen. „Für mich ist das eine Selbstverständlichkeit“, sagt sie. Ärztin Corleis blickt Namuteb hinterher. „Also ich habe nicht den Eindruck, dass die Leute, hier nach Hoppecke zum Impfen kommen, besonders kritisch alles hinterfragen“, sagt sie.
Dagegen ist Suayid Cetin ein kritischer Geist. Der 25-Jährige aus Meschede hat sich die erste Spritze im Impfzentrum in Olsberg geholt. Das habe er nicht freiwillig getan, sagt er. Doch die neuen Regeln und Testpflichten hätten ihn mürbe gemacht. Alles sei schwieriger geworden. Egal ob bei der Arbeit oder in der Freizeit. Und die andauernde Testerei könne er sich auch nicht mehr dauerhaft leisten. „Ich wollte mich eigentlich nicht impfen lassen. Aber die Regierung zwingt mich dazu“, sagt er und krempelt ein paar Sitzreihen weiter sein T-Shirt hoch.
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Krankenschwester Ivonne Klaucke steht schon bereit. Desinfizieren, Spritzen, Pflaster drauf und fertig. Cetin kann sich verabschieden und Klaucke wartet schon auf den Nächsten. Auch sie muss manchmal beruhigend auf die Menschen einwirken. Viele hätten mit der Impfung noch gewartet, weil sie generell Angst vor Spritzen hätten. „Ich versuche dann immer ruhig zu erklären, was ich tue. Die meisten merken dann auch nichts“, sagt sie. Sie glaubt, dass man noch viel mehr von einer Impfung überzeugen könnte, wenn man die Aufklärungsarbeit noch weiter intensiviere.
Die Motive sind unterschiedlich
Denn die meisten Kandidaten seien von der Notwendigkeit und den positiven Effekten der Spritze überzeugt. „Viele kommen aber auch hier her, weil der Druck der Gesellschaft immer größer wird“, sagt sie und Kristina Schulte-Cramer nickt. Die Pharmazeutisch Technische Assistentin bereitet Spritzen im Akkord vor. Normalerweise arbeitet sie in einer Apotheke in Meschede. Da würde sie diese Aufgabe immer nur in einem geschlossenen Raum machen. „Hier ist es spannender und interessanter, weil man gut beobachten kann wer sich hier impfen lässt und warum“, sagt sie.
Und die Motive an diesem Tag in Hoppecke sind auch weiterhin unterschiedlich. So wie beispielsweise bei Maria Gerhold aus Hoppecke. Die 85-Jährige hat ganz einfach praktische Gründe, warum sie sich ihre Booster-Impfung ausgerechnet in einem Impfbus abholt. „Mein Hausarzt will einfach keine Corona-Impfungen machen. Und hier ist es bequem und direkt vor Ort“, sagt sie und verschwindet mit ihrer Begleitung.
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Und auch der 12-jährige Jannik Tischler hat den ersten Stich hinter sich und tritt erleichtert ins Freie. Vater Stephan (38) kratzt sich am Kopf. Seiner Frau und sein älterer Sohn sind bereits geimpft. Vor Kurzem erst waren sie im Urlaub in Griechenland. Und auch dort habe sich Jannik testen lassen müssen. In Deutschland bräuchte sein Sohn jetzt für jeden Besuch beim Friseur oder im Kino einen Corona-Test. „Wir wollten einfach wieder ein Stück Normalität haben“, sagt Stephan Tischler.