Bad Arolsen/Marsberg. 30 Millionen Dokumente lagern im weltgrößten Archiv zu Opfern und Überlebenden der NS-Zeit. Damit kein Name vergessen wird, kann jeder mithelfen.

Eigentlich ist es eine Sisyphos-Arbeit. Aber sie ist enorm wichtig. Das weltweit größte Archiv zu Opfern und Überlebenden des Nationalsozialismus – die „Arolsen Archives“ – kämpft sich tapfer vor. Bis 2025 will die Einrichtung den größten Teil ihrer Sammlungen digital verfügbar machen, so dass eine ganz einfache Suche nach Informationen möglich ist. Diesem Ziel sind die „Arolsen Archives“ mit dem aktuellen Update wieder ein ganzes Stück näher gekommen. Denn 500.000 Namen sind neu hinzugekommen und nun online recherchierbar.

Lesen Sie auch:Soll Merz neuer CDU-Vorsitzender werden? Das sagt die CDU im HSK

In Bad Arolsen lagern 30 Millionen Dokumente und Hinweise. Hinter ihnen verbergen sich die Schicksale von 17,5 Millionen Menschen. „Schon jetzt kann man von jedem Punkt der Welt in unserem Online-Archiv recherchieren und nachschauen, was zum Beispiel unter der Eingabe eines Personennamens zu finden ist. Es sind bereits sehr, sehr viele Dokumente einsehbar. Aber noch längst nicht alle. Und es fehlen vor allem die Verknüpfungen und Verschlagwortungen. An der kompletten Erfassung arbeiten wir mit unserem Projekt ,Every name counts‘“, hatte Marina Sauerland aus Marsberg vor einem Jahr in einem Beitrag über das Projekt in der WP erklärt.

Unterstützung aus aller Welt

Bei den Dokumenten, die in Bad Arolsen archiviert sind, handelt es sich mal um handschriftliche Meldebögen, mal um sogenannte Häftlings-Personal-Karten; es sind Fragebögen, Protokolle, Deportationspapiere. Das große Problem dabei: Nicht jedes Dokument ist in Druckbuchstaben oder mit einer Schreibmaschine abgefasst, manches ist nur in Handschrift vorhanden, manches unleserlich, manches in Sütterlin. Es ist schwierig, Computerprogramme zu entwickeln, die fehlerfrei solche Dokumente erkennen, sie digital in die Datenbank der Arolsen Archives einspeisen und dadurch allgemein recherchierbar und zugänglich machen. Hier setzt das Projekt „#everynamecounts“ an.

Lesen Sie auch: Feuerwehrmann leitet nach Brand im Aqua Olsberg Evakuierung ein

Bei dieser sogenannten Crowdsourcing-Initiative engagieren sich Menschen aus aller Welt. Sie bearbeiten auf einer Internet-Plattform Dokumente der „Arolsen Archives“, um sie nach Namen, Wohn- und Haftorten sowie weiteren Angaben durchsuchbar zu machen. Dazu gehören zum Beispiel Fragebögen, die Häftlinge bei ihrer Ankunft im Konzentrationslager beantworten mussten. Insgesamt sind nun nach dem letzten Update 28 Millionen Dokumente über die Opfer und Überlebenden der nationalsozialistischen Verfolgung im Online-Archiv der „Arolsen Archives“ verfügbar. „Die Arbeit der Freiwilligen wird jetzt in unserem Online-Archiv sichtbar“, erklärt Floriane Azoulay, Direktorin der Einrichtung. „Dank ihrer Hilfe wächst dieses weltgrößte digitale Denkmal für die NS-Verfolgten jeden Tag.“

Ein digitales Denkmal entsteht: Die Arolsen Archives rufen zur Mitarbeit an dem Online-Projekt „Jeder Name zählt“ auf. Vier Schritte und fünf Minuten reichen aus, damit Freiwillige beginnen können, Namen in die Datenbank einzupflegen.
Ein digitales Denkmal entsteht: Die Arolsen Archives rufen zur Mitarbeit an dem Online-Projekt „Jeder Name zählt“ auf. Vier Schritte und fünf Minuten reichen aus, damit Freiwillige beginnen können, Namen in die Datenbank einzupflegen. © Arolsen Archives

Gleichzeitig zum Ausbau des Online-Archivs bieten die Arolsen Archives ein neues digitales Tool an, das die Dokumente erklärt und für alle Interessierten einfach verständlich macht. Erschienen ist jetzt der dritte und letzte Teil des e-Guides, der die zentralen Dokumente über Zwangsarbeit anschaulich erläutert: Wen hat das NS-Regime zur Arbeit gezwungen und welche Informationen stehen auf den Meldeunterlagen?

Neues Tool erklärt die Zusammenhänge

Mehr Informationen zu den Arolsen Archives gibt es unter www.arolsen-archives.org

Zum neuen e-Guide gelangt man über www.eguide.arolsen-archives.org

Ein weiteres Projekt heißt „#StolenMemory“. Dabei geht es um persönliche geraubte Erinnerungsstücke von NS-Opfern. Das Projekt hat im Juni einen „Grimme-Online-Award“ in der Kategorie Wissen und Bildung erhalten.

Neuer e-Guide

„Der e-Guide bringt die Dokumente zum Sprechen und macht das System und die Organisation der Zwangsarbeit nachvollziehbar. Die ersten beiden Teile des e-Guides erläutern die Dokumente aus den Konzentrationslagern und über Displaced Persons nach 1945“, heißt es in einer Presse-Info. Neu sei zudem, dass der e-Guide zu den KZ-Dokumenten neben Englisch und Deutsch auch auf Polnisch zur Verfügung stehe. Die russische und französische Version soll in Kürze folgen. Die Angehörigen von Millionen NS-Verfolgten aus Mittelosteuropa erhalten so hilfreiche zusätzliche Informationen in ihrer Muttersprache. Denn schließlich zählt jeder Name - every name counts.