Hochsauerlandkreis. Zahlreiche Patienten im HSK beklagen einen Mangel an Fachärzten. Dabei ist das Fehlen von Hausärzten gerade in Brilon viel dramatischer.

Fachärztemangel. Das ist ein Stichwort, zu dem fast jeder ein Gefühl oder gar eine Einschätzung hat. Lange Wartezeiten für Termine und die weiten Anfahrten zu Augenarzt oder dem Neurologen sorgen dafür, dass zahlreiche Menschen gerade in ländlichen Gebieten wie dem HSK davon ausgehen, dass ein Mangel an Fachärzten für diese Probleme sorgt. Allerdings stimmt das nicht so ganz, wie Vanessa Pudlo, Pressesprecherin der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL), sagt. „Insgesamt ist die allgemeine fachärztliche Versorgung im Hochsauerlandkreis in allen Fachrichtungen als aktuell stabil zu bezeichnen.“ Viel alarmierender sei die drohende Unterversorgung durch Hausärzte.

Ärztemangel im HSK – KVWL regelt die Bedarfsplanung

Dass es Patienten schnell so vorkommt, als herrsche ein Mangel an Fachärzten im HSK, liege oft an der Bedarfsplanung, die zwischen Hausärzten und Fachärzten unterscheidet. „Hausärzte gehören zur Primärversorgung. Zu einem Facharzt muss man nicht jede Woche. Also wird die Versorgung mit Hausärzten sehr viel kleinteiliger geplant“, erklärt Vanessa Pudlo.

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Wie viele Ärzte und Psychotherapeuten für eine Stadt, einen Kreis oder eine Region benötigt werden, wird durch die sogenannte Bedarfsplanung festgelegt. Sie soll eine ausreichende flächendeckende Versorgung mit niedergelassenen Ärzten/Psychotherapeuten gewährleisten sowie eine Fehlversorgung vermeiden. Die Bedarfsplanung ist das entscheidende Instrument zur Sicherstellung der ambulanten Versorgung. Es ist die Aufgabe der Kassenärztlichen Vereinigungen, die Vorgaben der Bedarfsplanungs-Richtlinie in konkrete Bedarfspläne einfließen zu lassen.

1609 Einwohner kommen auf einen Hausarzt im HSK

Die Basis-Verhältniszahl für die hausärztliche Versorgung beträgt 1.609 Einwohner je Arzt/Ärztin. Bei Fachärzten wird der Bedarf auf Kreisebene ermittelt. So versorgt ein Facharzt einen sehr viel größeren Umkreis als ein Hausarzt. Das erklärt lange Fahrtzeiten zu Augenarzt und co. sowie lange Wartezeiten, wobei Vanessa Pudlo betont, dass es kein Gefälle innerhalb des HSK geben solle.

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Stimmt die Relation von Arzt oder Psychotherapeut und Patienten in einer Region mit der gesetzlichen Vorgabe überein, so beträgt der Versorgungsgrad genau 100 Prozent. Das gilt sowohl für Haus- als auch Fachärzte. Ab einem Versorgungsgrad von 75 Prozent (Hausärzte) bzw. 50 Prozent (Fachärzte und Psychotherapeuten) gilt eine Region als unterversorgt. Eine Überversorgung wird im Allgemeinen ab einem Versorgungsgrad von 110 Prozent ausgewiesen. Der Planungsbereich wird dann für Neuzulassungen gesperrt. Wie der Grafik zu entnehmen (obere Tabelle) liegen die fachärztlichen Versorgungsgrade fast ausschließlich über 100 Prozent, zeigen sich stabil.

Die Lage in Brilon wird knapp – hier fehlt es an Hausärzten

„Das Problem im HSK sind nicht die Fachärzte, sondern die Hausärzte“, sagt Vanessa Pudlo. Viele Hausärzte seien schon über 60, Nachfolger schwer zu finden. So ist gerade Brilon mit einem hausärztlichen Versorgungsgrad von 88,1 Prozent nicht optimal versorgt. 22 Ärzte gibt es in der Stadt – also drei freie Niederlassungsmöglichkeiten. In Städten, wo der Versorgungsgrad bei 100 Prozent oder darüber liegt, verhängt die KVWL eine Niederlassungssperre, um die medizinische Versorgung gleichwertig zu ermöglichen. Doch wie will die KVWL Hausärzte locken? „Die Gemeinde Brilon wird aktuell auf dem KVWL-Förderverzeichnis geführt. Das ist ein Frühwarnsystem, mit dem die KVWL aufzeigen kann, in welchen Gemeinden sich in naher Zukunft Probleme bei der ärztlichen Versorgung entwickeln könnten“, so Vanessa Pudlo. Wichtige Indikatoren dafür sind die Altersstruktur und der Versorgungsgrad der Mediziner vor Ort. Ärzte, die sich in den auf dem Förderverzeichnis geführten Städten und Gemeinden niederlassen möchten, können beim Vorstand der KVWL einen Antrag auf besondere Unterstützungsmaßnahmen stellen. „Hierzu zählen beispielsweise die Übernahme von Kosten, also Umzugs- und Einrichtungskosten, Kooperationskosten, und die Gewährung von Darlehen zum Praxisaufbau oder zur Praxisübernahme. Mit dieser Maßnahme soll eine mögliche Unterversorgung frühzeitig vermieden, die Altersstruktur verbessert und der Versorgungsgrad in den betroffenen Gebieten erhöht werden.“

Maßnahmen helfen dabei, die Versorgung durch Hausärzte im HSK zu verbessern

Durch die ergriffenen Maßnahmen sei es nachweislich gelungen, die Versorgungssituation in verschiedenen Städten und Gemeinden in Westfalen-Lippe zu verbessern. Im Frühjahr 2021 hat der KVWL-Vorstand die 210. Förderung über das Förderverzeichnis genehmigt. Im HSK wurden insgesamt bisher 13 Förderungen über das Förderverzeichnis genehmigt.