Brilon. Passanten benoten in einer Befragung der IHK die Bahnhofstraße in Brilon. Die Kritik der Kunden wirft allerdings Fragen beim Bürgermeister auf.

Brilon bekommt gute Noten: Bei der Befragung von Passanten in der Innenstadt hat die Bahnhofstraße eine Gesamtnote von 2,4 erreicht – nach dem Schulnotenprinzip also ein „gut“. Das geht aus einer Befragung der Industrie- und Handelskammer Arnsberg (IHK) hervor. Bundesweit wurden dazu in Städten Kunden und Besucher zu verschiedenen Themen befragt. DerBürgermeister Dr. Christof Bartschund Vertreter des Gewerbevereins zeigen allerdings überrascht über manche Ergebnisse.

Wie ist die Befragung abgelaufen?

Die Passantenbefragung „Vitale Innenstädte“ wurde erstmals in Brilon durchgeführt. Vergleichswerte aus den Jahren zuvor gibt es also nicht. Thomas Frye, Geschäftsbereichsleiter der IHK, stellt die Ergebnisse im Briloner Rathaus also im Vergleich zu ähnlich strukturierten Orten vor. Laut IHK wurden 400 Passanten an einem Donnerstag und einem Samstag im September umfangreich in der Innenstadt interviewt.

Wie entwickeln sich die Städte überhaupt?

„Die Kunden der Innenstädte werden immer älter. Im Durchschnitt waren sie 2016 rund 45 Jahre alt, 2020 schon 47,5 Jahre“, erklärt Thomas Frye. Durchschnittlich hätten die beteiligten Städte eine 2,5 in der Benotung bekommen. „Wir verfolgen natürlich den schleichenden Wandel der Innenstädte. Früher war das Besuchsmotiv einer City immer der Wunsch, einzukaufen. Das wurde abgelöst durch andere Motive.“ Corona habe die Veränderung der Innenstädte beschleunigt, gerade was den Aufbau des Onlinehandels angehe.

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Wie hat Brilon abgeschnitten?

Gut – insgesamt mit einer 2,4, was leicht über dem Bundesdurchschnitt von 2,5 liegt. Abgestimmt darüber haben größtenteils Frauen (65,7 Prozent). „Brilon wird als die Stadt zum Einkaufen wahrgenommen. 79,2 Prozent sagen, dass ihr Motiv der Einkauf ist. In Neheim waren es im Vergleich 73 Prozent. Das ist ein Topwert“, so Thomas Frye. Das Einkaufen werde dann mit einem Besuch in der Gastronomie verknüpft. „42,3 Prozent geben an, dass sie wegen der Gastronomie in die Stadt gehen, in anderen Städten liegt dieses Motiv mit 15 Prozent weit unter dem Ergebnis von Brilon“, der IHK-Geschäftsleiter.

Wo punktet Brilon am besten?

Die besten Ergebnisse fährt Brilon mit dem Einzelhandelsangebot ein, das mit einer 2,2 bewertet wird. Besonders gut schneiden die Bereiche Bekleidung (2,1), Schuhe (2,2) oder Drogerie (2,0) und Apotheken (1,6) ab. Das Ambiente der Stadt wird mit einer 2,4 bewertet, dazu gehören Gebäude (2,3) und Sauberkeit (2,1). Auch die Sicherheit in der Stadt wird mit einer 2,4 positiv wahrgenommen. Sehr gut schneidet die Erreichbarkeit der Innenstadt mit dem PKW ab – mit einer 1,8. Auch für Radfahrer sei die Erreichbarkeit gut (2,0). Das Gastronomie- und das Dienstleistungsangebot werden herausragend jeweils mit einer 2,0 bewertet.

Wo bekommt Brilon schlechte Noten?

In der Lebendigkeit der Innenstadt. Die schneidet mit einer 2,6 ab. Sehenswürdigkeiten werden mit einer 2,8 bewertet, weil sie schlicht fehlen würden. Auch der Erlebniswert liegt nur bei einer 2,7. Daraus resultierend wird auch das Veranstaltungsangebot mit einer 2,6 von den Passanten bewertet. Im Einzelhandelsangebot fehlt den Befragten das Angebot im Spielwaren-Sektor sowie beim Wohnen, das nur mit einer 3,0 abschneidet. „Diese noch nicht gehobenen Potenziale sowie der Wettbewerb mit benachbarten Zentren mögen der Grund dafür sein, dass die Umland-Ausstrahlung im Vergleich zum Ortsgrößen-Durchschnitt der untersuchten Städte etwas geringer ausfällt“, heißt es seitens der IHK. Nur 30 Prozent der Kunden (Ortsgrößenvergleich: 35,4 Prozent) stammen nicht aus der Stadt Brilon.

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Was sagt der Bürgermeister zur schlechten Note für das Veranstaltungsangebot?

„Ich bin überrascht über die negative Bewertung hinsichtlich des Veranstaltungsangebots. Wir bieten mit der Kirmes, dem Weihnachtsmarkt und ‘Brilon blüht auf’ drei feste Größen an. Dazu kommen Angebote wie das Kindertheater, der Musiksommer und viele andere Veranstaltungen“, sagt Christof Bartsch. Er zeigt sich überrascht, will diese Bewertung allerdings mitnehmen und reflektieren, welche Angebote man noch vorhalten könne.

Was sagt der Gewerbeverein zu den als fehlend wahrgenommenen Angeboten?

Christian Leiße, der Vorsitzende des Gewerbevereins, zeigt sich dankbar: „Ich bin überrascht über diese positiven Ergebnisse. Ich danke den Befragten für ihre Treue gegenüber unserer Stadt und unserem qualitativ hochwertigen Einzelhandel.“ Leiße bezieht allerdings Stellung zu den schlechten Noten. „Nicht alle Angebote sind direkt in der Bahnhofstraße und man muss Ortskenntnis haben um zu wissen, dass wir ein tolles Spielwarenangebot mit der Schatzkiste oder dem Zentrum Feldmann vorweisen und auch für den Bereich Wohnen genug Angebote wie Brauer oder Ademmer vorhalten.“

Bewertet wurde die Innenstadt von Menschen ab 25 Jahren. Wie will man die Jüngeren wieder in die Stadt holen?

Oliver Dülme, Wirtschaftsförderer bei Brilon Wirtschaft und Tourismus GmbH, beobachtet eine schwierige Tendenz: „Jüngere Menschen aus Brilon wollen zum Einkaufen nach Paderborn. Paderborner tendieren dazu nach Bielefeld zu fahren und Bielefelder wollen dann vielleicht nach Berlin. Das ist eine Tendenz, die schwer zu bekämpfen ist.“ Man versuche, mit Angeboten wie dem Musiksommer Treffpunkte zu schaffen, die in die Stadt ziehen. „Uns fehlen aber auch die typischen Bekleidungsgeschäfte für Jugendliche. Läden wie H&M ziehen einen Radius und schauen, inwiefern in diesem Einzugsgebiet ihre Zielgruppe vertreten ist. Diese Geschäfte kommen dann naturgemäß eben nicht in die Briloner Innenstadt.“