Brilon. Was ist wirklich los in der Briloner Fußgängerzone? Ein neuartiges Lasersystem scannt rund um die Uhr an zwei Stellen die Flaneure.

Wer hätte das gedacht? Auf Frankfurts Goethestraße, nach eigenen Aussagen „Frankfurts 1. Adresse für Luxus-Shopping“, waren im Mai kaum mehr Menschen unterwegs als in der oberen Bahnhofstraße vonBrilon. Exakt 63.380 Fußgänger scannte der „Hystreet“-Laser unterhalb des Eiscafes Venezia in der Stadt des Waldes. Auf der Goethestraße waren es 63.725. Damit rangierte die Einkaufsmeile der Main-Metropole im Ranking der 147 „Hystreet“-Messstandorte nur einen Platz vor Brilon. „Hystreet“, das ist ein in Köln ansässiges Start Up, das mit seiner Hightech-Messung „erstmalig die genaue Besucherzahlen unserer Innenstädte“ ermittelt.

Die Grafik zeigt es: Mit den Corona-Lockerungen am 28.Mai schnellten die Passantenzahlen nach oben, hier die obere Bahnhofstraße. Die 1007 ist die Zahl der Passanten von Sonntag, 2. Mai
Die Grafik zeigt es: Mit den Corona-Lockerungen am 28.Mai schnellten die Passantenzahlen nach oben, hier die obere Bahnhofstraße. Die 1007 ist die Zahl der Passanten von Sonntag, 2. Mai © Hystreet/Manuela Nossutta/Funkegrafik NRW

Das hat auch den Briloner Makler und Kommunalpolitiker Stefan Schleich sowie den Wirtschaftsförderer der Stadt, Oliver Dülme, beeindruckt, als sie 2019 sowohl bei der Immobilienmesse Expo-Real in München wie auch bei einer Präsentation in Dortmund auf das Unternehmen aufmerksam wurden.

„Fakten gegen Vermutungen“

Schleich, selbst Vermieter von Ladenflächen in der Fußgängerzone, reichte die sog. „Handelszentralität“ nicht, mit der die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) und die IHK Rückschlüsse auf die Attraktivität von Städten ziehen. Für Einzelhändler und Filialisten, so Schleich, zähle die tatsächliche Passantenfrequenz. Und da verspricht das Kölner Unternehmen einiges, nämlich „Fakten gegen Vermutungen, Messungen gegen Meinungen, Belastbares gegen Bauchgefühl.“

Zwei Systeme installiert

Das Prinzip: An einer Fassade in bis zu 20 Metern Höhe und damit gegen Vandalismus geschützt wird ein schuhkartongroßer Laser angebracht, der einen vierfachen „Lichtvorhang“ erzeugt und darin die Bewegungen erfasst. Dabei können nach Angaben des Anbieters sowohl die Laufrichtung identifiziert werden wie auch die Größe der erfassten Personen. So lässt sich zwischen Kindern (ab 80 Zentimeter) und Erwachsenen unterscheiden. Und auch das Wetter wird registriert, um die Besucherzahlen besser einordnen zu können.

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In der Volksbank Brilon-Büren-Salzkotten fand Stefan Schleich einen aufgeschlossenen Mitstreiter. Jetzt, so Schleich, habe man exakte Zahlen über die Bewegungen in der ganzen Bahnhofstraße. Wenig überraschend: Der unterhalb des Voba-Center installierte Scanner erfasst deutlich weniger Passanten als der in der oberen Bahnhofstraße.

Nutzung kostenlos

Die Registrierung auf www.hystreet.com ist kostenlos, ebenso die Nutzung der Daten und Grafiken.

Auf dem Portal sind 74 Städte mit 151 Messpunkten aufgeführt, darunter je zwei aus der Schweiz, aus Österreich und den Niederlanden.

Im Mai-Ranking liegt die Mariahilfer Straße in Wien mit 1.115.306 Passanten auf Platz 1, das Westerntor in Paderborn mit 259.497 Passanten auf Rang 70.

Die obere Bahnhofstraße in Brilon - auf dem Portal als „Bahnhofstraße (West)“ bezeichnet - Bist mit 63.380 Passanten auf Platz 145, die untere Bahnhofstraße - „Bahnhofstraße (Mitte)“ - mit 57.153 auf Rang 147.

Bis einschließlich gestern um 18 Uhr passierten 2675 Fußgänger den Zähler an der Voba, 3315 waren es oben. Bis 10 Uhr waren mit 353 Fußgängern oben bzw. 339 unten an beiden Messpunkten ähnlich viele Menschen unterwegs. Danach knickte die Kurve an der Voba ein, ehe sie zwischen 15 und 16 Uhr einen zweiten Höhepunkt erreichte. Am Eiscafe Venezia dagegen erreichte sie zwischen 11 und 12 Uhr mit 420 Passanten den Tages-Peak. Ab 15 Uhr zog es auch hier wieder auf einen Stundenwert von 398 Personen an. Insgesamt registrierte der Laser in diesem Jahr 408.570 Fußgänger in der oberen und 372.936 in der unteren Bahnhofstraße.

In der unteren Bahnhofstraße will die Volksbank, wie exklusiv berichtet, den gesamten Eckbereich zur Kreuziger Mauer hin neu gestalten. Nach einem Wasserschaden werden zwei Häuser abgerissen. So soll der untere Bereich der Fußgängezone an Attraktivität gewinnen und die Arkaden näher bringen. Außerdem gibt es weitere Pläne für exponierte Bauvorhaben in der Kernstadt.

Als Kleinstadt im Konzert der Großen

Stefan Schleich ist total überrascht, dass „selbst 1a-Lagen in Großstädten nur mit dem Faktor 10 über der Frequenz in Brilon“ liegen. Damit, ergänzt Wirtschaftsförderer Oliver Dülme, „rechnen manche gar nicht in einer Kleinstadt im Sauerland“. Auch in der Liste der „Hystreet“-Städte dürfte Brilon zu den kleinsten gehören. Schließlich spielen dort Metropolen wie Wien, Berlin, Köln, Düsseldorf, Den Haag und Amsterdam mit. Die beiden nächstgelegenen Städte mit „Hystreet“-Messung sind Dortmund und Paderborn. In der Paderborner Fußgängerzone flanierten gestern bis 18 Uhr 14.546 Menschen.

Juni-Spitzenreiter in Brilon ist bisher Freitag, der 4., mit 5439 Passanten in Nähe des Marktes.