Brilon. Berghänge und -kuppen bieten in weiten Teilen des Altkreises Brilon ein Bild des Jammers: Was wird mit dem Rohstoff Nr.1? Das Handwerk hat Sorgen

Inzwischen ist das Thema Rohstoffknappheit in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Vor allem das Holz, eine der wirtschaftlichen Lebensadern im Hochsauerland, ist so knapp wie noch nie. Schreinereien, Tischler oder Zimmermänner klagen über die hohen Preise und die knappe Menge beim Fertigholz. Am Ende wird auch der Kunde entscheiden, wie es für die holzverarbeitende Industrie in naher Zukunft weitergeht.

Die Auftragsbücher bei Markus Becker sind eigentlich gut gefüllt. „Die Arbeit ist da, aber die Stimmung ist gereizt“, sagt der Geschäftsführer der Tischlerei Hüwel. Er selbst hat, als sich zu Beginn des Frühjahres eine Knappheit beim Fertigholz anbahnte, gehandelt und sich das Lager vollgepackt. „So voll wie jetzt war es noch nie. Aber sowas wie jetzt habe ich auch noch nie erlebt“, sagt er. Und langsam droht auch ihm ein Engpass.

Andere zahlen besser

Die Gründe für die Holzknappheit in einer Region, in der das Holz als Exportschlager gilt, sind mehrschichtig wie das Fertigholz selbst. Gerade der für die verarbeitenden Handwerksbetriebe wie Tischler, Schreiner oder Zimmermänner wichtige Rohstoff gilt als rares Gut. „Das liegt daran, dass die US-Amerikaner die besseren Preise bezahlen“, sagt Michael Ester, Geschäftsführer der Waldbauernholz Sauerland-Hellweg eG. Ester ist verantwortlich für den Verkauf des Holzes der privaten Waldbauern. Insgesamt vertritt er die Interessen von privaten Waldbauern, die über 63.000 Hektar Fläche Wald verfügen.

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Blick auf das Holzlager des Egger-Sägewerks in Brilon.
Blick auf das Holzlager des Egger-Sägewerks in Brilon. © www.blossey.eu | Hans Blossey

Bisher war es laut Ester so, dass die USA ihr Schnittholz vor allem von Sägewerken aus dem benachbarten Kanada kauften. Seitdem die Regierung des ehemaligen Präsidenten Donald Trump aber hohe Zölle auf Importe aus dem Nachbarland einführte, werden große Mengen aus Deutschland abgenommen. Es ist für die dortige Industrie derzeit günstiger, das Holz über den Atlantik einzuführen, als das Holz mitsamt der hohen Zölle aus Kanada zu importieren. Am Ende dieser Kette stehen die heimischen Betriebe in Deutschland.

So kann Markus Becker von der Briloner Tischlerei Hüwel seinen Kunden nur noch Tagespreise für das benötigte Material in die Angebote schreiben. „Üblich ist eigentlich eine Preisbindung von drei bis vier Wochen“, sagt er. Viele der von seinem Betrieb gemachten Angebote auf Anfragen von Kunden bleiben deswegen unbeantwortet, weil Becker keine Preisgarantie geben kann. Die Kunden warten ab - und genau da ist das Problem.

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Denn in den vergangenen Jahren wurde der Markt von Rohholz überschwemmt, das Angebot war deutlich höher als die nachgefragte Menge. Damit die privaten Waldbauern nicht auf dem vielen Holz, das durch Dürrejahre und den Borkenkäfer gerodet werden musste, sitzen blieben, wurden Abnehmer im Ausland gesucht und gefunden. 90 Euro für den Festmeter muss ein Waldbauer einnehmen, damit er von dem Holz leben und die Flächen wieder aufforsten kann. Gezahlt wurden in Deutschland aufgrund der hohen Mengen an Holz aber nur zwischen 30 und 35 Euro pro Festmeter.

Exportstopp ist für die Politik kein Thema

Der von einigen Experten aus der Holzindustrie geforderte Exportstopp von deutschem Holz nach Übersee wurde von der Politik eindeutig abgelehnt.

In einem Gespräch mit dem CDU-Politiker Friedrich Merz, der im September in die Bundesregierung aufrücken könnte, teilte Merz mit, dass es mit ihm keinen Exportstopp geben würde.

Grund dafür sind die engen Handelsbeziehungen zu den größten Abnehmern USA und China. Die Politik fürchtet durch einen Exportstopp beim Holz wirtschaftliche Sanktionen durch seine Handelspartner.

Die Rohholz-Knappheit in China hingegen sorgte dafür, dass die Händler aus Fernost mit 75 Euro pro Festmeter deutlich mehr zahlten und so für viele Waldbauern lukrativer waren. Ester ist es wichtig darauf hinzuweisen, dass der Export von Rundholz nach Asien nur ein Ventil für die großen Mengen ist, die derzeit käferbedingt zwangsläufig geerntet werden müssen. „Die heimische Industrie ist derzeit mir Rundholz nicht unterversorgt.“

Corona spielt eine große Rolle

Hinzu kommen die Besonderheiten der Corona-Pandemie. „Die Menschen haben es sich zuhause schön gemacht und dafür brauchten sie Holz“, sagt Ester. Dadurch ist die inländische Nachfrage gestiegen und das Holz knapp geworden. Folge: Die Preise explodieren. „Die Sägewerke werden den Kunden die Gelegenheit geben müssen, sich wieder an höhere Preise zu gewöhnen“, sagt Ester. Erst dann würde sich der Markt wieder etwas beruhigen und alle am Rohstoff Holz beteiligten Industrien wieder in ruhigeres Fahrwasser kommen.

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Doch das ist laut Ester nicht abzusehen. „Die schwierigen Zeiten für die Waldbauer neigen sich dem Ende, dafür dürften bald die Sägewerke Probleme bekommen“, sagt er. Die Erholung für die Waldbauern hingegen betrifft nur die Preisentwicklung, denn an anderer Stelle ist die Gefahr auch für jeden Laien sichtbar: Die Wälder sind kahl und müssen wieder aufgeforstet werden. „Und das ist nicht nur ein Problem im Sauerland, das ist in weiten Teilen Europas so“, sagt Ester.

Neben dem fertigen Schnittholz spielt das Rohholz ein große Rolle auf dem Holzmarkt. Das ist das Holz, das momentan in den Wäldern aufgrund von Dürre und Käferplage in großem Stil gerodet werden muss und deshalb in Zukunft knapp werden könnte – denn der Rohstoff Holz braucht Zeit. „Das, was jetzt gerodet wurde und wird, braucht mindestens 30 Jahre, bis wieder das erste Holz geerntet werden kann“, sagt Michael Ester. Das fehlende Rohholz, das sonst in den Sägewerken weiterverarbeitet wird, wird in den kommenden Jahren und Jahrzehnten ein rares Gut.