Brilon. Der Corona-Check der WP fragte, wie sich in der Pandemie das Verhältnis zum Partner ändert. Paarberaterin Iris Bühner erklärt, was Sie tun können

Beim Corona-Check hat die WP nachgefragt: „Wie hat sich während der Pandemie das Verhältnis zu Ihrem Partner bzw. zu Ihrer Partnerin verändert?“ Das Ergebnis liegt für alle Altkreisstädte im Dreier-Bereich von fünf möglichen Punkten. Offenbar hat Corona bei den Menschen, die an der Umfrage teilgenommen haben, ihre Beziehung nicht umgekrempelt. Wir haben mit der Briloner Heilpraktikerin für Psychotherapie und Paarberaterin Iris Bühner über Beziehungen in der Pandemie gesprochen.

Sie arbeiten als psychologische Ehe-, Familien- und Lebensberaterin. Spiegelt sich das Ergebnis unserer Umfrage auch in ihrem Berufsalltag wider?

Iris Bühner Im Großen und Ganzen kann ich das Ergebnis auch für meinen Arbeitsalltag bestätigen. Ich denke es zeigt, dass die meisten Menschen trotz aller Höhen und Tiefen, die sie zurzeit erleben, in ihrer eigenen Wahrnehmung insgesamt trotzdem recht zufrieden sind und ihre Beziehungen als stabil erleben. Aber natürlich ist so eine Umfrage-Antwort nur eine Momentaufnahme. Ich erlebe in meiner Arbeit, dass jeder Mensch mit der Pandemie-Situation anders umgeht und, dass Paare und Familien - abhängig von ihrer persönlichen Ausgangslage - sehr unterschiedlich darauf reagieren.

Viele Menschen sind ja zurzeit mehr zu Hause, arbeiten im Homeoffice und müssen oft noch parallel die Kinder beim Homeschooling unterstützen. Wie wirkt sich das auf das Familienleben bzw. auf die Partnerschaft aus?

Iris Bühner ist Heilpraktikerin für Psychotherapie und Paarberaterin. Sie hat eine Praxis in Brilon.
Iris Bühner ist Heilpraktikerin für Psychotherapie und Paarberaterin. Sie hat eine Praxis in Brilon. © sabrinity.com

Generell fällt auf, dass Paare viel mehr Zeit zusammen verbringen. Für die einen ist das eine gute Möglichkeit, ihre Beziehung neu zu entdecken. Sie rücken enger zusammen und genießen das. Das ist ein positiver Effekt. Doch für viele ist die Pandemie auch eine Extremsituation, die sie als sehr belastend empfinden. Es kommen Konflikte hoch und man fühlt sich überfordert. Jeder Mensch geht mit den Veränderungen durch die Corona-Krise anders um. Das hängt aber auch sehr von der Situation ab, in der sich jemand befindet. Auch mit der zunehmenden Isolation gehen die Menschen sehr unterschiedlich um. Manche kommen gut damit klar, sehen sogar Positives darin, andere leiden darunter.

Gibt es seit Beginn der Corona-Pandemie mehr Anfragen von Menschen, die Hilfe bei Ihnen suchen?

Es gibt tatsächlich einen spürbaren Corona-Effekt. Der ist allerdings nicht nur auf Paare bezogen. Ich merke, dass viele Menschen Ängste haben. Sie haben zum Beispiel Angst vor sozialem Abstieg, haben Existenzängste oder sorgen sich um ihre Angehörigen. Sie fragen sich: Was wird nach der Pandemie? Wird wieder alles normal? Wie entwickelt sich mein persönliches Umfeld?

Was empfehlen Sie Menschen, damit sie als Paar gut durch die Corona-Zeit kommen?

Ganz wichtig ist es, dem Alltag eine Struktur, ein festes Gerüst zu geben. Das macht es für die Beziehung deutlich leichter. Gleichzeitig sollte man aber auch versuchen, immer mal wieder Abwechselung in den Alltag zu bringen, damit nicht alles als eingefahren erlebt wird. Generell ist es gut, miteinander im Gespräch zu bleiben, über Ängste zu sprechen, aber auch über positive Dinge und schöne Momente. Man sollte aufpassen, dass Corona nicht durchgehend zu sehr präsent ist. Gut tut es auch, mal allein etwas für sich zu machen, mal raus in die Natur zu gehen, inne zu halten, die Ruhe zu genießen. Als Paar sollte man möglichst nicht 24 Stunden an sieben Tagen aufeinander hocken. Jeder braucht seinen Freiraum und wenn es nur für eine halbe Stunde pro Tag ist.

Wann ist es an der Zeit, sich als Paar professionelle Hilfe zu holen?

Zeit wird es, wenn sie selbst merken, dass es so wie bisher nicht mehr weiter geht, dass irgendetwas nicht mehr passt. Wenn man das Gefühl hat, alleine nicht mehr weiter zu kommen, sollte man überlegen, sich Hilfe zum Beispiel bei einer Beratungsstelle oder einem Therapeuten zu holen. Voraussetzung ist, dass beide Partner das wollen. Holt man sich gemeinsam Hilfe, ist das schon ein erster Schritt in die richtige Richtung.

Wie funktioniert eine solche Paarberatung?

Zunächst lernen die Partner, sich wieder bewusst zuzuhören, den anderen ausreden zu lassen, die Meinung des anderen zu akzeptieren und sich selbst zu reflektieren. Das ist ein sehr dynamischer Prozess, bei dem sich immer etwas bewegt. Wichtig ist es, im Gespräch zu bleiben und zu sagen, was einen stört. Aber nicht mit dem Zeigefinger. Am einfachen klassische Beispiel mit der Zahnpasta-Tube erklärt: Man sollte dem anderen nicht vorwerfen, dass er sie nie zumacht, sondern es vielleicht so formulieren: Ich würde mir wünschen, dass Du sie nach Gebrauch wieder schließt. Die Botschaft ist die gleiche, nur anders formuliert.

Wie lange dauert eine Paarberatung in der Regel?

Bis durch eine Paarberatung ein Umdenkprozess umgesetzt ist, braucht es Zeit. Verhaltensveränderungen müssen sich verfestigen. Am Anfang fällt man schnell wieder in alte Muster zurück. Wie lange eine Paarberatung dauert, ist ganz unterschiedlich. Erste Effekte sind oft schon sehr schnell sichtbar, aber auch hier hat jedes Paar sein eigenes Tempo.