Hochsauerland. Bromskirchen und Allendorf geben sich das Ja-Wort: Sind solche Fusionen von Städten bzw. Gemeinden auch bei uns im HSK denkbar?

So schnell kann eine Kommune wachsen: Die 5500-Einwohner-Gemeinde Allendorf im benachbarten Landkreis Waldeck-Frankenberg hat künftig knapp 2000 Einwohner mehr. Denn ganz Bromskirchen kommt hinzu. Eine deutliche Mehrheit aus beiden benachbarten Gemeinden stimmte kürzlich bei einem Bürgerentscheid dafür, dass Bromskirchen neuer Ortsteil von Allendorf wird. Die „Ehe“ soll zum 1. Januar 2023 offiziell geschlossen werden

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Klares Votum

In Allendorf (Eder) machten 72,2 Prozent der Wählerinnen und Wähler ein Kreuzchen bei „Ja“. Die Wahlbeteiligung lag bei 50,3 Prozent und übertraf damit die notwendige Mindestbeteiligung. Sie liegt bei jeweils 25 Prozent. In Bromskirchen stimmten 73,3 Prozent für den Zusammenschluss. Hier lag die Wahlbeteiligung bei 54,9 Prozent und war ebenfalls ausreichend. In den vergangenen Jahren hatten sich die beiden Gemeinden immer weiter angenähert. Standesämter und Bauhöfe wurden aus Kostengründen zusammengelegt, seit 2015 bildeten die beiden Orte bereits offiziell eine Verwaltungsgemeinschaft.

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Auch die drei größten Unternehmen Ante-Holz in Somplar, Hoppe (Beschläge) in Bromskirchen und Viessmann (Heiztechnik) in Allendorf hatten dafür geworben, bei dem Bürgerentscheid mit Ja zu stimmen.

Bürger haben das letzte Wort

Seit Mitte der 1990er Jahre sind Bürgerbegehren und Bürgerentscheide in den Gemeinden, Städten und Landkreisen zunehmend verbreitet; inzwischen hat die überparteiliche Nichtregierungsorganisation „Mehr Demokratie“ seit 1956 bundesweit mehr als 8.000 solcher Verfahren beobachtet.

358 neu gestartete direktdemokratische Verfahren auf kommunaler Ebene verzeichnet der Bürgerbegehrensbericht für das Jahr 2019, der die direkte Demokratie auf kommunaler Ebene zusammengefasst und analysiert. 2017 wurden 278 Verfahren neu initiiert, 2015 waren es 293. Grund für den Zuwachs ist u. a. die vermehrte Nutzung von Bürgerbegehren für klimapolitische Ziele.

In Winterberg gab es 2016 einen Ratsbürgerentscheid, bei dem es um eine Überführung der Verbundschule Siedlinghausen in eine Sekundarschule in Medebach mit einem Teilstandort in Winterberg ging.

Bereits 2007 ging es in Medebach in einem Bürgerentscheid um das neue Rathaus der Stadt. Es gab damals eigens einen Architektenwettbewerb, aber seitens der Bürger Kritik an dem Siegerentwurf. Der kam schlussendlich nach dem Ergebnis der Bürgerbeteiligung auch nicht zum Tragen.

Sind solche Kommunal-Ehen auch bei uns im Hochsauerland möglich? Eine Umfrage in allen sechs Rathäusern hat unterschiedliche Einschätzungen zu Tage gefördert. Fazit: Je kleiner die Verwaltungseinheiten sind, desto häufiger gibt es bereits Kooperationen. Das Wort Fusion will niemand aussprechen und hält so etwas momentan auch für eher unwahrscheinlich. Aber schon jetzt werden in vielen Bereichen Synergien genutzt - auch über Stadt- und Landesgrenzen hinaus.

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Vielerorts lange Tradition

„Interkommunale Zusammenarbeit hat bei uns eine lange Tradition. Seit 2012 arbeiten wir mit Hallenberg im Tourismus im Rahmen einer Arbeitsgemeinschaft eng zusammen“, sagt Winterbergs Bürgermeister Michael Beckmann. Aber auch über die direkten Nachbarn hinaus gebe es grenzübergreifende Zusammenarbeit: „Das haben wir bei der Beteiligung an dem Förderprojekt des Bundes ,Modellprojekt Smart Citys’ festgestellt. Von Billerbeck im Münsterland bis zur Stadt Siegen haben wir uns quer durch NRW mit fünf weiteren Kommunen zusammengeschlossen, um Wissen auszutauschen und voneinander zu lernen. Das hat noch einmal ganz andere Blickwinkel auf die kommunale Zukunft gegeben.“ Da man offen für weitere Kooperationen sei, spreche man auch mit weiteren kommunalen Nachbarn über eine engere Zusammenarbeit zum Beispiel im Bereich Tourismus, so Beckmann weiter.

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Andere Rechtslage

Sein Bürgermeisterkollege Thomas Grosche aus Medebach lenkt den Blick u. a. auf die gemeinsame Arbeit aller sechs Altkreis-Städte in der gemeinsamen „Leader“-Region. Dies sei beispielhaft für eine erfolgreiche Zusammenarbeit. Grosche erinnert aber auch an Projekte wie E-Government, wo man nicht als Einzelkämpfer an den Start gehe.

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Olsbergs Bürgermeister Wolfgang Fischer verweist auf eine ganze Reihe interkommunaler Kooperationen. Angefangen bei der Hochsauerlandwasser GmbH bis zur gemeinsamen Presse- und Öffentlichkeitsarbeit mit den Städten Meschede und Bestwig. Wie alle seiner Kollegen kommt aber auch er bei der Frage, ob er eine Fusion für denkbar hält, zu dem Schluss: „Weder sachlich noch rechtlich ist die Situation im HSK mit dem Fall Bromskirchen/Allendorf vergleichbar. Allein die Rechtslage im Land NRW ist komplett anders.“ Michael Beckmann kommt aber auch zu dem Schluss: „Über interkommunale Zusammenarbeit nachdenken heißt, heute intensiv über das Morgen nachzudenken. Wer das tut, kommt auf Dauer nicht an einer effizienteren, digitalisierten und umweltfreundlicheren interkommunalen Infrastruktur, die allen zugänglich ist, vorbei.“