Medebach/Winterberg/Hallenberg. Der Leiter der Biologischen Station HSK erklärt, wie er die Skizze für das mögliche Naturschutz-Großprojekt in der Medebacher Bucht erstellt.

Noch ist kein Antrag gestellt, aber viele Köpfe im HSK beschäftigen sich bereits mit der Idee eines möglichen Naturschutz-Großprojekts Medebacher Bucht. Dort könnte ein Antrag auf Fördermittel nach dem Bundesprogramm „Chance Natur“ gestellt werden. Aber wie wird ein solches Großprojekt erarbeitet?

Verantwortlich für die Skizze ist Werner Schubert, Leiter der Biologischen Station HSK. Seine Arbeit gleicht einem riesigen Puzzle, bei dem er Dutzende Gegebenheiten und Aspekte berücksichtigen muss: Wie können möglichst viele bereits geschützte Flächen und Gebiete in die Planung aufgenommen werden, wo kommen bestimmte Arten vor, wo gibt es alte Laubwälder, wo Heideflächen, wo Fließgewässer? Vor allem: Wie können die einzelnen Lebensräume miteinander verbunden werden? Denn Arten müssen wandern können. „Egal, wie schön es ist: Jedes isolierte Biotop verarmt.“

Kreis wäre Träger

Träger eines Naturschutz-Großprojekts wäre der Kreis, dessen Umweltausschuss kürzlich seine Zustimmung signalisiert hat. Derzeit wandern die Pläne durch die politischen Gremien von Medebach, Winterberg und Hallenberg – Flächen aller drei Städte könnten in das Projekt einbezogen werden. Nicht zuletzt wären damit hohe Fördergelder verbunden. Als „Riesenchance“, hatte Medebachs Bürgermeister Thomas Grosche ein solches Projekt kürzlich bezeichnet – zumal es weder einen Zwang für die Kommunen noch neue Schutzgebiete gebe. „Es geht darum, bereits ausgewiesene Schutzgebiete dank sehr hoher Förderung langfristig zu erhalten und aufzuwerten.“

In seiner Skizze berücksichtigen muss Schubert also nicht nur dauerhafte Lebensräume, sondern auch deren Entfernung zueinander und welche Rastplätze und Nahrungsquellen Arten zwischen beiden finden, um den Weg zu schaffen. Dafür sind Weg- und Ackersäume, Wiesen und Wasser wichtig. Die Landschaft der Medebacher Bucht biete ein gutes Potenzial, verschiedene Projekte gibt es auch bereits.

Viele Aspekte zu berücksichtigen

Auf großen Ausdrucken zeichnet Schubert, bis aus dem Wimmelbild eine sinnvolle Strategie zu entstehen beginnt. Was nicht bedeutet, dass die Skizze nicht permanent angepasst und verändert wird. Ein paar mögliche Puzzlestücke lässt er sich aber schon entlocken. Nichts davon würde einziger Schwerpunkt des Projekts, betont er.

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Aber ein Altholz- oder Altwaldkonzept sollte dabei sein, gut für die Natur wären auch Heuwiesen. Schubert erklärt die beiden Beispiele kurz: „Von alten Laub-, vor allem Buchenbeständen, hängen viele Arten ab. Zum Beispiel der Schwarzspecht, dessen Höhlen auch andere Arten nutzen. Sie brauchen Buchenwälder, die nicht schon im ausgehenden Jugendalter – mit 140 oder 160 Jahren – geschlagen werden.“

Es nütze auch wenig, wenn vereinzelte alte Buchen belassen würden, wie es in manchen Schutzgebieten Praxis ist. „Sonnenbrand und Wind töten diese Bäume innerhalb von fünf bis zehn Jahren.“ Geschlossene Waldflächen müssten also stehenbleiben dürfen – die aber gewöhnlich jemandem gehören, der damit Geld verdienen will oder muss.

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„Die Wälder sollen weiter wirtschaftlich genutzt werden“, stellt Schubert klar, „aber was geschlagen wird, müsste anderswo nachwachsen dürfen.“ Nicht nur bei diesem Beispiel könnten die erheblichen Fördermittel, die ein erfolgreicher Projektantrag zur Folge hätte, ein Schlüssel sein.

Anderes Beispiel: Heuwiesen. „Viele Wiesenpflanzen sind an den langsamen Herzschlag der alten bäuerlichen Kultur angepasst.“ Wird zu früh im Jahr und zu oft gemäht und zu viel gedüngt, wachsen sie nicht und können keine Samen bilden. Die moderne, intensive Grünlandwirtschaft werde selbst dem Gras zu viel, „auf solchen Flächen muss alle paar Jahre nachgesät werden.“ Heuwiesen statt Silagegewinnung könnten helfen, die alten Lebensräume wieder zu schaffen.

Mensch nicht allein im Mittelpunkt

Andere Ideen wie Obstbäume oder ein Bürgeracker zum selber Ernten könnten auch Menschen gefallen und ihnen nutzen. Das wäre ein schöner Nebeneffekt, aber nicht das Hauptziel. „Der Leitsatz bei jeder Idee ist: Welchen Arten hilft das?“, sagt Schubert.

Ungemähte Wegsäume sind wichtige Lebensräume und  Verbindungen zwischen Biotopen
Ungemähte Wegsäume sind wichtige Lebensräume und Verbindungen zwischen Biotopen © Biologische Station HSK

Andererseits, das weiß auch er, sind Pläne für die Umwelt schwer umzusetzen, wenn der Mensch keinen raschen Nutzen davon hat. Aber den könnte es – neben den Fördermitteln – durchaus geben. Schubert nennt das Beispiel die mögliche Vermarktung hochwertiger regionaler Produkte wie Heumilch. Naturnähe als Tourismusfaktor dürfte ein weiteres Argument sein.

Die Projektskizze umfasst noch zahlreiche andere Elemente. Der derzeitige Zeitplan sieht vor, sie nach der Vorstellung in den Gremien der drei Städte in einer – möglicherweise gemeinsamen – Sitzung der Stadträte auf den Weg zu bringen und den Förderantrag zu stellen. „Wäre schön, wenn wir das bis Ende Mai auf den Weg bringen könnten“, hofft Schubert.