Olsberg. Corona-Lockdown gelockert: Friseure dürfen ab März öffnen. Eine Friseurin aus Olsberg erklärt, wieso die Öffnung die Branche nicht rettet:
Sie reagiert ganz schnell. Noch am Morgen nach der Verkündung, dass die Friseure ab dem 1. März wieder arbeiten dürfen, postet Tanja Weber-Hillebrandt ihre Telefonnummer im Netz mit dem Aufruf: „Termine vergeben wir ab jetzt!“ Die Olsbergerin betreibt den Salon Weber an der Hauptstraße. Sie ist froh, dass derCorona-Lockdown für sie bald vorerst zu Ende geht. Trotzdem spricht sie von harten Wochen und kritisiert die ausbleibenden Hilfen.
„Seit heute morgen um sieben Uhr mache ich nichts anderes, als Termine zu vergeben und am Telefon zu sein. Selbst jetzt klopft wieder jemand an“, sagt Tanja Weber-Hillebrandt am Telefon. Sie sagt auch: „Gott sei Dank geht es weiter!“ Sie hatte gehofft, dass es schon am 22. Februar weitergehen werde, reagierte erst etwas enttäuscht auf die Wartezeit bis März. Trotzdem ist sie froh, dass es weitergeht – denn auch sie schließt sich den verzweifelten Aussagen einiger Friseure im Fernsehen und den Sozialen Netzwerken an.
Aussagen im Fernsehen kann sie nachvollziehen
„Diese Aussagen kann ich absolut nachvollziehen. Ich habe in den letzten acht Wochen absolut kein Geld bekommen oder eingenommen. Wir fallen durch ein Raster und werden auch noch für unsere Arbeit bestraft.“
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Damit meint Tanja Weber-Hillebrandt das letzte Wochenende im Dezember, kurz vor dem harten Lockdown. Samstag, Sonntag und Montag hat sie bis spät abends mit ihrem Team durchgearbeitet. Natürlich wegen des Geldes, vor allem aber um die Kunden zufriedenzustellen, denn gerade vor den Weihnachtsfeiertagen sei immer viel los. Genau dieses Wochenende sorgt dafür, dass sie die Hilfen, die versprochen werden, nicht beantragen will. Aus Angst.
Das Dilemma mit der Soforthilfe
Im ersten Lockdown, von März 2020 bis April 2020, hat sie die Soforthilfen von 9000 Euro bekommen. Als die Salons im Mai wieder öffnen dürfen, kann sie sich vor Arbeit kaum retten. Jeder will seine Lockdown-Frisur zurecht stutzen lassen. Doch für die Berechnung des Anspruches auf die Soforthilfe, werden die Monate März, April Mai oder April, Mai und Juni herangezogen.
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Im Mai 2020 verdient Tanja Weber-Hillebrandt nach den Lockerungen also zuviel für die Hilfen. Sie bekommt die Nachricht, dass sie die Soforthilfe bis März 2021 zurückzahlen muss – obwohl sie zuvor sechs Wochen lang keine Einnahmen hat. „Und dann machen wir im Dezember wieder zu. Keine Einnahmen. Alles, was man sich für die Rückzahlung der Hilfe weggelegt hat, wird jetzt im neuen Lockdown wieder aufgebraucht“, sagt sie. Zwar dürften die Soforthilfen jetzt bis September zurückgezahlt werden. Tanja Weber-Hillebrandt traut sich aber nicht, die Dezemberhilfen oder Januarhilfen zu beantragen. Aus Angst, diese wegen des arbeitsreichen Wochenendes vor dem Lockdown und den zahlreichen Terminen nach den neuerlichen Lockerungen abermals zurückzahlen zu müssen. „Ich habe Angst, diese Hilfen anzunehmen. Man wird für seine Arbeit bestraft.“
Wer keinen Partner habe, der ebenfalls Geld verdiene, stehe vor einem großen Problem. Kinder wollen versorgt werden, Lebensmittel müssten gekauft werden. „Mir gehört das Gebäude, in dem der Salon ist. Das bedeutet, ich muss im Januar allerhand Abgaben leisten, wie für die Gebäudeversicherung. Man wird für sein Eigentum fast bestraft, weil man für diese Ausgaben keine Hilfe beantragen kann.“
Kurzarbeitergeld ist noch nicht auf dem Konto
Zwei Monate lang hat Tanja Weber-Hillebrandt die Löhne für ihre Mitarbeiter vorgestreckt. Das Kurzarbeitergeld ist noch immer nicht auf ihrem Konto. Und der Azubi, den sie beschäftigt, fällt nicht einmal in das Kurzarbeitergeld.
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„Ich bezahle dem Azubi im Monat 700 Euro. Warum fallen diese Gehälter nicht unter die Kurzarbeiterregelung? Da überlege ich doch im Frühjahr, ob ich es mir noch einmal leisten kann, einen Azubi einzustellen, wenn wieder ein Lockdown anstehen könnte“, erklärt Tanja Weber-Hillebrandt.
Ihr Salon sei immer ein grundsolider Laden gewesen. Jetzt, während des Lockdowns, spürt sie die Belastung. Die Existenzängste. „Im Fernsehen wurde nichts dramatisiert!“, sagt sie. „Da schwillt die Wut. Das Dilemma mit den Soforthilfen wird nirgends kommuniziert. Darum flippen Friseure aus.“
Trotzdem will Tanja Weber-Hillebrandt nach vorne schauen. „Unsere Branche hat eine echte Perspektive. Wir wissen, dass uns die Kunden jetzt den Salon einrennen. In anderen Branchen sieht das anders aus.“ Sie will nach vorne schauen, sagt aber auch: Das jetzt geöffnet werde, löse bei weitem nicht alle Probleme.