Brilon. Das Tierheim in Brilon steht im Lockdown vor eigenen Herausforderungen. Wie die Vermittlungen stattfinden und wie sich die Arbeit verändert hat.

Kein Waffelverkauf, keine Besucher, keine Veranstaltungen – der Tierschutzverein Brilon ist seit dem zweiten Lockdown ein wenig aus dem Blickfeld der Öffentlichkeit verschwunden. Weitergehen muss es dort trotzdem. Wie und was das für das Team und die derzeit aufgenommenen 42 Katzen, drei Hunde und zwei Kaninchen bedeutet, berichtet die Leiterin des Tierheims, Carolin Meerpohl, im Gespräch mit der WESTFALENPOST.

Wie hat sich der Alltag für Sie in Ihrer Arbeit beim Tierheim in Brilon durch Corona und den Lockdown verändert?

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Wir haben strenge Hygienemaßnahmen. Das betrifft sowohl die personelle Zusammenstellung wie auch die Vermittlung von unseren Schützlingen. Wir haben zwei Teams gebildet, arbeiten mit Schutzmasken und halten die Abstandsregeln ein. Es gibt keine regulären Öffnungszeiten, Termine werden nur nach Absprache vergeben. Um unser Team vor einer Infektion zu schützen, dürfen keine Besucher in das Gebäude kommen. Wir haben ein corona-konformes Vermittlungsverfahren erstellt, das vom Ordnungsamt Brilon abgesegnet ist. Die Tiere sollen natürlich nicht unter der Situation leiden und nicht unnötig lange im Tierheim sitzen.

Wie läuft eine Vermittlung der Tiere zurzeit ab?

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Die Vermittlungen laufen bei Anfragen über Telefon, Mails, Bilder und Video. Es ist natürlich nicht dasselbe, wie wenn ein Interessent die Tiere vorab „live und in Farbe“ sehen und besuchen kann. Es ist jedoch momentan die einzige Lösung. Hat ein Interessent sich für ein Tier entschieden, bekommt dieser alle benötigten Unterlagen vorab kontaktlos per E-Mail zugesandt und bringt diese dann bei Abholung des Tieres wieder mit zurück. Unsere Tierärztin checkt jedes Tier vor der Abgabe noch einmal komplett und es wird eine schriftliche Abgabeuntersuchung für die neuen Besitzer ausgehändigt. Die Übergabe erfolgt natürlich mit Abstand. Die Schutzgebühren werden vorab per Überweisung beglichen. Bei der Hundevermittlung ist dies einfacher, da wir dort fast einen normalen Ablauf haben und die Vermittlungsgespräche auf unser großen Hundewiese mit viel Abstand stattfinden. Die Interessenten haben vorab wie zu Zeiten ohne Pandemie auch, die Möglichkeit mit dem Hund spazieren zu gehen und ihn so besser kennenzulernen.

Mit welchen coronabedingten Problemen haben Sie besonders zu kämpfen?

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Das größte Problem ist, dass die Interessenten für unsere Katzen und Kleintiere die Tiere nicht vorab besuchen können und nur auf Bildern und Videos sehen können. Eine Infektion eines Mitarbeiters wäre eine Katastrophe, da die Versorgung der Tiere gewährleistet sein muss. Wir versuchen, jeder Anfrage per Mail oder Telefon gerecht zu werden. Wegen der Aufteilung in zwei Teams und der zeitweise hohen Anfragen kann es da leider schon mal zu Verzögerungen kommen. Es ist einfach anonymer und aufwändiger, als einen Besucher in einem Vermittlungsgespräch vor Ort zu beraten.

Zoo-Mitarbeiter berichten von Verhaltensänderungen ihrer Tiere, seit wenig oder keine Besucher mehr kommen. Sehen Sie ähnliche Entwicklungen?

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Verhaltensauffälligkeiten direkt können wir nicht feststellen. Bei den Katzen merkt man jedoch schon, dass unsere Ehrenamtlichen sehr fehlen. Gerade bei den ängstlichen Katzen ist es wirklich toll, dass sich unsere „Katzenkuschler“ um diese Tiere kümmern und sich so der ein oder andere „Kandidat“ später als gar nicht so wild herausstellt. Das ist für die Vermittlung unbezahlbar und für die Tiere eine Möglichkeit, aus sich heraus zu kommen und Menschen zu vertrauen. Wir bekommen täglich Anfragen von engagierten Menschen, die uns gerne vor Ort helfen möchten. Es ist nicht schön und auch nicht einfach, diese aufgrund der Hygienemaßnahmen zum Schutz der Mitarbeiterinnen ablehnen zu müssen.

Wie wirkt sich die Situation auf die Spendenbereitschaft aus?

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Wir hatten zu Beginn der Pandemie wirklich Existenzsorgen, das darf man ehrlich sagen. Wir mussten von jetzt auf gleich die Vermittlungen einstellen, und die Hundepension ist bis heute nicht besetzt, da die Besitzer natürlich zuhause geblieben sind. Somit fehlten abrupt die Einnahmen, die wir dringend für die Versorgung der Tiere benötigen. Aber die Spendenbereitschaft hier ist wirklich kaum in Worte zu fassen. Wir sind jedes Mal sprachlos. Man darf ja nicht vergessen, dass sich viele selbst z.B. durch Kurzarbeit nicht in der besten finanziellen Situation befinden. Und trotzdem erreichen uns fortlaufend Geld- und Sachspenden. Auch die Wunschbaumaktion vor Weihnachten ist so gut angekommen, dass wir teilweise mehrfach fahren mussten, um all die Spenden von den Geschäften abzuholen. Wir sind mehr als dankbar und oft sehr gerührt, dass die Menschen trotz der Pandemie und ihrer eigenen Sorgen die Tiere nicht vergessen.

Man hört und liest immer wieder von Tieren, die besonders im Lockdown unüberlegt angeschafft werden, um die Langeweile zu überbrücken. Haben Sie in der Hinsicht ebenfalls Erfahrungen machen müssen?

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Die Anfragen sind nicht wesentlich im Vergleich zu den vorherigen Jahren gestiegen. Wobei wir grundsätzlich bei unseren Schützlingen eine gute Vermittlungsquote haben. Wir informieren natürlich ausführlich über die Anforderungen zur Haltung der Tiere, fragen nach den örtlichen Gegebenheiten und der Zeit, die investiert werden kann nach einem Lockdown und die Erfahrungen sind bisher durchweg positiv. Die Anfragen zum Helfen im Tierheim vor Ort sind jedoch gestiegen. Ich denke, wer sich ein Tier aus dem Tierschutz holt, hat den Gedanken dahinter auch verstanden und weiß, welcher Verantwortung man sich stellt. Ausnahmen gibt es natürlich immer, aber das ist unabhängig vom Lockdown.

Was wünschen Sie sich für die Zeit nach dem Lockdown?

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Zum einen, dass uns die Menschen weiterhin die Treue halten und sich für ein Tier aus dem Tierschutz entscheiden. Zum Anderen hoffen wir, dass wir keine Flut an ausgesetzten Tieren bekommen, die über Internetportale unprofessionell vermittelt worden sind. Das ist aktuell wirklich eine der größten Sorgen im Tierschutz.

Wer gibt Diara ein Zuhause?

Das aktuell größte Sorgenkind im Tierheim ist Presa Canario-Hündin „Diara“. Sie kam 2019 durch eine Sicherstellung in Obhut und war bereits einmal vermittelt, wurde aber zurückgegeben, da sie nicht alleine bleiben kann. „Diara“ ist kein typischer „Kuschelhund“, sondern aus einer Arbeitslinie gezüchtet. Das bedeutet, sie hat einen ihrer Rasse entsprechenden Jagdtrieb und braucht nicht nur körperliche, sondern auch geistige Auslastung, eine Aufgabe. Hinzu kommt, dass sie ein sehr großer, kräftiger Hund ist und über zwei Meter hohe Zäune klettern kann.

„Diara“ sitzt völlig unverschuldet im Tierheim, sie liebt Menschen und bindet sich schnell an sie. Sie leidet sehr, und ihr fällt das Alleinsein noch viel schwerer. Im Zwinger ist sie Artgenossen gegenüber aus Eifersucht unverträglich, dies sieht aber außerhalb des Tierheims wieder ganz anders aus. In Brilon ist sie kein Anlagehund, allerdings in vielen anderen Kommunen, was eine wegen der Haltungsauflagen noch erschwert.

Sie besitzt einen guten Grundgehorsam, fährt gerne Auto. Hauptsache sie ist bei „ihrem“ Menschen. Schön wären sportliche Hundeliebhaber, die bereit wären, ihr zusätzlich geistigen Input zu ermöglichen, zum Beispiel beim Man-Trailing. Die Hündin leidet sehr unter der Zwingersituation und das Tierheim-Team in Brilon hofft, dass sie endlich ein „Für-immer-Zuhause“ bekommt.

Wer sich für „Diara“ interessiert, kann auf der Homepage des Tierheims unter https://tierheim-brilon.de/diara/ die wichtigsten Informationen nachlesen. Kontakt: per Telefon (ab 13 Uhr) unter 02961 – 18 78 oder per mail an info@tierheim-brilon.de.