Altkreis Brilon/Hallenberg. Mit großer Sorge verfolgen die Freilichtbühnen in ganz Deutschland die aktuelle Corona-Entwicklung. So denkt man in Hallenberg über die Zukunft:

„Ich glaube und hoffe, dass die Bühnen in der nächsten Saison spielen werden – allerdings nicht so, wie wir es aus der Zeit vor der Pandemie kennen“, sagt Heribert Knecht. Er ist Vorsitzender des Regionalverbandes Nord der Deutschen Freilichtbühnen, Vizepräsident des Bundesverbandes und Präsidiumsmitglied im Bund Deutscher Amateurtheater. Eigentlich sollte in diesen Tagen die Verbandstagung in Otternhagen bei Hannover stattfinden. Doch Corona hat einen Strich durch die Rechnung gemacht.

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„Wir hatten namhafte Vertreter von Bund und Land u. a. sogar aus dem Bundeskanzleramt eingeladen, um über dringende Probleme zu sprechen. Aber die aktuelle Entwicklung ließ das nicht zu“, sagt Knecht. Eigentlich werden diese Tagungen genutzt, um die Weichen für die zukünftige Arbeit der Freilichttheater zu stellen. Um in Arbeitskreisen (z.B. Maske, Technik, Stimmbildung) an der Qualität der Bühnen zu arbeiten und um vereinstechnische Regularien abzuarbeiten. „Wir werden nun die Tagung am 27. November als Videokonferenz abhalten – natürlich ohne Workshops.“

Es sind viele Dinge, die den Open-Air-Theatern auf den Nägeln brennen und ein Erfahrungsaustausch wäre gerade jetzt wichtiger denn je gewesen. 43 Mitgliedsbühnen zwischen Lilienthal bei Bremen und Bad Schwalbach in Nordhessen bzw. zwischen Münsterland und Niedersachsen gehören allein dem Verband Nord an. Darunter z.B. auch die Freilichtbühnen in Hallenberg und Herdringen. 48 Theater kommen noch mal für den südlichen Verband hinzu.

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Kleinere Inszenierungen

„Die Kollegen im Süden haben die Tagung noch als Präsenzveranstaltung ausgerichtet. Ein Trend war im Rahmen der Sitzung ganz deutlich zu erkennen: Viele werden 2021 nicht das Programm spielen, das sie in diesem Jahr auf Eis legen mussten“, sagt Knecht. Der Spielplan werde sich den Corona-Bedingungen anpassen müssen. Das bedeute: Die Bühnen planen mit Stücken in kleinerer Besetzung; manche wollen lieber drei kleine Inszenierungen wagen als zwei große. Wer den Bühnenbetrieb kennt, weiß, dass sich die Akteure zwangsläufig auch hinter der Bühne begegnen. Und das darf natürlich nur auf Abstand geschehen.

Nicht zu vergessen ist die Situation im Zuschauerraum. Heribert Knecht. „Die Zuschauerplätze müssen natürlich, wenn die Vorgaben sich nicht ganz gravierend verändern, unter Beachtung der Abstandsregeln reduziert werden. Was natürlich zwangsläufig wieder zur Folge hat, dass die Eintrittseinnahmen erheblich sinken. Das kann auch ein Amateurtheater, trotz ungeheurem, ehrenamtlichen Engagement, in Existenznöte bringen. Dann wird Hilfe dringender denn je.“

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Die Überlegungen auf der Bühne gehen hingegen sogar soweit, dass den Regisseuren in Absprache mit den Urhebern mehr Interpretationsfreiraum eingeräumt werden soll, um Szenen mit Körperkontakt – Liebes- oder Kampfszenen – Corona konform abzuwandeln. Dazu bedarf es Absprachen mit den Verlagen, die in dieser Krise auch zu den Verlierern gehören. „Streng genommen müssten die Verlage für die vertraglich geregelte Spiel-Erlaubnis ihrer Stücke von den Bühnen eine Mindestgebühr erheben – auch wenn in diesem Jahr gar nicht gespielt wurde. Das hat aber kaum einer gemacht. Vieles, was in schriftlicher Form vereinbart war, wurde mit großer Kompromissbereitschaft auf beiden Seiten geregelt“, so Knecht.

Zeitrahmen wird sich nach hinten verschieben

Im März bringt der Freilichtbühnenverband eigentlich immer seinen Veranstaltungskalender in einer Auflage von 60.000 Exemplaren mit einer Übersicht mit den aller Stücken und Aufführungsterminen aller Mitgliedsbühnen heraus. Daraus wird diesmal nichts. Das Prospekt wird nur online erscheinen. „Wir befürchten, dass zum Redaktionsschluss Mitte Januar die Planungen an den einzelnen Bühnen noch gar nicht abgeschlossen sein werden. Der ganze Zeitrahmen wird sich nach hinten verschieben. In diesem Jahr waren die Prospekte fertig und vierzehn Tage später eigentlich überflüssig, weil es eine Absage nach der anderen gab“, sagt der Verbandsvorsitzende. Das waren ärgerliche und hohe Kosten, zumal auch dem Verband allein in der Region Nord in diesem Jahr rund 37.000 Euro aus den Mitgliedsbeiträgen der Bühnen fehlen werden. Pro verkaufter Eintrittskarte gehen normalerweise acht Cent an den Verband. Keine Tickets, keine Einnahmen, kein Mitgliedsbeitrag.

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Nach wie vor hoffen die Bühnen im Verband Nord auf mehr Unterstützung von politischer Seite. So geht es z.B. um eine Gleichbehandlung zwischen Bühnenvereinen und Sportvereinen in puncto Abstandhalten. Auch die Frage, ob Bühnen, die schon große finanzielle Vorleistungen für eine letztlich ausgefallene Saison getätigt hatten, auf Unterstützung (durch das Land) hoffen können, ist noch ungeklärt. „Ich sehe ein, dass das momentan alles schwierig ist. Aber ich habe dahingehend Gespräche mit dem Ministerium geführt und auch die heimischen Abgeordneten eingeschaltet. Hoffentlich scheitern solche Unterstützungsmöglichkeiten nicht am Kleingedruckten“, so Knecht.

Ob die Hallenberger Bühne in 2021 – dem Jahr ihres 75-jährigen Bestehens - die in diesem Jahr abgesagte Passion nachholen kann, steht nach wie vor in den Sternen. Für vergangenes Wochenende war die Generalversammlung anberaumt; auch sie wurde wegen Corona verschoben.