Brilon. Fünf Gastronomen aus Brilon kämpfen um ihre Zukunft. Der Corona-Lockdown trifft sie hart. Was sie zu sagen haben und wie Jeder jetzt helfen kann.

Unverständnis. Frust. Und ein bisschen Verzweiflung. Das eint die Gastronomen in Brilon im Corona -Teil- Lockdown , den die Bundesregierung über Deutschland verhängt hat – und der die Gastronomie hart trifft. Die WESTFALENPOST will die Gastronomen unterstützen – und gibt ihnen eine Stimme und die Möglichkeit, sich bei ihren loyalen Gästen zu bedanken – mit einer besonderen Aktion. Jeder Gastronom verlost Gutscheine für die Zeit nach dem Lockdown – als Zeichen der Hoffnung, des Zusammenhalts. Denn einig sind sich alle: Es muss danach weitergehen!

Kommentar- Solidarität zeigen!

Jedes einzelne Gespräch mit den Briloner Gastronomen war für mich eindrücklich. Sie alle gehen anders mit der Krise um, manche organisieren To-Go-Angebote, manche nicht. Manche sind ernst, manche reagieren mit Humor. Sie alle eint die Unsicherheit über ihre Zukunft. An uns als ihre Gäste ist es jetzt, zusammenzustehen und zu helfen. Indem wir Oma zu Weihnachten einen Restaurant-Gutschein schenken. Indem Chefs dem Appell folgen und Mitarbeitern eine Gutschein-Weihnachtsfeier schenkt. Indem wir die Werbetrommel rühren. Indem da sind und unsere Gastronomen unterstützen. Damit sie in Zukunft noch unsere Stadt zur Heimat machen! Von Jana Naima Schopper

Hotel zur Post

„Wir geben sieben Tage die Woche 15 Stunden lang Gas. Dann in den absoluten Stillstand. Verrückt.“ Volker Gierse lacht und schüttelt gleichzeitig den Kopf. Der Betreiber des „Hotel zur Post“ in Brilon sitzt im leeren Schankraum. Seine Mitarbeiter sind in Kurzarbeit – ausnahmslos. Noch im ersten Lockdown überlegt er, wie er seine Mitarbeiter weiter beschäftigen kann. Er pachtet die Frittenbude „Kombüse 20“, renoviert sie. Sein Rettungsanker. Jetzt sorgt sie im zweiten Lockdown für mäßig Beschäftigung. „Die Leute haben keine Lust auf der Straße zu stehen, da darf ja auch niemand rein“, sagt Volker Gierse. Schon während des ersten Lockdowns organisiert er einen Außer-Haus-Verkauf. Aber die Getränkeumsätze fehlen. Der Hotelbetrieb fehlt.

Auch interessant

„Das ist ein Fass ohne Boden, ein Zuschussunternehmen. Wie ein Ablenkungsmanöver“, sagt Carina Tillmann, Partnerin von Volker Gierse und Mitbetreiberin. „Die Politik ist sich nicht bewusst, wie sehr sie uns sanktioniert.“

Gutscheine gewinnen

Jeder der fünf Gastronomen verlost je zwei Gutscheine im Wert von 25 Euro. Andreas Piorek verlost dazu einen Gutschein für einen Kochkurs in der Kochschule Kulinarium. Wer mitmachen will, kann eine Mail mit dem Stichwort Gastronomie an brilon@westfalenpost.de oder eine Postkarte an die WP-Redaktion, Derkere Straße 4, 59929 Brilon, senden. Name, Adresse und Telefonnummer angeben! Einsendeschluss ist der 18. November.

Man habe alle Hygiene-Maßnahmen umgesetzt. Literweise Desinfektionsmittel gekauft. Die Daten der Gäste eingesammelt, am Abend Tischpläne gezeichnet. „Unsere Mädels im Sommer, dass die bei der Arbeit mit Maske in der Hitze nicht kollabiert sind“, sagt Volker Gierse bewundernd. Er sagt auch, dass sie jetzt erstmal abwarten, was kommt. „Aufgeben steht nicht in unserem Wortschatz.“

Tommy’s

Thomas „Tommy“ Hillebrand rührt in seinem Cappuccino. „Wir waren schon davon ausgegangen, dass wir wieder schließen müssen“, sagt er sachlich. Ihm geht es wie beim ersten Lockdown. Die Ungewissheit zermürbt. Viele Gäste seien traurig gewesen. Vor dem Lockdown seien sie alle noch einmal gekommen. So zahlreich, dass er einige wieder habe wegschicken müssen. All die großen Weihnachtsfeiern – abgesagt. Das Weihnachtsgeschäft ist eines der wichtigsten für die Gastronomen, auch wegen der Firmen-Weihnachtsfeiern. Der Umsatzverlust tut weh. Zwar habe er im Sommer viel aufholen können. „Wir gehen aber nicht mit einem Plus da raus.“ Die laufenden Nebenkosten, private Fixkosten. Das würde ja nicht einfach mitaufhören. „Wir haben Existenzangst. Sie kommt vielleicht langsam, weil wir so lange im Geschäft sind. Aber sie kommt.“

Van Soest

„Das ist keine einfache Sache“, sagt Laura van Soest. Sie hat erst vor zwei Jahren das Restaurant Van Soest von ihren Eltern übernommen. Im Januar kommt der Lockdown mit voller Wucht. Ein guter Sommer folgt. Jetzt der zweite Lockdown. „Ich bin ein bisschen enttäuscht. Wir haben unser bestes getan, um ein Hygienekonzept umzusetzen.“ Sie bekommt viel Unterstützung im Lockdown. Von ihrem Partner und ihrer Familie im Betrieb. Von den Kollegen in der Briloner Gastronomie. Von den Stammgästen bei den Außer-Haus-Bestellungen. „Manchmal haben unsere Gäste zweimal an einem Wochenende bestellt. Das war schon ein schönes Gefühl, ein so tolles Feedback zu bekommen.“ Auch jetzt bietet sie wieder Außer-Haus-Bestellungen an. Man habe sich über Wasser gehalten. Aber das Ostergeschäft fehlt. Das Muttertagsgeschäft.

Auch interessant

Und Weihnachten? „Ich glaube nicht, dass wir dann wieder öffnen werden.“ Sie wünscht sich mehr Unterstützung vom Staat. Klare Regelungen. „Ich habe mit meinem Steuerberater über die 75 Prozent Umsatzanteile gesprochen, die an Gastronomen ausgezahlt werden sollen. Wir sehen das zwiegespalten. Gibt es da einen Haken, wie bei der ersten Soforthilfe? Wir halten die Füße erstmal still.“

Almer Schlossmühle

Sechs Tage verstreichen während des ersten Lockdowns. Dann hat sich Martin Steiner von der Almer Schlossmühle aufgerappelt und ein To-Go-Angebot erstellt. Auch jetzt liefert er wieder Menüs. „Es gab überwältigendes Feedback. Meine Gäste treiben mich an“, sagt er. Der Gastronom steht allein mit seinem Lehrling in der Küche. Alle Mitarbeiter sind in Kurzarbeit. Vor dem Lockdown hat er viel Geld in die Hand genommen, um Desinfektionsmittel zu besorgen, die Lüftungsanlange umbauen zu lassen. Martin Steiner schweigt einen Moment. „Ganz ohne Hilfe werden wir es nicht schaffen. Das ist utopisch.“ Er versteht – wie alle seine Kollegen – dass diese Maßnahmen getroffen werden müssen. Das überhaupt etwas getan werden muss. Ihn frustriert das Warten. Die Ungewissheit. Ob im Dezember geschlossen bleibt? „Das will ich mir nicht ausmalen.“

Jägerhof

„Ich habe nicht gedacht, dass wir noch einmal schließen müssen“, sagt Andreas Piorek vom Briloner Jägerhof. Ein bisschen Ruhe tut mal gut, sagt er. Er will die Zeit nutzen, um seine Küche zu renovieren. Daher will er auch keinen Außer-Haus-Verkauf anbieten, obwohl dieser beim ersten Lockdown so gut gelaufen sei. Vielleicht im Dezember, wenn es dann zu bleibt. „Wir werden die Zahlen nicht runterdrücken, nur weil unsere Lokale schließen. Wir waren nicht die Hotspots!“

Auch interessant

Zwar sei der November nicht der umsatzstärkste des Jahres, der Dezember sei allerdings wichtig. Besonders, nachdem der erste Lockdown schon Feiertagsgeschäfte eingerissen hätte. „Wir haben natürlich etwas auf die Seite gelegt über die letzten Jahre. Aber dieser Puffer war nicht dafür da, diesen Lockdown aufzubessern“, sagt Andreas Piorek. Es geht an die Zukunft der Gastronomen. Das ist jedem von ihnen klar. Vielleicht halten sie deswegen so zusammen. „Wir tauschen uns aus. Wir helfen uns aus. Auch jetzt!“

Die Gastronomen richten einen Appell an die Unternehmen der Region: Statt Weihnachtsfeiern können Gutscheine für die Mitarbeiter gekauft werden. Als Geste und als Unterstützung für die Briloner Gastronomie. „Ein Unternehmen hat tatsächlich schon 25 Gutscheine für seine Mitarbeiter bei mir gekauft“, sagt Martin Steiner. Gutscheine können als Weihnachtsgeschenk telefonisch bestellt werden.