Winterberg. Teils drohten hohe Strafen: Wieso das Winterberger Ordnungsamt während des Corona-Lockdowns besonders Ferienwohnungen überprüfte.

Vielen Branchen hat Corona Kurzarbeit beschert – doch andere hatten plötzlich mehr zu tun denn je. Auch die städtischen Ordnungsämter sahen sich vielen neuen Aufgaben konfrontiert. „Wie hat das Ordnungsamt für Ordnung gesorgt?“ Diese Frage stellte die WP dem Leiter des Winterberger Ordnungsamts, Joachim Sögtrop.

Gewohnte Abläufe durcheinandergeworfen

Normalerweise arbeiten im Ordnungsamt der Stadt drei Vollzeitkräfte und zwei Politessen. Sie kümmern sich um die öffentliche Sicherheit und Ordnung – ein weites Feld, das vom Falschparken bis zum illegalen Müllabladen reicht. Corona sorgte für viele neue Aufgaben – „denn mit Infektionsschutz und Hygieneregeln haben wir als Ordnungsbehörde normalerweise nichts zu tun“ – und auch für sich schnell und oft ändernde Vorgaben. Das warf gewohnte Abläufe nicht nur bei der Stadt durcheinander.

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„Auch beim Kreis und beim Land wurde hart gearbeitet“, lobt Sögtrop. „Da gab es auf Mails auch noch kurz vor Mitternacht oder samstags um 6.30 Uhr eine Antwort. Auch hier im Rathaus war sichergestellt, dass immer ein Ansprechpartner erreichbar ist.“

Falschparker konnten während der Hochzeit der Krise ruhig schlafen; es galten andere Prioritäten. Die Polizei leistete dem Ordnungsamt gegebenenfalls Vollzugshilfe. „Wir haben eng zusammengearbeitet, vor allem an Ostern, Pfingsten und an den Brückentagen“, sagt Sögtrop. Die Polizei habe dann in der Fläche kontrolliert, das Ordnungsamt in Teams an den neuralgischen Punkten wie dem Kahlen Asten, dem Hillebachsee, an den Wanderhütten und auf der Kappe.

Einzelhandel und Gastronomie: Lieferangebote sorgen für Arbeit

Zu Beginn der Krise stand das Kontaktverbot im öffentlichen Raum im Fokus: Sechs Personen, die als Gruppe unterwegs waren, kassierten Bußgelder. Insgesamt eine Seltenheit: Außer gegen diese Gruppe wurde in Winterberg später nur noch gegen einen gastronomischen Betrieb ein Bußgeld verhängt, in dem die Erfassung der Kunden-Kontaktdaten dauerhaft nicht klappte.

Insgesamt hätten sich die Bürger an die Regeln gehalten, viele hätten auch Hinweise auf tatsächliche oder vermeintliche Verstöße gegeben.

Auch die Betriebe seien sensibel gewesen. „Die meisten haben angefragt: ,Könnt ihr vorbeikommen und schauen, ob wir die Vorgaben richtig umgesetzt haben?‘“.

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Viel Zeit floss in Gespräche über und Kontrollen von Abständen und Laufwegen – zuerst in den Lebensmittel- und Baumärkten, später in anderen Betrieben. Viele Gastronomen setzten auf Mitnahme- und Lieferangebote, „auch das hat viel Zeit gekostet.“

Als die Restaurants öffnen durften, habe es wieder hohen Beratungsbedarf gegeben. Dauerbrenner-Thema: „Der Mindestabstand von 1,5 Metern gilt zwischen den Stuhllehnen, nicht den Tischkanten“, stellt Sögtrop klar. Auch andere Branchen brauchten Unterstützung: „Anfang Mai sind unsere Politessen eine Woche lang hauptsächlich Frisörbetriebe abgefahren.“

Ferienwohnungen: Auf der Suche nach fremden Kennzeichen

Keine Touristen in Winterberg: Mitte März war das plötzlich Realität. „Vor allem am Anfang haben wir viele Hinweise bekommen auf genutzte Ferienwohnungen. Alle zu kontrollieren, wäre bei 3000 Zweitwohnungssitzen aber unmöglich gewesen.“

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Zumal Privatleute von außerhalb ihre eigene Immobilie nutzen durften – es gab einen Appell der Stadt, aber kein Verbot. Die Bußgelder für verbotene touristische Nutzung waren hoch. „Es wären 4000 Euro fällig gewesen.“ Das habe der Vermieter abwenden können, indem er den Gast wie gefordert unverzüglich zur Abreise aufforderte.

Die hoch angesetzten Bußgelder hätten gewirkt. 200 Euro, meint Sögtrop, hätte mancher vielleicht riskiert. 4000 Euro plus eine Strafe für den Gast nicht. Über Ostern durchstreifte das Ordnungsamt verstärkt die Ferienhausgebiete auf der Suche nach Hinweisen wie ortsfremden Kennzeichen. Gut 100 Anrufe von Ferienwohnungs-Besitzern zählte die städtische Hotline. „Der kurioseste kam von einer Dame aus dem Ruhrgebiet. Sie fragte, ob sie ihre Ferienwohnung ganz kurz betreten dürfe – denn nur dort habe sie noch Toilettenpapier gelagert.“

Freizeitbetriebe: Einige Tage Vorlaufzeit einräumen

Hin und wieder wurden die Verantwortlichen von der dynamischen Lage überholt. Da konnte es passieren, dass eine Änderung um 22 Uhr bekanntgegeben wurde, die am nächsten Morgen gelten sollte. „Hätten wir immer auf den behördlichen Dienstweg gewartet, wären wir oft nicht schnell genug gewesen.“

Auch bei der Öffnung der Freizeitbetriebe ging es plötzlich hurtig. Die Nachricht, dass diese ab dem kommenden Montag wieder öffnen durften, erreichte Joachim Sögtrop an einem Samstagmittag. Mit dem Hinweis, dass ein Hygienekonzept einzuhalten und das Ordnungsamt zuständig sei – aber ohne ein Muster oder eine Vorlage für ein solches Hygienekonzept. „Das mussten wir selbst zusammenbasteln und hatten auf einen Schlag 15 Anträge von Betriebe auf Wiedereröffnung.“

Insbesondere in jener Woche brauchte das Ordnungsamt Hilfe aus anderen Rathaus-Fachbereichen.

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Eine tägliche, von Kreis moderierte Telefonkonferenz mit allen Ordnungsamts-Leitern im HSK wurde eingerichtet. „Alle Kommunen hatten ja dieselben Fragen: Was muss in den Konzepten drinstehen, wie soll geprüft werden?“

Bis die ersten Freizeitbetriebe tatsächlich öffnen konnten, brauchte es einige Tage Vorlaufzeit. „In der Woche vor Pfingsten und über Pfingsten war ich dann mit Kollegen allein sechs Mal an der Kappe.“ Immer wieder wurde geschaut: Wo muss nachgebessert werden, nachdem gleich zu Beginn so enormer Andrang herrschte? Von der eingeschränkten Liftkapazität bis zur Abtrennung von Warte- und Imbissbereichen gab es dutzende Dinge zu beachten.

Und irgendwann… gab es eine neue Verordnung, nach der die Hygienekonzepte nicht mehr vom Ordnungsamt genehmigt werden mussten. Stattdessen sollten die Betriebe ihre Konzepte nun beim Gesundheitsamt anzeigen. „Dann war über Nacht der HSK für die Betriebe zuständig. Das wussten die Leute dort morgens selbst noch nicht.“

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