Brilon. Die Schützenfest-Saison 2020 im Altkreis Brilon fällt wegen Corona aus. Es gibt noch offene Fragen – und Überlegungen für Alternativlösungen.
Für die Spitze des Kreisschützenbundes Brilon ist es eine Sache des Anstandes und des Miteinanders: „Wenn wir Verluste von Vereinsmitgliedern oder Arbeitsplätzen zu beklagen hätten, wem steht dann noch der Kopf nach einem Schützenfest?“
So hatten es Kreisoberst Rüdiger Eppner und der KSB-Vorstand schon Ostern auf der KSB-Homepage formuliert. Und dazu steht Eppner heute erst recht: Mit dem am Mittwoch bundesweit verhängten Verbot von Großveranstaltungen von dem Hintergrund der Corona-Krise ist seiner Meinung nach nun auch formalrechtlich die Schützensaison 2020 gelaufen.
Begriff „Großveranstaltung“ nicht gesetzlich definiert
Das sieht Ludwig Albracht, Hauptmann der St. Markus-Bruderschaft Beringhausen und von Haus aus Anwalt, auch so. Zwar sei der Begriff „Großveranstaltung“ nicht gesetzlich definiert. Aber bei der Begriffsbestimmung komme es nicht unbedingt auf die Anzahl der Besucher an, sondern darauf, wie viel Raum zur Verfügung stehe.
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Albracht: „Wenn ich dann an das Gedränge in unseren Hallen und insbesondere vor den Theken denke, bin ich relativ sicher, dass in unserem Einzugsgebiet auch das jährliche Schützenfest als Großveranstaltung im Sinne der Verbotsanordnung angesehen werden wird."
Warten auf Handlungsempfehlungen
Allein: Noch immer warten die Schützenbruderschaften und -vereine auf eine Handlungsempfehlung von ganz oben, sprich: dem Sauerländer Schützenbund (SSB). Für Donnerstagabend hatten sich die Vorstände der sieben im SSB zusammengeschlossenen Kreisschützenverbände zu einer Telefonkonferenz verabredet. Eppner: „Wir wollen eine für alle Kreise einheitliche Regelung."
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Eppner selbst wäre an diesem Wochenende in Schützenmission international unterwegs gewesen, bei der Frühjahrstagung der Europäischen Gemeinschaft Historischer Schützen (EGS) im belgischen Deinze. Dort findet im kommenden Jahr das Europaschützenfest der EGS statt. Die Frühjahrstagung der rund 170.000 Mitglieder zählenden Vereinigung, in deren Rahmen auch ein Besuch des Europa-Parlaments in Brüssel bei dem heimischen MdEP Peter Liese geplant war, ist abgesagt worden. Das gleiche Schicksal dürfte wohl auch die für den 21. und 22. August in der Balver Höhle angesetzte Herbsttagung der EGS treffen.
Aus auch für die Schnade
Aus und vorbei heißt es damit auch für die Briloner Schnade. Das ist zwar eine städtische Veranstaltung, aber „Schnade ohne Schützenfest, das geht nicht“, so Bürgermeister Dr. Christof Bartsch zur WP. In diesem Jahr an der Reihe wäre die Schnade mit Rüthen und Alme und dem Lagerplatz an Sommers Seite oberhalb der B 480 bei Wülfte. Wenngleich auch die NRW-spezifische Ausgestaltung der bis zum 31. August verlängerten Einschränkungen des öffentlichen Lebens letztlich „noch nicht scharf gestellt“ sei, ist seiner Ansicht nach auch eine Freiluftveranstaltung wie die Schnade „garantiert nicht möglich“.
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Und selbst wenn: „Entweder machen wir beides oder beides nicht.“ Das habe er so auch mit dem Major der St.-Hubertus-Bruderschaft Herbert Jätzel vereinbart. Und auch der sieht es so wie der Kreisvorstand: In einer Zeit wie dieser „gehört es sich nicht, mit Pauken und Trompeten durch die Stadt zu ziehen“. Denkbar sei, dass später im Jahr die Schützen untereinander Kompaniefeste veranstalten.
Verlesen eines Rezesses in kleinem Kreis an einem Grenzstein
Sang- und klanglos ausfallen lassen will Bürgermeister Dr. Bartsch die Schnade aber ebenso wenig wie die Hansetage. Zumindest symbolisch soll an den 1388 erstmals dokumentierten Grenzbegang erinnert werden - etwa durch das Verlesen eines Rezesses in kleinem Kreis an einem Grenzstein.
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Diese traditionelle Zeremonie, so Dr. Bartsch, könnte per Internet übertragen werden. Was die Corona-Krise wohl bewirkt, ist die Änderung des Schnade-Rhythmus. Denn die jetzt ausfallende Etappe sollte, so der Bürgermeister, nicht einfach übersprungen, sondern in zwei Jahren nachgeholt werden.
150-Jähriges nachholen
Nachholen wollen auch die Olsberger St.-Michael-Schützen ihr 150-Jähriges. Das sollte eigentlich im Rahmen des Hochfestes vom 26. bis 29. Juni gefeiert werden. Die Entscheidung, das Jubiläum zu verlegen, sei intern bereits vor Ostern gefallen, so Major Tobias Klauke zur WP. Man habe schon frühzeitig die Verträge stornieren wollen. Ebenfalls auf Eis gelegt, um sich derzeit keine Kosten ans Bein zu binden, haben die Schützen den Druck der neuen Chronik.
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Das spätere Erscheinen hat auch sein Gutes: Denn dann können die beiden Gruppenfotos mit den ehemaligen Königen und dem Vorstand der Bruderschaft nachgeholt werden. Der Fototermin für die insgesamt rund 80 Schützen stand bereits - doch dann kam das Kontaktverbot, und nichts ging mehr. Zum Glück hielten sich die Schützen an die Regeln. Denn wie sich unmittelbar danach herausstellte, war einer von ihnen Covid-19 positiv. Mittlerweile sei aber bei ihm alles wieder gut, sagt der Major. Wie Tobias Klauke gegenüber der WP sagte, stehen die Olsberger St.-Michael-Schützen bereit, das Kreisschützenfest auch zu einem späteren Termin auszurichten. Denn ob das Fest wie geplant vom 11. bis 13. September, gerade einmal zwei Wochen nach dem am Mittwoch verkündeten Verbotsstichtag, stattfinden kann, steht in den Sternen. Es wäre nach 1984 das zweite Mal, dass das Fest in Olsberg stattfindet.
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Der KSB Arnsberg hat sein in Herdringen geplantes Kreisfest bereits abgesagt, obwohl das eine Woche nach dem in Olsberg angesetzt war. Eine Verschiebung um ein Jahr ist wegen der festen Abfolge von Stadt-, Kreis- und Bundesfesten nach Ansicht von Klauke kaum machbar.
Wie sagte der Briloner Schützenmajor im Zusammenhang mit der Absage des Hochfestes der St. Hubertus-Bruderschaft und der Schnade doch noch? „Der heute und in dieser Zeit gemeinsam geübte Verzicht auf Gewohntes ist die Grundlage dafür, dass wir absehbar zurückfinden in die Normalität, die wir uns alle wünschen.“