Brilon/Hochsauerlandkreis. 700 Anrufe pro Tag: Hubertus Martin sitzt an der HSK-Corona-Hotline. Er erzählt von Testfragen, wütenden Anrufern und Hoffnung.

Manchmal stand das Telefon nicht mehr still: Hubertus Martin arbeitet eigentlich in der Fachstelle Sexuelle Gesundheit beim Gesundheitsamt des Hochsauerlandkreis. Er berät über Aids, betreibt Prävention in Schulen. Jetzt sitzt er den ganzen Tag am Telefon und beantwortet alle Fragen zu Corona, die die Menschen in der Corona-Hotline des Kreises stellen. Hier erzählt er von seinem neuen Alltag.

Die Hotline des Hochsauerlandkreises ist nur für gesundheitliche Fragen zuständig. Sie ist zu erreichen unter 0291-942202. Die Sprechzeiten: Montag bis Donnerstag von 8 bis 15.30 Uhr. Freitags von 8 bis 13 Uhr. Samstag und Sonntag jeweils von 9 bis 13 Uhr.

Wer arbeitet eigentlich für die Corona-Hotline?

Angefangen haben wir mit fünf oder sieben Kollegen, mittlerweile sind es um die 20. Die Zahl wurde schnell erweitert, als immer mehr Fragen aufgekommen sind.

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Wir arbeiten alle für das Gesundheitsamt und haben einen medizinischen Hintergrund. Da steckt eine ganze Bandbreite dahinter, ich beispielsweise arbeite ja eigentlich für die Aidsberatung. Wir sitzen aber nicht alle in einem Büro, wie man sich das manchmal vorstellt. Jeder hat sein eigenes Büro und die Anrufe werden dann in die freien Leitungen durchgestellt.

Wieviele Anrufe kommen denn täglich herein?

Ich bin seit zwei Wochen dabei. Am Anfang war das schon sehr extrem, besonders in der Zeit, als alles noch sehr ungewiss war. Da kamen manchmal im Durchschnitt 700 Anrufe am Tag rein. Ich war also von 8 Uhr bis 15.30 Uhr am Telefon, meistens ohne Pause. Manchmal kamen sogar Anrufe außerhalb des Kreises bei uns an.

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Hat sich die Lage etwas beruhigt seitdem die Bundesregierung die ganzen Maßnahmen für die Menschen und Unternehmen beschlossen hat?

Ja, vor zwei Wochen war der Panikfaktor höher. Diese Woche ist es ruhiger. Jetzt kommen nur noch Anrufe mit einem gewissen Hintergrund. Es gibt jetzt ja auch andere Anlaufstellen. Die Stadt Winterberg hat ja beispielsweise schon eine Hotline eingerichtet. Viele erkundigen sich mittlerweile im Netz. Und ich habe auch mal eine Pause von 15 Minuten zwischen den einzelnen Anrufen.

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Wonach fragen die Menschen, wenn sie die Hotline anrufen?

Die meisten Anrufe sind Testanfragen. Besonders am Anfang wollten die Leute mit einem leichten Kratzen im Hals und einem Schnupfen direkt einen Test.

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Wir erkundigen uns dann, ob die Anrufer in Risikogebieten waren und ob im engsten Kontaktkreis ein Infizierter bestätigt ist. Dann wird über einen Test entschieden. Jedem, auf den diese Kriterien nicht zugetroffen haben, haben wir an den Hausarzt verwiesen, der ohnehin der erste Ansprechpartner für alle ist.

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Hatten Sie viele Anrufe, die eigentlich nicht dem Anliegen der Hotline zur Beratung über den Coronavirus entsprochen haben?

Wir hatten alle möglichen Anrufe. Gewerbetreibende haben uns angerufen und gefragt, ob sie noch Essen ausliefern dürfen. Physiotherapien und Fußpflegen haben bei uns angefragt, ob sie ihr Geschäft offen lassen dürfen. Manche Firmen haben angerufen und gesagt, dass sie ihre Arbeit nun in Schichten aufteilen und wie sie ihre Mitarbeiter schützen können. Wie sie desinfizieren sollen. Wir verweisen dann auf die zuständigen Ansprechpartner.

Hotline nur für gesundheitliche Fragen

Die Hotline des Hochsauerlandkreises ist nur für gesundheitliche Fragen zuständig. Sie ist zu erreichen unter 0291-942202. Die Sprechzeiten: Montag bis Donnerstag von 8 bis 15.30 Uhr. Freitags von 8 bis 13 Uhr. Samstag und Sonntag jeweils von 9 bis 13 Uhr.

Was war denn die verrückteste Frage, die sie bekommen haben?

Manche haben angerufen um darauf hinzuweisen, dass sie eine Gruppe von zehn Leuten draußen auf der Straße gesehen haben, obwohl man ja Abstand halten soll. Das kam aber bei mir nur in zwei Fällen vor. Das ist die absolute Ausnahme. Manche haben zum Beispiel auf die Grundsicherung gedrängt und gesagt, dass sie sonst auf die Straße müssten um zu betteln und sich dann bestimmt mit Corona anstecken würden. Manchmal kamen wirklich komische Anliegen bei uns an.

Welche Ängste konnten Sie aus den Fragen der Menschen heraushören?

Nun, eigentlich haben wir wirklich meistens ganz informative Beratungsgespräche geführt und die Menschen grundsätzlich über das Virus und die Ansteckungsgefahr beraten. Der Großteil war dann auch zufrieden. Manche sind allerdings persönlich geworden.

Also wurden Sie auch mal angegangen?

Ja, manche haben einen beleidigt, weil man auf eine bestimmte Frage erst selbst recherchieren musste, da sich die Informationen und Vorgaben zu Corona fast täglich ändern. Ich verstehe auch, dass die Leute gerne einen Test wollen, aber da muss auch das Szenario drum herum stimmen – obwohl nun die Auflagen gelockert wurden. Aber auch was die Tests angeht wurden manche Menschen ungeduldig.

Gehen die meisten Menschen hier im Kreis nach Ihrem Empfinden achtsam mit der Thematik um?

Das stimmt. Am Anfang kamen Anrufe zu den Kinderbeiträgen beispielsweise. Ob diese weiterbezahlt werden müssen. Da waren wir ja der falsche Ansprechpartner. Solche Anrufe kommen nicht mehr. Die Menschen sind achtsam geworden und jetzt habe ich nur noch zwei bis drei Anrufe pro Tag, die eigentlich nicht in die Hotline gehören. Sonst kommen nur berechtigte Fragen.

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Was macht die tägliche Beschäftigung mit Corona mit Ihnen? Können Sie noch abschalten?

(lacht) Ich versuche es. Ich widme mich meinen Hobbys oder gehe nach Feierabend an die frische Luft, das darf man ja noch. Aber wenn man abends den Fernseher einschaltet sieht man es ja auch überall. Allerdings haben die Kollegen im Fallmanagement bestimmt mehr Probleme damit, abzuschalten. Die arbeiten ja rund um die Uhr an diesem Thema.

Ist der Arbeitsaufwand für Sie denn nun auch höher als sonst?

Nun, ich habe vorher natürlich nicht samstags und sonntags gearbeitet.

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Und meine eigentliche Arbeit bleibt natürlich zum Teil liegen. Prävention in Schulen findet ja gerade nicht statt, aber Beratungsgespräche am Telefon führe ich natürlich trotzdem noch.

Was würden Sie gerne den Anrufern in der Hotline sagen? Wer darf und soll anrufen?

Jeder der Fragen zum Coronavirus oder dem Umgang damit hat, darf anrufen. Muss aber auch respektieren, dass wir nicht auf alles eine Antwort wissen. Viele Regeln und Maßnahmen und Erkenntnisse ändern sich derzeit von Tag zu Tag. Was ich heute sage kann manchmal am nächsten Tag wieder anders sein.

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