Bruchhausen/Olsberg. Borkenkäfer haben in Olsberg eine 40 Meter hohe Fichte besiegt. Wie sie das schaffen und warum die ersten Anzeichen so schwer zu erkennen sind.
Die stattliche Fichte war über 40 Meter hoch und bis vor kurzem ein starker, gesunder Baum im Wald nahe Bruchhausen. Bis die Borkenkäfer sich über ihn hermachten. Nun liegt der Baum gefällt am Wegesrand. Revierförster Martin Wiegelmann erklärt, wie es dazu gekommen ist.
„Die Fichte hatte eine Rindenfläche von rund 75 Quadratmetern. Geht man davon aus, dass sich etwa 100 Käfer pro Quadratmeter eingenistet haben, kann man sagen, dass 7500 Käfer diesen Baum besiegt haben. Rechnet man für jeden 50 Nachkommen, fliegen schließlich über 300.000 Käfer neu aus“, rechnet Martin Wiegelmann vor und zeigt auf den gefällten Baum zu seinen Füßen.
Typisches Zeichen: Die Rinde löst sich ab
Aufgefallen ist der Borkenkäferbefall, weil die Rinde sich vom Stamm gelöst hat. „Das ist ein ganz typisches Anzeichen dafür, dass die Entwicklung der Jungkäfer schon sehr weit fortgeschritten ist“, erklärt Martin Wiegelmann. Er erklärt: Ein Altkäfer-Paar legt im Schnitt rund 50 Eier. Von der Ei-Ablage bis zum Käfer dauert es rund sieben Wochen. In dieser Zeit fressen die Larven die Rindenschicht auf, die dann irgendwann stückweise abfällt und ihre Funktion verliert. Nimmt man einen befallenen Baum nicht aus dem einem Waldbestand heraus, ergreifen die Käfer schon bald auch von umstehenden Bäumen Besitz. „Wir haben festgestellt, dass die Borkenkäfer sich meist ostwärts bewegen und bis zu zwei Kilometer weit fliegen können“, berichtet der Forst-Experte. Am Anfang der Besiedelung sieht nur, wer ganz genau hinschaut, ob eine Fichte befallen ist oder nicht, denn zunächst deuten nur winzige Bohrlöcher, aus denen Sägemehl rieselt, darauf hin. Später erst regnet es Nadel und schließlich löst sich die Rinde ab.
Zehn Tonnen Kohlendioxid gespeichert
Martin Wiegelmann hat festgestellt, dass sich der Käfer momentan gerne gesunde, starke Bäume aussucht, die jedoch durch die Trockenheit auch erheblich geschwächt sind. Die gefällte Fichte stand am Wanderweg, der zum Ochsenkreuz führt. Sie war für heimische Verhältnisse ein besonders starkes Exemplar. Davon zeugt der abgesägte Stumpf, der einen Durchmesser von immerhin 1,20 Metern hat. Selbst in der Mitte ist der Stamm noch 60 Zentimeter stark. „Die Fichte stand hier wahrscheinlich schon von klein auf sehr frei auf einer kleinen Erhöhung und konnte deshalb ein enormes Wurzelwerk von schätzungsweise insgesamt 250 Quadratmetern ausbilden“, so der Fachmann. Auch mit Blick auf das Thema Klimawandel kann Förster Wiegelmann eine Rechnung für die Fichte präsentieren: „Insgesamt hat dieser Baum etwa zehn Tonnen Kohlendioxid gespeichert - soviel, wie ein Bundesbürger in einem Jahr verbraucht.“
Fast elf Festmeter Holz könnte der rund 100 Jahre alte Baum nun liefern. Aber es gibt da ein Problem: „Der Stamm ist für die heimischen Sägewerke zu dick“, erklärt Martin Wiegelmann. Auch deshalb will er die Fichte zu Anschauungszwecken erstmal hier im Wald liegen lassen. Er lädt alle Wanderer ein, den Baum einmal näher anzusehen. Für Martin Wiegelmann gehört die Fichte zu den typischen heimischen Baumarten, die seiner Ansicht nach auch in Zukunft nicht komplett verschwinden wird - zumal sie das ideale Bauholz für das Handwerk und die Industrie sei.
Waldumbau schon seit vielen Jahren
Es ärgert ihn, dass Förstern und Waldbauern immer wieder vorgeworfen wird, alles falsch gemacht zu haben. „Wir unternehmen hier schon seit 25 Jahren ganz große Anstrengungen, um den Wald umzubauen. Ziel ist ein Mischwald mit ganz verschiedenen Altersgruppen“, stellt der Bruchhauser klar. Dabei setzt er sowohl auf heimische Hölzer als auch auf Douglasie und Küstentanne, auf Lärche und Weißtanne sowie auf die Laubhölzer Buche, Eiche und Ahorn. Birke und Vogelbeere sorgen zusätzlich für eine natürliche Verjüngung. Experimenten mit Esskastanien und Nussbäumen steht er „mit Neugierde, aber Skepsis“ gegenüber. Sein Wunsch für den Winter: „Gut wäre ein nasskalter Winter, weil die Borkenkäfer diese Witterung nicht gut vertragen. Außerdem braucht der Boden dringend Wasser. Er ist bis zu zwei Meter tief ausgetrocknet.“
Hintergrundinfos: Zahlen, Fakten, Daten
Martin Wiegelmann ist seit 25 Jahren sowohl für den Olsberger Stadtwald als auch für die Forstbetriebsgemeinschaft Ruhr-Medebachtal zuständig. Der FBG Ruhr-Medebachtal gehören 170 Waldbesitzer an mit einer Gesamtfläche von 1300 ha an. Pro Jahre wurden im Schnitt 10.000 Festmeter Holz verkauft. In den Kyrill-Jahren waren es jedoch deutlich mehr: 2007: 40.000 Festmeter, 2008: 25.000, 2009: 20.000. In den Jahren 2018 und 2019 kommt die FBG auf jeweils 8000 Festmeter. Pro Jahr werden ca. 50.000 Bäume gepflanzt - je zur Hälfte Laub- und Nadelholz. Insgesamt sind in den vergangenen Jahren über 1 Mio. Euro Fördermittel von EU, Bund und Land für Waldkalkungen und Pflanzmaßnahmen eingesetzt worden.
Auch interessant
Der Stadtwald Olsberg besteht aus Flächen mit insgesamt 350 Hektar. Die Flächen sind über alle Dörfer im Stadtgebiet verteilt und ebenfalls Mitglied in den Forstbetriebsgemeinschaften Ruhr-Medebachtal und Elpe-Negertal. Verkauft werden pro Jahr rund 2000 Festmeter. In diesem Jahr sind es über 2500 Festmeter, davon fast alles Käferholz. Das Borkenkäferaufkommen ist, so Martin Wiegelmann in Assinghausen und in Elleringhausen am höchsten, weil das die Bereiche mit den stärksten Windwürfen von Friederike 2018 und Eberhard 2019 waren. Zudem sind die Bäume in den tieferen Lagen stärker betroffen, da die Borkenkäfer von der Wärme profitieren. Daher wird die Fichte am ehesten in den Hochlagen über 600 m eine Chance zum Überleben haben.