Brilon. Der Rat Brilon hat Dienstagabend weitere 600.000 Euro für seinen Stadtforst freigegeben. Der Klimawandel verändert das Landschaftsbild.
„Der Eschenberg“, sagt Dr. Bub und zeigt mit dem Arm in Richtung Osten, „löst sich zusehends auf. Und dieser Dreis-Flügel“, sagt der Briloner Forstchef und dreht sich Richtung Süden, „auch“. Über einen von Orkan Friederike Anfang vergangenen Jahres verwüsteten Hang am Hammerkopf geht der Blick auf die ausladenden Fichtenbestände rundum. Große braune Nester machen es unmissverständlich klar: Der Borkenkäfer frisst sich unaufhaltsam weiter. Von den braunen Beständen geht keine Gefahr mehr aus. Diese Fichten haben es hinter sich.
Infektiös sind die, die sich kupfern zu verfärben beginnen, bei denen die Kronen noch grün sind. Die, in denen im Gegenlicht die rieselnden Nadeln so glitzern wie Eiskristalle in klarer, kalter Winterluft. Selbst in großen Fichtenbeständen, von denen Dr. Bub geglaubt hat, dass sie in der Lage wären, die Borkenkäfer abwehren zu können, zeigen braune Bohrmehlhäufchen in den Wurzelanläufen den Befall an. Diese Bäume müssen schnellstmöglich raus aus dem Bestand. Drei Harvester hat der städtische Forstbetrieb dafür im Dauereinsatz, hinzu kommen fünf weitere Lohnbetriebe, die das eigene Team bei den, so Dr. Bub, „phytosanitären Hieben“ verstärken.
Rinde „durchlöchert wie ein Schweizer Käse“
Die Stämme werden an den Waldwegen gestapelt und mit einem Insektizid behandelt. „Begiftet“ ist in greller Farbe auf die Stämme gesprüht. Der Forstamtschef hebt ein Stück Rinde hoch und hält es in die Sonne: „Durchlöchert wie Schweizer Käse.“
Sollte die Trockenheit weiter andauern, könnte es in diesem Jahr zu einer vierten Borkenkäfer-Generation kommen. Dann, weiß Dr. Bub, können bis zu 60.000 Larven einen einzigen Stamm besiedeln und ausfliegen - „Der Tod sitzt in den Startlöchern.“ Unsere Waldlandschaft, da ist sich der Forstmann sicher, werde sich „unweigerlich in den nächsten Jahren dramatisch verändern“. „Das ist keine Krise, das ist eine Katastrophe“, so der Forstamtschef am Dienstagabend im Rat.
Was machen die Privatwaldbesitzer?
Da kommt auch einiges auf die vielen Privatwaldbesitzer zu. Das zeigt auf der Fahrt von der Pulvermühle über Hoppecke, am Flugplatz vorbei zu den Windrädern auf der Hochfläche bei Radlinghausen. Ganze Bestände sind tot. Geld ist mit diesen Bäumen nicht mehr zu verdienen. Im Gegenteil: Aus Gründen der Verkehrssicherungspflicht müssen viele Bäume gefällt werden, damit sie nicht irgendwann unkontrolliert umfallen.
Leichtes Defizit möglich
Das auf 672.000 Euro im Forstwirtschaftsplan kalkulierte Betriebsergebnis lässt sich, so Dr. Bub im Rat, nicht halten; es könnte eine Null, eventuell sogar ein Defizit geben.
Neben den Mindererlösen und den erhöhten Aufwendungen fallen 260.000 Euro Öko-Punkte aus dem Gut Petershagen für dieses Jahr aus.
Den Heimberg in Nähe des Flugplatzes hat das Forstamt bereits aufgegeben. Die Fichte, sagt Dr. Bub, sei ohnehin nicht standorttypisch für eine Kalkkuppe wie diese. Besser geeignet für die hiesige Region sind Douglasien. Sie, so Dr. Bub, können helfen, „die notwendigen Erträge und die Herausforderungen des schnell voranschreitenden Klimawandels zu meistern“. Allerdings: Auf dem Markt ist nur eine begrenzte Zahl von Setzlingen verfügbar. 150.000 Stück möchte sich der Forst gerne sichern. Preis: rund 100.000 Euro. Das Geld gab der Rat einstimmig frei, zudem stellte er weitere 500.000 Euro für die Aufwendungen bei der Bekämpfung des Borkenkäfers zur Verfügung.
Schon 53.000 Festmeter geschlagen
Im Keller liegen die Holzpreise. Vor zwei Jahren gab es noch rund 90 Euro für den Festmeter Fichte, jetzt sind es gerade noch 10 bis 12 Euro. Waren im vergangenen Jahr insgesamt 34.000 Festmeter Käferholz angefallen, so sind es in diesem Jahr bereits 53.000 Festmeter. Und Dr. Bub befürchtet, dass angesichts der Befallsituation weitere 40.000 Festmeter entnommen werden müssen. Aber wohin damit: „Der Regional-Markt ist dicht“, sagte Dr. Bub.
Der Briloner Forstamtsleiter gehört dem Arbeitskreis Kalamitäten im Deutschen Forstwirtschaftsrat an. Der beschäftigt sich am heutigen Mittwoch in Kassel aus aktuellem Anlass mit Änderungen im Forstschädenausgleichsgesetz.
Für Dr. Bub ist der Einsatz von Bundeswehrkräften im Wald durchaus eine Option: Bergepanzer könnten die nötigen Schneisen schlagen und das infektiöse Brutmaterial frühzeitig aus dem Wald holen, Drohnen könnten Borkenkäfervorkommen frühzeitig entdecken und nicht zuletzt könnte die Bundeswehr auch für die Bewässerung der Fichtenbestände sorgen. Denn da liegt der Kern der Kalamität: Wegen des Wassermangels können die Fichten nicht genug Harz bilden, um dem Borkenkäfer aus eigenen Kräften Widerstand entgegenzusetzen.
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