Brilon. Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit: Der Borkenkäfer breitet sich aus. Der Klimawandel geht dem Stadtforst Brilon schon jetzt richtig ins Geld.

Die Sägen sind längst hochgefahren, bis jetzt sind in diesem Jahr schon 16.632 Festmeter Fichte gefällt, rund 24.000 waren es im vergangenen Jahr insgesamt: „Die Situation ist mehr als dramatisch.“

So der Chef des Briloner Stadtforstamtes, Dr. Gerrit Bub, Dienstagabend im Ausschuss für Forst, Umwelt und Landwirtschaft. Nordrhein-Westfalen erlebe derzeit die stärkste Borkenkäferplage seit Bestehen des Bundeslandes. Grund: Nach dem Orkan Friederike im Januar vergangenen Jahres und der darauf folgenden Dürre sind die Waldböden ausgetrocknet, die Fichten können vor Schwäche nicht mehr harzen, der Käfer hat leichtes Spiel. Das schlägt sich in nackten Zahlen nieder.

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Laufende Jahr droht Verlustgeschäft zu werden

Das für das vergangene Jahr kalkulierte Betriebsergebnis des Stadtforstamtes ist von 886.000 Euro auf 262.000 Euro geschmolzen. Und es kommt noch dicker. Für das laufende Jahr, so warnte Dr. Bub die Stadtvertreter schon vor, müsse mit roten Zahlen gerechnet werden. Eine halbe Million Euro Miese könnten drin sein, rechnete der Forstamtschef vor.

Aufwendungen explodieren, Holzpreis verfällt

Dafür verantwortlich sind in erster Linie die enormen Kosten für den vermehrten Holzeinschlag. Insgesamt stiegen die Aufwendungen für Sach- und Dienstleistungen von kalkulierten 0,825 auf 1,426 Millionen Euro. Zwar kam durch den erhöhten Einschlag auch etwas mehr Geld in die Kasse - 3,269 statt 3,111 Millionen Euro. Für das Geld wurden aber 58.006 Festmeter Fichte geschlagen - 172 Prozent des üblichen Hiebsatzes.

Die Preise sind im Keller, zum Glück, so Dr. Bub, habe die Stadt mit der Fa. Egger einen verlässlichen Abnehmer, außerdem bestehen gute geschäftliche Beziehungen in den fernen Osten. Was zudem das Ergebnis negativ belastete: Durch die Verzögerungen beim Bau des Feriendorfs Gut Petershagen fielen 200.000 Öko-Punkte aus der Bilanz.

Staubtrocken ist der Boden. Im Niederwald an der B480 oberhalb der Möhneburg ist das Forstunternehmen Müller aus Olsberg im Einsatz
Staubtrocken ist der Boden. Im Niederwald an der B480 oberhalb der Möhneburg ist das Forstunternehmen Müller aus Olsberg im Einsatz © Jürgen Hendrichs

Regen hilft nur bedingt

Dass es in diesem Frühjahr reichlich regnete, hilft nicht viel. Entscheidend, so Dr. Bub, sei die Niederschlagsverteilung über eine gesamte Vegetationsperiode. Und da waren zum Beispiel nach Aufzeichnungen des Briloner Wasserwerks vergangenen Jahr nur der Januar und der Dezember nasser als der Durchschnittswert der zehn davorliegenden Jahre.

„Ein solches Dürrejahr in zehn Jahren reicht, um die Vegetation in Frage zu stellen“, sagte der Forstexperte.

Durch die Vorbelastung sei in diesem Jahr mit 30.000 bis 60.000 Festmeter Kalamitätsholz im Stadtwald zu rechnen.

Problem steigert sich noch zwei Jahre

Das Borkenkäfer-Dilemma wird nach Expertenansicht noch etwa zwei Jahre steigen, ehe die Population in sich zusammenbrechen könnte.

Die Folgen wird die Stadt des Waldes noch weiter spüren. Dr. Bub: „Zwei bis drei Jahreshiebe sind weg.“

In anderen Regionen - in Thüringen, aber auch in der Nachbarschaft, im Hochstift - leiden neben der Fichte auch schon die Buchen unter der Trockenheit und sterben flächig ab.

Alternative existiert laut Experten

Stadtwald besteht aus fünf Forstrevieren

Der Briloner Stadtwald umfasst eine Fläche von rund 7750 Hektar.

Er liegt auf einer Höhe zwischen 400 und 800 m NN und ist in fünf Forstreviere eingeteilt: Niederwald/Wünnenbecke (Förster: Ludger Hogrebe), Scharfenberg/Altenbüren (Franz-Josef Schenuit), Dreis/Hammerkopf (Karl-Ludwig Oriwall), Schellhorn/Borberg (Sebastian Schönnenberg) sowie Madfeld (Karl-Ludwig Oriwall).

Resistente Arten wie etwa die Libanon-Zeder könnten eine Alternative für die heimische Vegetation sein, meinen Experten.

Wegen des Preisverfalls beim Holz und den hohen Rückekosten ließen schon die ersten Waldbesitzer ihre vom Käfer befallenen Bestände vor sich hin rotten. Dr. Bub: „Das rechnet sich für sie nicht mehr. Sie wollen ja nicht noch Geld drauflegen.“

Nicht sofort zu vermarktendes Kalamitätsholz soll in Trockenlagern aufbewahrt werden. Diese Polder müssen wenigstens 150 m von Borkenkäfer-Zonen entfernt sein und sollen mit Insektiziden geschützt werden. Das Forstamt arbeitet an einem Konzept zur nachhaltigen Waldnutzung, das soziale, wirtschaftliche und ökologische Aspekte berücksichtig. Es soll im Herbst der Politik präsentiert werden.