Winterberg. . Sie sind die Stars ihrer Sportart. Doch wenn die Snowboarder am Sonntag beim Weltcup-Finale in Winterberg ihren Parallel-Slalom austragen, habe sie vor etwas zwar keine Angst, aber Respekt. „Sieht hoch aus“, sagt Patrick Bussler nur.
- Schanzen sind im Slalom selten im Parcours
- Erst in Winterberg Sprung-Training möglich
- 3000 Zuschauer werden am Poppenberghang erwartet
Angst? Auf gar keinen Fall. Aber eine gewisse Portion Respekt ist in Patrick Busslers Augen schon zu erkennen, als er in Richtung Poppenberghang schaut. Vielleicht liegen 100 Meter Luftlinie zwischen ihm und der Piste, auf welcher am Sonntag das Weltcup-Finale der Snowboarder als Parallelslalom ausgetragen wird, vielleicht sind es 200 Meter. „Aus der Entfernung sieht sie recht hoch aus“, sagt der 31-Jährige. Sie – damit meint er nicht die Piste, sondern eine Schanze. Einen Pro-Jump oder einen Step-down, wie die Experten den auf der ganzen Breite des Hanges aufgeschobenen Schnee nennen.
Nur Rolf Dickel, Wettkampfleiter und Snowboard-Legende im Sauerland, beschreibt die Schanze anders: „Sie ist fast eine Big Mama“, erklärt er – und die Sportler warnt er: „Wenn ihr da drüber fliegt und nicht aufpasst, haben wir Zuschauer Spaß, ihr nicht.“
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Ein kleiner Scherz. Denn keinesfalls heben Bussler und Co. vor den 3000 erwarteten Zuschauern derart ab, wie ihre Kollegen bei Sprungwettbewerben. „Bei uns kommt es auf Geschwindigkeit an“, sagt Bundestrainer Andreas Scheid, „wir sind Racer.“
Der Pro-Jump mit einer Scheitelhöhe von 60 Zentimetern sorgt trotzdem für Begeisterung im Team Snowboard Germany. „Ich finde das richtig cool“, sagt zum Beispiel Cheyenne Loch. Eine Schanze im Parcours ist auch für die Weltcup-Starter kein Alltag. „In Moskau gab es das mal“, sagt Selina Jörg und kramt in der Erinnerung, „aber das ist schon selten.“
Ziel: Ein deutscher Sieg
Im Hochsauerland dient der Sprung als Tüpfelchen auf dem i. Unter anderem er soll nach dem Wochenende dazu dienen, dass die zweite Auflage nach dem Weltcup-Comeback im vergangenen Jahr als noch gelungener bewertet wird. „Die Latte liegt hoch nach 2015“, sagt Rolf Dickel. „Schließlich hätte die Veranstaltung viel besser nicht sein können. Aber wir Sauerländer sind ja Füchse und werden diesmal drei Zentimeter höher drüber springen.“
Ob sich der Step-down auf die Platzierungen auswirken wird? Davon ist fast auszugehen. „Wir konnten so etwas in diesem Winter noch nicht trainieren“, sagt Andreas Scheid. Den wenigen Schnee, der selbst in den Skigebieten nahe der Alpen liegt, benötig(t)en die Liftbetreiber, um ihre Pisten in Schuss zu halten. „Wenn wir mal gefragt haben“, erzählt Scheid, „haben alle schnell abgewunken.“
Seine Sportler und die Konkurrenz kommen im Training an diesem Samstagmorgen erstmals in Kontakt mit Dickels „Big Mama“ – und freuen sich darauf. Die Attraktion wird nicht nur im Wettkampf für nette Bilder sorgen, sondern entfacht bereits im Vorfeld unter den Profis eine intensive Debatte.
Wie weit werden sie fliegen?
Wie exakt wird der Kurs zuvor gesteckt sein?
Wird es Stürze geben?
„In der Luft kannst du die Richtung nicht mehr korrigieren“, erzählt Patrick Bussler, „du musst dir darüber im Klaren sein, wohin du willst und schnell deinen Rhythmus wiederfinden.“ Andernfalls – staubt vermutlich der Schnee.
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Andreas Scheid verfolgt die Debatte allerdings gelassen. Er kennt die Qualitäten seiner Truppe, in der Bussler und Cheyenne Loch mit Podestplatzierungen für die Höhepunkte in dieser Saison sorgten. In Winterberg soll ein erfolgreicher Abschluss gelingen – am liebsten mit einem deutschen Sieg.
Der Rat des Bundestrainers
„Bei den Mädels bin ich zuversichtlich, dass mindestens eine auf das Podium fährt“, sagt er, „und den Jungs ist das auch zuzutrauen.“ Der Pro-Jump? „Einfach drüberfahren“, rät der Bundestrainer ohne mit der Wimper zu zucken.
Nach dem Snowboard-Weltcup wird die Schanze übrigens wieder platt gewalzt. Zu gefährlich – für die skifahrenden Touristen.