Winterberg. Kann man Sport- und Freizeitstätten so absichern, dass ein tödlicher Unfall wie der auf der Winterberger Bobbahn in Zukunft auszuschließen ist? Unmöglich, versichern Experten.
Viele Fragen stellen sich nach dem Unfall auf der Bobbahn in Winterberg. Drei Männer aus Hamm im Alter von 25, 26 und 29 Jahren waren in einer heimlichen Schlittenfahrt nachts auf Plastikbobs den Eiskanal hinuntergerast. Kurz vor dem Zieleinlauf prallten sie gegen ein dort abgestelltes Pistenfahrzeug, Der 25-jährige Mann kam zu Tode, seine beiden Kollegen erlitten schwere Verletzungen.
„Die Opfer und deren Angehörige tun einem leid, aber das ist ein eingezäuntes Gelände, wo niemand etwas zu suchen hat“, sagt Jörg Wilke. Er ist Geschäftsführer der Ettelsberg-Seilbahn GmbH in Willingen. Wir haben ihn gefragt, ob man ein Gelände vor unbefugtem Zutritt absichern kann.
Zu früheren Zeiten, als noch der Sessellift in Betrieb war, habe es hin und wieder Leute gegeben, die an den Sprossen der Stützpfeil-Leitern nach oben klettern wollten. Was soll man dagegen tun? Und auch der neue Schneeteich oben auf dem Ettelsberg ist schon hin und wieder als Bad missbraucht worden. „Es sind nicht viele, aber es kann schon mal vorkommen. Und wer dummes Zeug machen will, der tut es. Man sieht ja, was ein Zaun bewirkt.“
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Der Schneeteich ist stark angeböscht; wer dort schwimmen will, muss mit Steinen gefüllte Metallkörbe überwinden. Verbotsschilder sind aufgestellt. Und trotzdem… Ähnlich sieht es in den Freibädern aus. Beispiel Brilon-Gudenhagen. „Wir haben das Gelände eingezäunt; die Warnung auf den Verbotsschildern ist mit der Polizei abgesprochen, so dass ein Missachten den Tatbestand des Hausfriedensbruchs darstellt“, sagt Harald Balkenhol vom Gebäudemanagement der Stadt Brilon. Das gilt auch für das Naturbad in Hallenberg: „Wir können das nicht wie Fort Knox sichern. Jeder ist doch auch für sich selbst verantwortlich“, sagt Bürgermeister Michael Kronauge.
Sprung über den Zaun in fast allen Freibädern
Trotzdem ist es nahezu in allen Freibädern Usus, auch nach offiziellem Kassenschluss noch einmal ins Wasser zu hüpfen. Einmal, als ein feucht-fröhliches Gelage per Facebook angekündigt wurde, ist eine Kommune, die gar nicht erst genannt werden möchte, eingeschritten und hat die Schwimmer überrascht. Das gerichtliche Nachspiel sei nicht sonderlich beeindruckend gewesen, die Abschreckwirkung gering. Dieselbe Stadt stellt im Sommer über inzwischen sogar nachts die Duschen im Freibad ab. Und darüber sollen sich die unerlaubten Schwimmer sogar bei der Stadt beschwert haben...
Leichtsinnige Gäste stürmen Skipisten in Willingen
Leichtsinn kennt keine Grenzen. Wenn z.B. in Willingen die Pisten präpariert werden und die Pistenraupen bei steilem Gelände an Seilwinden hängen, wurden schon Gäste beobachtet, die die Warnschilder einfach beiseite schoben und die Fläche betraten. Nicht auszudenken, wenn sich so ein Seil einmal lösen würde…
„Wer es darauf anlegt, erreicht auch sein Ziel“, meint Nico Brinkmann von der Erlebnisberg-Kappe-Geschäftsführung in Winterberg. „Ich bin erst seit zwei Jahren dabei, aber in dieser Zeit ist in unseren Anlagen nichts Ungewöhnliches passiert. Und so viel ich weiß auch in den Jahren davor nicht.“ Im Tourismus-Angebot stehen auf dem Erlebnisberg u.a. die Sommerrodelbahn, die Panorama-Erlebnis-Brücke, der Kletterwald und der Bike-Park.
Das ist die Bobbahn in Winterberg
Das Gelände ist, wie Nico Brinkmann bestätigt, frei zugänglich. Trotz Beschilderung könnte man also problemlos auf das Terrain gelangen. Ob sich Unbekannte bereits an der Sommerrodelbahn außerhalb der Öffnungszeiten zu schaffen machten, ist nicht bekannt. Auch Betreiber weiterer Sommerrodelbahnen in der Region haben nichts Ungewöhnliches festgestellt.
Die Einstiegsleitern im Kletterwald des Erlebnisberges werden im Übrigen nach Geschäftsschluss hochgezogen und durch Platten gesichert. „Wer allerdings hochklettern will, dürfte daran kaum zu hindern sein“, so Brinkmann. Auch der Bike-Park hat in der Saison (derzeit geschlossen) feste Öffnungszeiten. Doch auf der Anlage sind Biker und andere Sporttreibende auch oft später noch unterwegs.
Warnungen in Klettergebieten werden ignoriert
Ähnliches gilt für natürliche Klettergebiete wie zum Beispiel den „Steinschab“ bei Hallenberg, der wegen Felsarbeiten und Steinschlaggefahr gesperrt ist. Auch diese Warnungen sollen schon in den Wind geschlagen worden sein.
Auch Sprungschanzen nicht komplett abgesperrt
Und wie sieht es auf den heimischen Schanzen aus? Auch hier gibt es keine hundertprozentige Sicherheit. Der Vorsitzende des SC Willingen, Thomas Behle, reagierte sichtlich betroffen. „Es tut uns sehr leid, was da in Winterberg passiert ist. Wir können uns vorstellen, was jetzt auf die Verantwortlichen alles eindringt. Aber einen komplett abgesperrten Bereich, den man nicht überwinden könnte, gibt es nicht.“ So ist der Turm der Mühlenkopfschanze nach ganz oben ebenso abgesperrt wie auch die Tischkante. Aber wo ein Wille ist, ...
Winterberg ist WM-Schauplatz 2015
Die Winterberger St.-Georg-Schanze gehört wie die Bobbahn zur Erholungs- und Sportzentrum GmbH Winterberg. Wer einen Euro in die Sperre des Drehkreuzes wirft (das Geld ist für die Jugendarbeit des Skiklubs), kann jederzeit bis zur Aussichtsplattform gelangen. Und wer will ab dort trotz Sperrung den Leichtsinn stoppen?
Petra Sapp, Geschäftsführerin der GmbH: „Wir können nicht überall eine Fort-Knox-Sicherheit herstellen und müssen an die Vernunft appellieren. Sollten die Untersuchungen an der Bobbahn zeigen, dass es eine wie auch immer geartete Sicherheitslücke gibt, werden wir sie schließen. Für mich ist momentan die einzig gute Nachricht, dass die anderen beiden Männer auf dem Weg der Besserung sind.“