Schwarzenau. . Jana Lauber vom SV Oberes Banfetal vertritt den „Westen“ im Deutschen Schülercup. Wie sie trotz eines massiven Standortnachteils gut mithält.
Ein knapper Monat nur – die Skisaison am Hesselbacher Gletscher war in diesem Winter ein kurzes Vergnügen. Kaum hatte sich das Rennsportteam auf das schnelle Umkurven der Stangen eingegroovt, da war mit der Vereinsmeisterschaft beim SV Oberes Banfetal schon wieder alles vorbei – nur für Jana Lauber nicht.
Die Schwarzenauerin war im Anschluss noch zweimal beim Deutschen Schülercup unterwegs, der nationalen Rennserie der jüngeren Skirennfahrerinnen. Lauber bestritt das Abschlussrennen in Seefeld fast aus der kalten Hose, da zuletzt auch auf den Kunstschneepisten bei Winterberg kein Training mehr möglich war (siehe Zusatz-Info am Textende). Wie bei den ersten Rennen der Serie, als der Winter im Rothaargebirge noch auf sich warten ließ, mussten also die offiziellen Trainingsläufe reichen.
Richtig rund lief es dann nicht. Im Slalom am Samstag war nach einem Einfädler im ersten Lauf Schluss, im Riesenslalom am Sonntag fehlten nur wenige Plätze bzw. eine halbe Sekunde zur Qualifikation für das Achtelfinale im Parallelslalom – am dritten Tor geriet die Schwarzenauerin kurz in Rücklage und verlor die entscheidenden Zehntelsekunden. „Wenn Jana vorher länger nicht gefahren ist, sieht man, wie es am Ende des Wochenendes schon besser und sicherer wird. Da zeigt sich, das oft einfach nur die Routine fehlt“, sagt Stefan Niehüser, der Gymnasiallehrer in Essen und nebenbei Honorartrainer im Westdeutschen Skiverband ist. Weil der alpine Skisport in NRW nicht als förderwürdiger Leistungssport eingestuft wird, muss sich das WSV-Team mit 5000 Euro Zuschuss pro Jahr begnügen – ein hauptamtlicher Trainer ist da nicht drin.
Der große Unterschied
Anders sieht es im Süden aus. „Bei der Mannschaftsführersitzung saß ich am Wochenende zwischen 15 Trainern, die alle ihre Lizenzen haben und ihre Brötchen nur damit verdienen. Dass ich nur als Papa dabei bin, habe ich mal für mich behalten“, schmunzelt Patrick Lauber, der seine Tochter in Seefeld betreute und feststellte: „Der Großteil der Konkurrentinnen besucht irgendwelche Skiinternate, wo es schon ab August zum Gletscher und im Winter jeden Tag auf die Piste geht. Das hat schon Qualität was da passiert, das geht in Richtung Profisport.“
Gegen solche Konkurrentinnen nicht ganz unterzugehen ist für seine Tochter die Herausforderung. In der Deutschen Mädchen-Rangliste steht die Wittgensteinerin auf Platz 70 von 400, im Schülercup schafft sie es zumindest sporadisch in die Punkteränge (Top 20). „Wenn ich im Mittelfeld lande, bin ich total zufrieden“, sagt Jana Lauber, die im Feld gewissermaßen zu den Exoten zählt. Wie sehr der deutsche Alpinsport von Bayern dominiert wird, zeigt schon der Sprachgebrauch. Statt von Schülern ist hier offiziell von Buben die Rede – ein umgangssprachliches Wort aus Süddeutschland bzw. dem Alpenraum.
Noch ein vielsagender Begriff ist der von den Preußen – so werden im Skifahrerjargon die Starter aus den mittel- bzw. norddeutschen Bundesländer bezeichnet, die sich in der Arbeitsgemeinschaft Nord-Ost-West (ARGE NOW) organisieren und sowohl eigene Meisterschaften als auch eine eigene Serie ausrichten. „Da ist Jana in ihrem Jahrgang die Beste“, sagt Stefan Niehüser mit Verweis auf den Gesamtsieg im Vorjahr und den Sieg bei der Westdeutschen Schülermeisterschaft 2017 sowie erneut im Februar 2018. Bei den NOW-Meisterschaften im Februar in Bad Wiessee (am Tegernsee) wurde Lauber im Slalom, Riesenslalom und Parallelslalom jeweils Zweite hinter der ein Jahr jüngeren Sächsin Lynn Fischer (Einiedler Skivererein) – einem Mädchen vom Skiinternat.
Früh übt sich
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Wie schafft es Jana Lauber trotz des Standortnachteils konkurrenzfähig zu sein? Einerseits durch eine frühe Ausbildung. Ihre Mutter Tanja bestritt früher ebenfalls Rennen und stellte ihre Tochter schon mit zwei Jahren auf die Ski – überhaupt ist die ganze Familie skiverrückt, was sich bei einem Besuch in Hesselbach schnell feststellen lässt. Andererseits durch Talent und Mut. „Jana bewegt sich gut und arbeitet konzentriert und zielstrebig, das hat sie vielen anderen voraus. Sie hat keine Angst und traut sich viel zu, selbst bei den Sprüngen auf den großen Kickern im Skigebiet“, beschreibt es Stefan Niehüser: „Ihr kleiner Bruder ist auch so ein Freak, der jeden Huppel am Rand der Piste mitnimmt.“
Die athletischen Voraussetzungen in schneearmen Zeiten erarbeitet sich Jana Lauber teilweise zu Hause durch klassisches Stabilisationstraining auf der Gymnastikmatte – Seitstütz, Liegestütz und Co. „Besser wäre Training im Kraftraum, aber dafür braucht es Trainer-Aufsicht“, sagt Niehüser.
Froh ist er, dass Lauber auch andere Sportarten betreibt, etwa im Ski-Inline und Radfahren im Sommer oder im Volleyball beim VfL Bad Berleburg, wo Jana Lauber nicht nur in der U18, sondern sporadisch schon in der Frauenmannschaft der SG Wittgenstein in der Landesliga mitspielen darf.
Volleyball-Coach Jürgen Reinhard kategorisiert Lauber als „Wühlmaus“, die ständig unterwegs ist und keinen Ball verloren gibt. Ein Problem: Volleyballspiele und Skirennen fallen gelegentlich auf die gleichen Tage. „Beides macht mir wirklich Spaß und es ist schon schwer, mich dann zu entscheiden“, sagt Lauber, die im Zweifel aber eher Ski fährt, was eben nicht immer möglich ist: „Dann habe ich aber ein schlechtes Gewissen gegenüber meinen Mitspielerinnen. Wirklich bereut habe ich es aber noch nie.“
Volleyball beim VfL Bad Berleburg
Dennoch: Das Volleyballteam ist neben Schulfreunden und der Familie ein Faktor, weshalb Jana Lauber nie ernsthaft über den Wechsel an ein Skiinternat nachgedacht hat, obwohl ihr viele Experten die Anlagen für eine große Skikarriere bescheinigen. Alles auf den Kopf zu stellen kommt aber nicht in Frage. „Ich will es so lassen, wie es ist“, sagt die 14-Jährige, die ihre Sache auch ohne Aussicht auf die absolute Spitze durchzieht: „Weil es einfach Spaß macht.“
„Den Schritt hätte sie sowieso schon früher machen müssen. Um es nach oben zu schaffen, muss man sehr früh sehr viel und gezielt trainieren“, sagt Stefan Niehüser: „Aber es ist schon realistisch, dass Jana sich für internationale FIS-Rennen qualifiziert, bei denen nicht jeder teilnehmen kann.“ Um auch ohne den fehlenden Naturschnee konkurrenzfähig zu bleiben, bietet er Trainings-Lehrgänge an – mal in der Skihalle, die trotz fehlender Steilheit für die Technikschulung ausreicht, mal wie zuletzt über Karneval in den Alpen, aktuell wird sogar über ein Sommer-Training in Norwegen nachgedacht.
Schneepisten statt Meeresrauschen
Für die Eltern geht all das ziemlich ins Geld, zumal noch kostspieliges Material angeschafft werden muss. Zumal auch die jüngeren Zwillinge, Julian und Miriam, in den gleichen Sportarten unterwegs sind. „Wir investieren da gerne rein. Dafür fällt dann eben der Sommerurlaub aus“, sagt Patrick Lauber: „Jana hat zum Beispiel noch nie in einem Flugzeug gesessen. Wir sind letzten Sommer mal noch Holland gefahren, damit die Kinder überhaupt mal das Meer sehen.“
+++ Weitere Infos +++
„Die Situation rund um Winterberg ist für den Rennsport verheerend“, sagt WSV-Trainer Stefan Niehüser.
Geregeltes Stangentraining ist im Rothaargebirge nur am Hunauhang bei Bödefeld (Schmallenberg) oder am Rennhang in Altastenberg möglich, dem Westfalenhang. Beide Pisten sind allerdings nicht künstlich beschneit, genügend Naturschnee lag in diesem Winter kaum einmal. Auf den Kunstschneepisten haben im Zweifel die Einnahmen bringenden Touristen Vorrang. Die Trainingsmöglichkeiten werden dadurch zusätzlich erschwert.
Dennoch brachte der WSV in den vergangenen Jahren mit Andreas Sander (Weltcup/fünfter Rang als bestes Ergebnis) und Roman Frost (C-Kader) zwei Athleten in den Nationalkader.