Hagen. Der neue Phoenix Geschäftsführer Martin Schmidt spricht im Interview über die Herausforderungen des Vereins und seinen ersten Eindruck von Hagen.

Er ist momentan der gefragteste Mann Hagens: Martin Schmidt (36) ist seit dem 1. Juli der neue Geschäftsführer von Basketball-Zweitligist Phoenix Hagen. Und bislang kann er sich nicht über zu wenig Arbeit beschweren. Ob Sponsoren, Fans, Lieferanten oder Vereinshelfer – jeder möchte ihn mal kennenlernen und auf den Zahn fühlen. Unsere Zeitung tat dies auch. Beim Redaktionsbesuch sprach der Bamberger über seinen ersten Eindruck von Hagen, den Kaderumbruch, die Perspektive 2025 – und welche Lektüre ihn abends zum Einschlafen bringt.

Herr Schmidt, wie gut sind Sie inzwischen hier angekommen?

Martin Schmidt: Ich bin sehr gut angekommen. Es war stressig in den ersten beiden Wochen. Jetzt, in der dritten Woche, ist deutlich spürbar, dass wir uns als Team einspielen und einen Groove bekommen. Am Anfang steht viel Bürokratie an – Einrichtung des Online-Bankings, Eintragung im Handelsregister und so weiter. Dazu kommt, dass ich mich in einer mir fremden Stadt zurechtfinden muss. Zur Arbeit musste ich zunächst noch mit Navi fahren, aber mittlerweile kenne ich den Weg auswendig (lacht).

Wie ist denn Ihr erster Eindruck von Hagen? Ist die Stadt, für Sie als „Bamberger Jungen“, ein Kulturschock?

Ich hatte bislang wenig Zeit, mich mit der Stadt zu beschäftigen. Eigentlich habe ich mich bislang nur mit dem Verein beschäftigt, also gearbeitet. Aber das wird noch kommen. Meine Frau ist Sauerländerin, sie kennt sich in der Region bestens aus, war mit ihrer Familie schon oft in der Ischelandhalle. Hagen mag nicht so schön wie Bamberg sein, aber die Stadt hat viele schöne Ecken, die ich bald kennenlernen möchte.

Phoenix-Geschäftsführer Martin Schmidt (links) und Kommunikationsleiter Jörg Bähren beim Redaktionsbesuch.
Phoenix-Geschäftsführer Martin Schmidt (links) und Kommunikationsleiter Jörg Bähren beim Redaktionsbesuch. © Michael Kleinrensing

Wie arbeitsintensiv ist diese Anfangsphase für Sie?

Es ist schon viel, was bewältigt werden muss. Vertrieb und Marketing sind meine Bereiche, zu diesen Themen kann man mich gerne nachts wecken. Aber die ganze Kommunikation mit der Liga, die Themen Lizenzierung und Kaderzusammenstellung beispielsweise waren neu für mich. Es gibt viele Dinge, die in der ProA anders laufen als in der BBL. Zurzeit sitze ich abends in meiner Wohnung und lese zum Einschlafen die Spiel- und Veranstaltungsordnung der ProA (lacht).

Das klingt nicht gerade vergnügungssteuerpflichtig.

Jeden Tag kommt irgendetwas hinzu, das neu für mich ist, aber das ist vollkommen okay. Dieser Job macht mir zu jeder Sekunde Spaß. Es gibt keinen Moment, wo ich denke: Es ist jetzt zu viel oder es nervt mich.

Wie schwer ist es, bei all den Aufgaben den Überblick zu wahren?

Jetzt, in der dritten Woche, geht es allmählich. Sehr wertvoll war für mich das Fan-Forum. Dort habe ich unter anderem Vertreter der Fanclubs sowie weitere Anhänger und Sponsoren getroffen. Wir haben schon die ersten beiden Sponsoren-Events angeleiert. Zurzeit bin ich auch viel im Austausch mit unserem e.V. In diesen Bereich muss ich mich sicher noch einarbeiten, auch was das Thema Vereinskooperationen angeht. Aber beim Profibereich habe ich langsam den Überblick.

Wie ist bislang das Feedback von den Sponsoren? Spüren Sie bei den Partnern aus der Wirtschaft noch Unsicherheiten wegen Corona?

Kontakt zu Sponsoren haben wir derzeit sehr viel, mit fast allen haben wir schon Gesprächstermine vereinbart. Dominik Spohr und ich versuchen – sofern möglich – immer gemeinsam aufzutreten. Wir möchten mit den Sponsoren Partnerschaften leben und nicht nur Geld bekommen, um die Saison zu finanzieren. Wir wollen Partner gewinnen und Netzwerke schaffen. Das Thema Corona ist, so wie ich es empfinde, nicht mehr so präsent bei den Sponsoren. Die Themen Inflation und Energiekrise schon eher. Aber alle Unternehmen, mit denen wir Kontakt haben, sind zumindest bereit zu reden. Das ist schon mal gut. Die Menschen möchten uns und unseren neuen Weg kennenlernen. Plötzlich kommt da einer aus Bamberg, den keiner kennt, und Dominik Spohr, von dem jeder weiß, dass er Dreier werfen kann. Aber sie wissen noch nicht, wozu er sonst noch in der Lage ist.

Vom Spielfeld ins Back Office: Dominik Spohr (links) ist seit dem 1. Juni Vertriebs- und Marketing Manager bei Phoenix Hagen.
Vom Spielfeld ins Back Office: Dominik Spohr (links) ist seit dem 1. Juni Vertriebs- und Marketing Manager bei Phoenix Hagen. © Michael Kleinrensing

Phoenix Hagen setzt nun wieder auf Dauerkarten, die – wie nun mal üblich – für eine gesamte Saison gültig sind. Haben Sie nicht Angst davor, dass es wegen der Corona-Pandemie wieder zu Zuschauer-Beschränkungen kommen könnte?

Angst haben wir nicht, Bedenken schon. Wir gehen nicht blind in die Saison und hoffen, dass schon alles irgendwie gut gehen wird. Aber wir lassen uns auch nicht bremsen. Wir setzen auf eine ganz normale Dauerkarte, weil wir meinen, dass das das richtige Zeichen ist. Wir können nicht für die nächsten zehn Jahre eine „Was wäre wenn?“-Dauerkarte anbieten. Die Planbarkeit ist wichtig für uns.

Vor Corona hatte Phoenix Hagen einen Zuschauerschnitt von knapp 2400, ehe die Besucherzahlen aufgrund der Pandemie-Auflagen stark zurückgegangen sind. Wie können Sie es schaffen, die Halle wieder voll zu bekommen?

Wir wollen präsent sein, das heißt, wir müssen den Verein zu den Menschen bringen. Wir können uns nicht in die Mittelstraße setzen und hoffen, dass die Leute zu uns kommen, sondern müssen Verein und Team zugänglich machen. Sei es durch ein öffentliches Training, eine Teamvorstellung oder Präsenz auf Veranstaltungen. Wir müssen uns als Phoenix Hagen präsentieren und den Spielern ein Gesicht geben. Das Gute ist: Wir haben ja mit Dominik Spohr praktisch einen Spieler, der aber nicht spielt. Wenn man mit Dominik irgendwo auftaucht, hat man den Vorteil, dass quasi die Mannschaft mit repräsentiert wird. Sein Image ist unglaublich gut. Das ist ein Pfund, das wir nutzen müssen. Dass er seinen Job als Vertriebs- und Marketing-Manager dazu auch noch verdammt gut macht, macht ihn zu einem Glücksgriff für uns.

Stichwort Identifikationsfiguren: Der Spielerkader erfährt aktuell einen riesigen Umbruch, der selbst für diese Branche ungewöhnlich ist. Ist noch genug Identifikation für die Hagener Fans im neuen Team?

Man muss das relativieren. Zwei beliebte Spieler beenden ihre Karriere, was auch nicht alle Tage vorkommt. Mit JJ Mann holen wir einen verdienten und beliebten Spieler zurück, und mit Marcel Keßen haben wir einen richtigen Hagener. Im Coaching-Staff sind wir ebenfalls stabil geblieben. Ich finde, wir haben bislang tolle Spieler und geile Typen geholt, denen eine Chance gegeben werden muss. Da sind Spieler mit richtig viel Potenzial dabei und natürlich sollen sie die Perspektive erhalten, mehrere Jahre hier zu bleiben. Wir wollen Konstanz reinbekommen. Das ist Teil der Perspektive 2025.

In der kommenden Saison soll die Halle von Phoenix Hagen wieder proppevoll werden.
In der kommenden Saison soll die Halle von Phoenix Hagen wieder proppevoll werden. © Michael Kleinrensing

Das ist ein gutes Stichwort. Die Perspektive 2025, die Ihr Vorgänger Patrick Seidel maßgeblich formuliert hat, sieht eine mittelfristige Rückkehr in die BBL vor. Ist das in Ihren Augen realistisch?

Ja, das ist absolut realistisch. Dafür ist es unabdingbar, dass wir jetzt wachsen. Wenn wir bei den Menschen Emotionen wecken und unser Partnernetzwerk pflegen und erweitern, werden wir das hinkriegen. Das Ziel muss es sein, sportlich eine positive Entwicklung durchzumachen und den Spielern eine Perspektive aufzuzeigen, um sie zu halten. Dafür müssen wir ein klares Leitbild haben, das festgelegt, wer wir sind und wie wir sein wollen. Jeder muss das verstehen und mitmachen, und dann werden wir 2025 in der Lage sein, um den Aufstieg mitzuspielen.

Bis 2025 soll auch die neue Hagener Mehrzweckarena fertig sein...

Bis zu diesem Zeitpunkt muss das Produkt Phoenix Hagen bereit sein für die Halle. Wir müssen zu cool sein für die Krollmann Arena, denn dort sind wir in unseren Möglichkeiten limitiert. Wenn alles gut läuft, wird der VIP-Bereich schon in der nächsten Saison ausgelastet sein. Die neue Halle wird uns ganz neue Hospitality- und Sponsoring-Möglichkeiten bieten, abgesehen davon wird sie vor allem mit dem digitalen Boden, dem Fitnessbereich und vielen weiteren Features ein geiles Ding sein. Bis es so weit ist, braucht Phoenix Hagen das Gefühl, dass es richtig Bock macht, diese Halle zu bespielen. Die Atmosphäre muss so gut sein, dass die Leute uns die Tickets aus der Hand reißen. Klar ist, dass es für uns keinen Sinn macht, dort vor 2000 Zuschauern zu spielen.

Hatten Sie bereits Kontakt zu den Verantwortlichen des Hallenprojekts um Investor Detlef Spruth?

Ja, wir hatten zu Wochenbeginn ein Meeting und haben uns über die Halle unterhalten. Mir war es wichtig, früh über dieses Thema zu sprechen. Fakt ist, dass die Halle ein großer Push wäre, nicht nur für uns, sondern für die gesamte Stadt.