Hagen. Ein Hagener Urgestein beendet seine Karriere: Phoenix-Kapitän Dominik Spohr macht nach der Saison Schluss. Die Gründe und wie es weitergeht.

Ob er sich noch an seinen ersten Einsatz für Phoenix Hagen erinnert? Dominik Spohr zögert keine Sekunde. „Na klar, als wäre es gestern gewesen.“ 3. Februar 2007, ein kalter Wintertag in Berlin, TuS Lichterfelde gegen Phoenix, Talentschmiede des Basketball-Unterhauses gegen den aufstrebenden Klub aus Westfalen. Adam Baumann versenkte einen Mitteldistanzwurf nach dem nächsten, Per Günther dribbelte seine Gegner schwindelig und das Talent Spohr sammelte beim 101:79-Auswärtssieg seine ersten Punkte und Rebounds in der 2. Bundesliga Nord.

Natürlich weiß der Hagener auch noch, wie der Abend damals weiterging. Die Mannschaft blieb über Nacht und feierte den Sieg in der Hauptstadt. Spohr war erst 17, der einzige Minderjährige des Teams, aber Phoenix-Geschäftsführer Oliver Herkelmann versprach den Eltern des jungen Mannes, auf ihn Acht zu geben. „Oli hatte sein Wort gehalten. Das habe ich nicht vergessen“, grinst Spohr. Als wäre es gestern gewesen.

Dominik Spohr: Warum er aufhört

In diesen Tagen denkt Dominik Spohr, mittlerweile 32 Jahre alt und zweifacher Familienvater, gerne und oft an solche Momente zurück. Denn auch wenn der Kapitän des ProA-Ligisten Phoenix Hagen mit durchschnittlich 10,7 Punkten noch auf hohem Level spielt, wird er nach dieser Saison seine Karriere beenden. „Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist für mich nicht mehr so gegeben, wie ich es mir wünsche“, erklärt Spohr, dass es mehrere Gründe gebe, weshalb er aufhört.

19. März 2022, Hagen. Basketball 2. Bundesliga BBL Phoenix Hagen gegen VfL Sparkassenstars Bochum / Dominik Spohr
19. März 2022, Hagen. Basketball 2. Bundesliga BBL Phoenix Hagen gegen VfL Sparkassenstars Bochum / Dominik Spohr © WP | Michael Kleinrensing

„Wir sind viel unterwegs, haben lange Auswärtsfahrten. Aber auch bei Heimspielen bin ich den ganzen Tag über extrem angespannt, weil ich den Sport seit jeher sehr ernst nehme. Zum anderen möchte ich abtreten, bevor ich ein Auslaufmodell werde. Der Zeitpunkt ist gekommen, die Schuhe an den Nagel zu hängen.“

Liebe zum Spiel nicht erloschen

Die Entscheidung fällt dem 1,98 Meter großen Flügelspieler schwer, das nimmt man ihm sofort ab. „Meine Liebe zum Basketball ist ja nicht erloschen“, sagt Spohr. Was er am meisten vermissen wird? Einerseits „seine Jungs“, das Herumblödeln nach Training, Spielen und auf Auswärtsreisen. Rekord-Nationalspieler Patrick Femerling beschrieb das Dasein des Profibasketballers mal als „sehr, sehr lange Klassenfahrt“. Spohr kennt das nur zu gut. „Im Mannschaftsbus sitzt neben mir Marcel Keßen, das hat hohen Entertainment-Wert und macht die langen Fahrten erträglich“, lacht der 32-Jährige. Aber in erster Linie wird Spohr „das Spiel“ vermissen, wie er betont. Die Momente, wenn er zwei, drei Dreier in Folge trifft und die Hagener Fans ausflippen, „oder wenn die gegnerische Halle auf einmal stumm wird“, schmunzelt er.

Auch lesenswert: Phoenix Hagen: Harris rastet aus, Occeus disqualifiziert.

Es sind Momente, für die Dominik Spohr lebt, und das von Kindesbein an. Während viele seiner Freunde nach Schulschluss heim gingen und abschalteten, betrat er die Sporthalle und verließ sie oft erst, wenn es bereits dunkel war. Wenn er an diese Zeit zurückdenkt, spricht aus ihm die Dankbarkeit: „Meine Eltern haben mich ermutigt, den Schritt zum Profispieler zu wagen. Aber auch wenn ich nur hobbymäßig gespielt hätte, wäre das okay für sie gewesen. Sie standen immer hinter mir.“

Lang, lang ist’s her: Dominik Spohr (rechts) im Jahr 2006, als er für den Regionalligisten BG Hagen und dessen Trainer Steven Wriedt spielte.
Lang, lang ist’s her: Dominik Spohr (rechts) im Jahr 2006, als er für den Regionalligisten BG Hagen und dessen Trainer Steven Wriedt spielte. © WP | WP-BILD,

Nach dem Abitur absolvierte der Hagener eine Banklehre bei der Märkischen Bank, aber auch während dieser Zeit ackerte er in der Halle und im Kraftraum wie ein Verrückter. Eine lange Pause gab es nie. 2012 verließ er Hagen für insgesamt fünf Jahre, um für Gießen und anschließend Göttingen auf den Korb zu werfen. Eine Zeit, die für ihn und seine Frau Jasmin auch mal zur Belastung wurde. „Wir mussten eine Fernbeziehung führen“, erinnert sich der Familienvater. „Meistens ist sie nach Göttingen gefahren, wenn ich mal einen freien Tag hatte. Das rechne ich ihr sehr hoch an.“

Die Sternstunden von Dominik Spohr

Für Dominik Spohr haben sich all der Schweiß und Stress bezahlt gemacht. Der 32-Jährige blickt auf Bundesliga-Aufstiege mit Phoenix Hagen (2009) und BG Göttingen (2014) sowie die U19-Vizemeisterschaft mit dem Hagener NBBL-Team (2007) zurück – seine Sternstunden. Fast 200 BBL-Spiele hat Spohr absolviert, einen Großteil davon als Teamkapitän. „Ich bin stolz auf das, was ich erreicht habe, denn die wenigsten haben mir zugetraut, auf dem Level spielen zu können“, sagt er selbstbewusst.

Spohr war nie der Talentierteste. Er springt nicht mit dem Kopf an den Ring und überwindet seine Gegner nicht mit ästhetischen Bewegungen. Der Forward ist ein Anführer mit vorbildlicher Einstellung und weichem Wurfhändchen. Auch in dieser Saison trifft Dominik Spohr 47 Prozent seiner Dreier – ein fantastischer Wert. „Die Liga wird aufatmen, wenn sie hört, dass Dominik Schluss macht“, ist sich Phoenix-Trainer Chris Harris sicher.

Harris: Erstaunlich, wie er sich entwickelt

Aber Dominik Spohrs Wert für Phoenix Hagen gehe weit über Körbe und Quoten hinaus. Von der Erfahrung, Professionalität und Seriosität des Hagener Urgesteins habe der Klub enorm profitiert. Er sei seit seiner Rückkehr im Jahre 2017 das Gesicht des Vereins, ein Vorbild in jeglicher Hinsicht. „Ich kenne Dominik ja seit 2008, als wir damals beim BBV zusammengespielt haben. Es ist erstaunlich, wie er sich permanent weiterentwickelt hat und das auch weiter tut“, schwärmt Harris. „Dominik ist immer bereit, über sich hinauszuwachsen, sei es sportlich oder menschlich.“

Bernd Kruel (links) und Dominik Spohr (2008).
Bernd Kruel (links) und Dominik Spohr (2008). © WP Michael Kleinrensing

Über sich hinauswachsen – das will Spohr künftig in anderen Bereichen tun. Basketball wird sich nach dieser Saison für ihn erledigen, sagt er. „Das kann sich noch ändern, aber jetzt habe ich keinerlei Ambitionen, semiprofessionell oder hobbymäßig zu spielen“, stellt Spohr klar. Und beruflich? Da befinde er sich momentan in der Findungsphase. „Es gibt Ideen und ich habe auch ein paar Gespräche geführt, wie ich in die Strukturen von Phoenix Hagen eingebunden werden könnte. Aber es ist noch nichts spruchreif.“

Das große Ziel: die Playoffs

Momentan konzentriert sich der Hagener Junge auf diese Saison, ein paar Spiele hat er ja noch vor sich. Am Samstag geht es gegen den Tabellenersten Rostock Seawolves, danach gegen Kirchheim und Quakenbrück. Zwei Siege aus drei Partien – dieses Mindestziel haben sich die Phoenix-Basketballer für den Endspurt gesetzt.

Auch lesenswert: Kabinengeflüster: Als Dominik Spohr das Unheil kommen sah.

Im Rahmen des Rostock-Spiels – es ist das letzte Phoenix-Heimduell in der Hauptrunde – wird Spohr offiziell verabschiedet. Gemeinsam mit seinen Mitspielern will er aber dafür sorgen, dass der Einzug in die Endrunde gelingt und die Saison weitergeht. „Das ist das ultimative Ziel“, sagt Dominik Spohr. „Und dann wollen wir in den Playoffs Radau machen.“