Hagen. Von schimmeligen Wänden und wütenden Fans: In „Kabinengeflüster“ erzählt Phoenix-Center Marcel Keßen von kuriosen Momenten in seiner Karriere.

Als er ein Kind war, jubelte er den Profibasketballern in der Ischelandhalle zu, mittlerweile ist er selbst ein Liebling der Fans: Marcel Keßen (24) ist das Gesicht von Phoenix Hagen. Der Center erzielt in dieser Saison der 2. Basketball-Bundesliga ProA 13,5 Punkte sowie sechs Rebounds im Schnitt und trifft sagenhafte 51 Prozent seiner Dreier. Was den gebürtigen Hohenlimburger aber vor allem auszeichnet: seine Emotionen. Keßen spielt leidenschaftlich und trägt sein Herz auf der Zunge. Man könnte sagen, er ist perfekt für unsere Kabinengeflüster mit Yannick Opitz und Sören Fritze!

Teambuilding mal anders

Ziehen zwei US-amerikanische Basketballer gemeinsam in eine deutsche Wohnung... das klingt schon wie der Beginn eines Scherzes, aber das Ende dieser Anekdote stinkt ganz schön. Als Marcel Keßen in Oldenburg spielte, schafften es zwei seiner Mitspieler, eine zuvor makellose, gepflegte Wohnung innerhalb von nur zehn Wochen komplett zu verschimmeln. „Wir bekamen eine Nachricht unseres Trainers, dass in der Wohnung der beiden eine Teambuilding-Maßnahme ansteht“, erinnert sich Keßen.

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Die Maßnahme bestand darin, die verschimmelten Möbel abzubauen und nach draußen zu schleppen. „Das Bett, die Couch, die Wand – alles war grün.“ Wie das passieren konnte? Das konnten sich die Übeltäter selbst nicht richtig erklären.

Schnell wurde aber klar, dass die Wohnung im ersten Monat gar nicht gelüftet wurde und danach nur hin und wieder. „Sie wussten zunächst nicht, wie man die Fenster öffnet“, grinst Keßen. Zudem waren die Heizkörper stets auf Stufe fünf gedreht. Dann wurde es grün.

Bestialischer Geruch

Ein wenig angenehmer Duft machte sich vor einigen Jahren in der Hemberghalle, die jetzt Matthias-Grothe-Halle heißt, breit. Das lag aber nicht daran, dass die Iserlohner Arena schlecht gelüftet wurde, sondern an einem Spieler der Kangaroos. US-Forward Matt Kavanaugh zog immer und immer und immer wieder das gleiche Trikot an, ohne dieses zu waschen. Warum? Weil der Profibasketballer nicht wusste, wie er seine Waschmaschine bedienen sollte und er sich nicht traute, mal jemanden zu fragen, wie das Haushaltsgerät funktioniert.

Marcel Keßen stopft im Spiel gegen die Gladiators Trier.
Marcel Keßen stopft im Spiel gegen die Gladiators Trier. © Unbekannt | Michael Kleinrensing

„Er hat seine Wäsche reingetan, Waschmittel hinzugefügt und die Maschine angestellt, aber er hatte nicht den Absperrhahn aufgedreht“, klärt Yannick Opitz auf, der damals mit Keßen bei ProB-Ligist Iserlohn spielte. „Nach Ablauf des Waschgangs hat er seine dreckige Wäsche rausgeholt und wieder angezogen.“ Irgendwann hielten Kavanaughs Mitspieler den Gestank nicht mehr aus, vor allem Keßen nicht: „Ich war erst 16 und hab’ mich erst nicht getraut, etwas zu sagen, aber ich musste im Training immer gegen ihn spielen und habe es irgendwann nicht mehr ausgehalten.“

Pizza auf dem Schoß

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Matthias Grothe hat Marcel Keßen bei den Phoenix Youngsters und Juniors gecoacht, und später auch beim Profiteam der Iserlohn Kangaroos. Grothe war sein Förderer, Mentor und Held. Wenn Keßen an „Matze“ denkt, muss er sofort grinsen – und viele Erinnerungen schießen in seinen Kopf. Als der Center noch zu jung für einen Führerschein war, hat Matthias Grothe ihn immer aus Letmathe abgeholt und zum Training der Youngsters bzw. Juniors gefahren.

Nach dieser Einheit ging es weiter zum Kangaroos-Training - aber vorher stand meist noch ein Zwischenstopp an. „Matze hat an der Pizzeria Pinocchio angehalten, damit er sich während der Fahrt noch eine Pizza und einen Liter Cola-Light reinschieben kann“, lacht Marcel Keßen. Der junge Basketballer hatte dabei oft den Pizzakarton auf dem Schoß. Bis die beiden an der Iserlohner Halle ankamen, war der Karton leer.

Krach mit Fans

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Als Marcel Keßen mit den Baskets Juniors Oldenburg in den ProB-Playoffs gegen die Bayer Giants Leverkusen spielte, bekam er die hässliche Seite der Fanszene zu spüren. Sein Mitspieler und guter Freund Haris Hujic verkrachte sich auf dem Feld mit einem Leverkusener Spieler. Es fielen unschöne Worte - wie das nun mal so ist in einer intensiven Playoff-Partie. Auch Keßen mischte sich mit ein und schimpfte in Richtung des Giants-Spielers, der disqualifiziert wurde. Das schmeckte den aggressiven Leverkusener Fans – viele davon waren Fußball-Anhänger, die die Basketballer unterstützten – überhaupt nicht. „Die sind komplett ausgerastet“, blickt Keßen zurück.

Im dritten Spiel der Playoff-Serie in Leverkusen schossen sich die Giants-Fans dann richtig auf Keßen ein. Zu Beginn der Partie stopfte der Center den Ball in den Korb und machte eine Geste in Richtung der weiß-roten Anhänger, als wollte er sagen: Seid lauter, ich kann euch nicht hören. „Sie haben das ganze Spiel ‘Keßen, du Hurensohn’ gesungen“, schüttelt der Hagener den Kopf. Keßens Mutter saß im Publikum und musste weinen. „Sie fand das ganz schlimm und war überfordert mit der Situation.“

Der Leverkusener Anhang lauerte nach dem Spiel auf Keßen, doch dessen Vater fuhr ihn nach Spielende rasch nach Hause. Aber damit war die Sache nicht erledigt. Keßen erhielt Drohungen und Beschimpfungen per Post und über die sozialen Medien. „Sie haben geschrieben, dass ich der unsympathischste Mensch der Welt sei oder dass sie mich fertig machen werden.“

Mittlerweile ist Gras über die Sache gewachsen. Oder? Marcel Keßen hat seitdem nur ein Geisterspiel gegen Leverkusen bestritten. Am 12. Dezember kommt es zum NRW-Derby zwischen den Giants und Phoenix Hagen.