Hagen. Die Hasper Urgesteine Martin und Michael Wasielewski sind zu Gast im Kabinengeflüster. Vor dem Derby gegen BBA Hagen schließen sie eine Wette ab.
Die Stimmung in den Regionalliga-Derbys zwischen dem SV Haspe 70 und der BG Hagen, die jetzt BBA Hagen heißt, hatte es oft in sich, flachte aber in der Regel im Spielverlauf ab. Und das bedeutete, dass die Spannung früh aus dem Duell der Stadtrivalen war. Leider! BG dominierte, Haspe schwächelte, so stellte sich das Geschehen auf dem Feld meistens da. Aber die jetzige Situation der beiden Konkurrenten ist eine völlig andere und lässt auf ein brisantes und spannendes Derby am Samstag in der Rundturnhalle Haspe hoffen (19 Uhr).
Denn während die BBA mit nur zwei Siegen aus neun Spielen auf Tabellenplatz zwölf und damit schon etwas mit dem Rücken zur Wand steht, rangieren die 70er überraschend mit fünf Erfolgen auf Platz sechs. „Unsere Lage ist recht entspannt, BBA muss mal wieder ein paar Spiele gewinnen und ein Derbysieg wäre für sie ein guter Start“, findet Martin Wasielewski, Teammanager der Hasper. „Ich bin mir sicher, dass es am Samstag ganz schön heiß wird“, glaubt auch BBA-Aufbauspieler Sören Fritze.
Wer ganz besonders heiß sein wird, was das Derby ausmacht und welche Wette BBA und Haspe 70 ausgemacht haben, diskutieren Martin Wasielewski und sein Bruder Michael (Haspes Trainer) mit den BBA-Spielern und Gastgebern unseres Kabinengeflüsters, Sören Fritze und Yannick Opitz.
Derbys früher, Derbys heute
Vorm Derby ist die Stimmung zwischen den gegnerischen Spielern entspannt. „Aber sobald der Ball in die Luft geht, ist die Freundschaft vorbei“, sagt Martin Wasielewski, für den die Regionalligaspiele gegen Lokalrivalen immer besonders waren. „Derbys bedeuteten harte Fouls, egal wer da in der Zone stand, der hat dich umgeschmiert, wenn du auf dem Weg zum Korb warst. Ich frage mich, wie die Leute verletzungsfrei aus den Spielen gegangen sind.“ Aber nach den Partien habe man gemeinsam mit seinen Gegnern teils bis 2 Uhr in der Kabine „über allen möglichen Quatsch philosophiert. Aber nachdem wir aus der Halle waren, waren wir wieder Haspe und BG.“
Auch interessant
Und heute? Die Wasielewskis, Opitz und Fritze räumen ein, dass sich die Zeiten geändert haben. „Für die jungen Spieler haben Derbys nicht mehr die große Bedeutung, wie es früher mal war“, sagt Yannick Opitz, und Martin Wasielewski fügt an: „Heute muss ich mir überlegen: Was erzählst du den Jungs, damit sie heiß werden? Früher musstest du das nicht.“ Und das habe auch etwas mit der Art und Weise zu tun, wie heute Basketball gespielt wird. Früher war mehr Härte, mehr Einsatz, dafür weniger künstlerische Dribblings und keine Dreier aus zehn Metern.
„In so einer Situation, wie wir sie am Samstag haben werden, hätten sich die Spieler früher auf jeden Fall auf dem Feld gekloppt“, ist sich Opitz sicher. Hinzu kommt, da sind sich alle vier einig, dass die Schiedsrichter eine harte Spielweise weniger dulden als früher. Und das hemmt so manchen Basketballer, mal entschlossener zuzupacken. Aber Michael Wasielewski findet: „Ob Derby oder nicht, wenn du jemanden beim Korbleger foulst, dann so, dass der Gegner das Ding nicht mehr reinmachen kann.“
Das „Vytzka-Pendel“
Ein Spieler, der wie gemacht ist für Derbys, ist Vytautas „Vytzka“ Nedzinskas. Beim litauischen Flügelspieler liegen Genie und Wahnsinn nah beieinander. Nedzinskas kann Rüpel und gleichzeitig Feingeist auf dem Feld sein. „Sobald der Ball in die Luft geht, setzt bei Vytzka ja jeglicher Verstand aus“, lacht BBA-Spielmacher Sören Fritze, der dem 34-Jährigen schon unzählige Korbvorlagen gegeben hat. „Dann übernimmt bei ihm der pure litauische Basketballer-Instinkt. Wenn er heiß wird, schreit er alle an, auch die Schiedsrichter, und seine Gegenspieler vermöbelt er.“
Es gab allerdings mal ein Hagener Regionalliga-Derby, da war „Vytzka“ ganz und gar nicht heiß. Am 5. April 2019, als der zwei Meter große Dreierspezialist im Trikot von Haspe 70 gegen sein Ex-Team der BG auf dem Feld stand. Nedzinskas versenkte zunächst seinen ersten Distanzwurf - das war es dann aber auch. Bis zum Ende der 52:86-Klatsche gelang dem Forward in der Otto-Densch-Halle kein einziger Punkt mehr. „Vytzka lief wie Falschgeld über das Feld“, erinnert sich Martin Wasielewski, der die 70er coachte. Ganz bitter für ihn: Es war damals sein 40. Geburtstag. „Ich habe vorher gescherzt, dass wir entweder mit 40 gewinnen oder mit 40 verlieren werden.“
Tatsächlich verlor seine Truppe fast mit 40. Aber egal, ob das Derby am Samstag eng wird oder nicht: Spannend wird zu sehen sein, in welche Richtung das „Vytzka-Pendel“ ausschlagen wird.
Haspes X-Faktor
Sage und schreibe 21 Jahre lang trug Oscar Luchterhandt das Trikot des SV Haspe 70, ehe er im Sommer 2020 nach dem Abstieg seiner Mannschaft aus der 1. Regionalliga eine neue Herausforderung suchte. Und die fand er schnell beim Stadtrivalen BG Hagen. „Pommes“, wie Luchterhandt genannt wird, reizte es, sich einer erfahrenen Mannschaft anzuschließen, die oben mitspielen kann und die nicht zu sehr von seinem individuellen Können abhängig ist.
Aber der Wechsel tat ihm nicht gut. Schnell merkte der heute 30-Jährige, dass es in Eilpe spielerisch nicht für ihn passt. Die Saison 2020/21 wurde nach sechs Spieltagen sowieso abgebrochen. „Pommes“ kam ins Grübeln und ging zurück zu seinen Wurzeln. Will sich Luchterhandt, der grippebedingt zuletzt ausfiel, jetzt gegen sein Ex-Team beweisen? „Das glaube ich schon“, schätzt Yannick Opitz. „Oscar wird unser X-Faktor sein. Auch bei ihm kann das Pendel in beide Richtungen gehen. Er kann 35 Punkte machen, alles treffen, oder aber er findet gar nicht ins Spiel rein“, sagt sein Trainer Michael Wasielewski. Jedenfalls sei „Pommes“ mit Herz und Seele dabei.
In einem Derby vor fünf Jahren überkamen ihn jedoch die Emotionen. Luchterhandt geriet mit dem damaligen BG-Guard Milen Zahariev aneinander, es kam zum Gerangel und zum Austausch von netten Worten. Der Hasper Flügel wurde disqualifiziert, sein Team verlor am Ende mit 68:90. Übrigens bekam damals ein BG-Spieler, der sich in den Spielerzoff einmischte, ebenfalls ein Technisches Foul: Es war Vytautas Nedzinsksas.
Ruhig, ruhiger, Ligons
Es gibt Spieler, die das Derbyfieber so richtig packt, und dann gibt es jene, denen die Brisanz bewusst ist, die aber dennoch cooler bleiben als Hagens Sporthallen im Winter. Und zur letzteren Sorte gehört Marcus Ligons, der bereits zweimal für Haspe spielte, mittlerweile aber bei der BBA heimisch geworden ist.
Auch interessant
Der jetzt schon legendäre Regionalliga-Flügel bringt seine Leistung immer, egal gegen wen. „Marcus wird Bock haben, er freut sich, viele bekannte Gesichter wiederzusehen. Aber die Derbybrisanz ist ihm egal“, weiß Martin Wasielewski.
Die Wette
Die Wasielewskis sind für Samstag siegesgewiss – und Opitz und Fritze natürlich auch. Es spricht also nichts gegen eine Wette. Wir haben abgemacht: Wenn die 70er gewinnen, dann müssen Fritze und Opitz bei einem Hasper Heimspiel Bier ausschenken. Und wenn die BBA das Derby holt, dann müssen die „Wasis“ an die Zapfhähne der Otto-Densch-Halle. Wenn das keine Brisanz ins Derby bringt, was dann?