Wetter/Herdecke. Mehr als 10 Prozent ihrer Mitglieder haben die Sportvereine in Herdecke in der Corona-Pandemie verloren. Vor allem bei den Jüngsten.Die Analyse:
Fast kein Training seit mehr als einem halben Jahr: Dem organisierten Sport setzt die Corona-Pandemie immer mehr zu, das gilt auch für die heimischen Vereine. Das zeigt die aktuelle Bestandserhebung durch den Landessportbund (LSB): Gut drei Prozent der Mitglieder in NRW haben sich im letzten Jahr von ihren Sportvereinen abgemeldet, die Zahlen in Wetter (5,3 %) und vor allem in Herdecke – hier verließen mehr als zehn Prozent die Klubs (10,01) – liegen noch höher. „Hauptsächlich trifft es unsere Großvereine, wie im Landestrend sind die besonders gebeutelt“, weiß Thomas Bieber, Vorsitzender des Stadtsportverbands Herdecke. Und betroffen sind vor allem die Jüngsten: Fast ein Viertel aller Kleinkinder wurden in den beiden Ruhrtalstädten abgemeldet.
Der allgemeine Trend
Etwa 4,92 Millionen organisierte Vereinsmitglieder gibt es in Nordrhein-Westfalen noch, erstmals seit 2014 rutschte man damit unter die Fünf-Millionen-Grenze ab. Weil die Sportvereine des Landes 3,4 Prozent ihrer Mitglieder – insgesamt etwa 166.000 Personen – verloren. Was weniger die kleinen Klubs getroffen hat, deren Aktive sich trotz monatelanger Sport-Zwangspause als weitgehend treu erwiesen haben. Stark gelitten unter dem Abwärtstrend haben aber die Großvereine mit mehr als 1000 Mitgliedern, jeder Zehnte hier hat seinen Verein verlassen.
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Das gilt kaum für die Senioren über 60, dafür umso mehr für den jüngsten Nachwuchs: Einen „alarmierenden“ Rückgang von knapp 16 Prozent verzeichnet der LSB bei den Kleinkindern (0 bis 6 Jahre), da für sämtliche Gruppen in diesem Alter – wie Anfänger-Schwimmen oder Eltern-Kind-Turnen - keine Anmeldungen möglich waren. „Deshalb ist es von zentraler Bedeutung, dass wir zeitnah vor allem unsere Kinder und Jugendliche wieder in Bewegung bringen“, fordert LSB-Präsident Stefan Klett. In Herdecke und Wetter gilt das in besonderer Weise, hier ging die Zahl der Sport-Anfänger gegenüber dem 1. April 2020 sogar um 22,5 Prozent zurück. „Das liegt daran, das in diesem Bereich kein Sportangebot möglich ist“, sagt Mike Dickmann, Vorsitzender des Stadtverbands für Leibesübungen in Wetter.
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Die Lage in Herdecke
Die Kurve war zwei Jahre nach oben gegangen, umso stärker traf es die 29 im Herdecker SSV organisierten Vereine nun. 6730 Mitglieder zählten sie vor Jahresfrist, nun sind es nur noch 6056. „Hauptsächlich trifft es unsere beiden Großvereine TSV Herdecke und TuS Ende“, weiß Thomas Bieber, dessen eigener Ruderclub Westfalen Herdecke – hier wird vornehmlich Individualsport im Freien betrieben - kaum betroffen ist: „Wir konnten unseren Mitgliedern ja auch im letzten Jahr Sport anbieten.“
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Einen deutlichen Rückgang etwa spürt mit dem TSV Herdecke der größte heimische Verein, der sich im letzten Herbst noch über leicht steigende Mitgliederzahlen freuen durfte. „Da hatten wir die 1600 geknackt, jetzt sind wir bei 1500“, bedauert Vorstandsmitglied Antje Meyer. Die zu Jahresbeginn üblichen Neu-Mitglieder blieben aus, da hofft der TSV auf eine Trendwende. Meyer: „Wir verzeichnen erste Anmeldungen durch unsere Online-Kursangebote.“ Das Online-Programm hat in den letzten Wochen auch der TuS Ende auf- und ausgebaut, der ebenfalls einen zweistelligen Mitglieder-Rückgang auf knapp unter 1500 verzeichnen musste. Immerhin seien die Mitglieder „im Corona-Jahr nicht massenhaft weggelaufen“, sagte Klubchef Dr. Jochen Schneider im Januar.
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Die Lage in Wetter
Den Trend zum Mitgliederrückgang hält in Wetter seit mehr als einem Jahrzehnt an, im Vorjahr unterschritt man erstmals die Grenze von 8000. Er setzte sich in der Corona-Pandemie verschärft fort, mit dem Rückgang von 7976 auf 7552 (minus 5,3%) allerdings nur halb so stark wie in Herdecke. Und auch hier haben vor allem die Großvereine Probleme. „Die Aussichten sind nicht so rosig, es geht querbeet vom Eltern-Kind-Turnen bis zum Reha-Sport“, sagt etwa Holger Hörenbaum, Klub-Vize des TuS Wengern, der etwa 150 Mitglieder verloren hat und unter 1300 liegt. Ähnlich ist es der TGH Wetter ergangen. „Wir haben einen Rückgang von 120 Mitglieder, sind jetzt bei knapp unter 900“, sagt der Vorsitzende Michael Stiemert – und verweist als größten Bereich auf die Kleinkinder: „Dass wir im Mutter-Kind-Turnen keine Angebote machen können, hat uns sehr getroffen.“
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Die Perspektiven
Auch um den Schwund bei den Jüngsten zu stoppen, nutzen die Klubs die Chance, in kleinem Rahmen in Herdecke und Wetter nun wieder Anfängerschwimmen anzubieten. Und auf Online-Angebote setzen immer mehr Vereine. Auch wenn SfL-Chef Dickmann einschränkt: „So gut die Online-Angebote sind, wir werden damit die Lücken nicht füllen können. Es wird Zeit, dass wieder Sport möglich ist.“ Sein Herdecker Kollege Bieber fürchtet: „Für alle Indoor-Sportarten könnte es eng werden, wenn sie weiter nicht trainieren dürfen.“