Hagen. Phoenix-Trainer Chris Harris spricht über die Herausforderungen einer eigenartigen Basketball-Saison. Am Sonntag auswärts in Trier.

Aufatmen hieß es für Phoenix Hagen nach den Strapazen der vergangenen Wochen in der 2. Bundesliga, nun sind die ProA-Basketballer wieder in einem geregelten Spielrhythmus. Sich aus dem Tabellenkeller zu kämpfen, wird aber kein Leichtes sein: Javon Baumann fällt noch länger aus, ein Ersatz für den Center wird aktuell gesucht. Und auch Cameron Delaneys Einsatz ist für das nächste Spiel beim Rangneunten Trier fraglich (Sonntag, 17 Uhr, sportdeutschland.tv). Im Interview spricht Phoenix-Trainer Chris Harris über die Herausforderungen einer eigenartigen Saison.

Chris Harris, nach zehn Spielen steht Phoenix auf dem 13. Tabellenplatz, erlebte in den vergangenen Monaten viele Hochs und Tiefs. Wie blicken Sie auf das erste Saisondrittel zurück?

Chris Harris: Erstmal möchte ich sagen, dass sich der Verein vor Corona kontinuierlich nach oben gearbeitet hat, was nach der Insolvenz sehr schwierig war, weil wir von ganz unten anfangen mussten. Corona nimmt uns ein Stück dieser Entwicklung und wirft uns zwei Jahre nach hinten. Vor dieser Saison wussten wir gar nicht, ob wir spielen können, ob mit oder ohne Fans, wir mussten den Spieleretat stark einkürzen. Unser oberstes Ziel ist es zu überleben - was bis November, als wir die Zusage auf Corona-Hilfe bekommen haben, noch fragwürdig war. Wir mussten zweimal in Quarantäne, hatten jetzt fünf Spiele in zwei Wochen, aber kein Spieler hat sich ernsthaft verletzt. Es gibt viele positive Dinge, aber nichts desto trotz stehen wir jetzt mit drei Siegen hinter unseren Erwartungen. Man darf aber nicht vergessen, dass nur unser erstes Spiel gegen Leverkusen unter normalen Bedingungen stattfand.

Vor der Saison haben sie die Playoffs als Ziel ausgemacht. War das zu ambitioniert?

Unsere erste Priorität ist es, dass der Verein finanziell überlebt und auch nach der Corona-Krise auf gesunden Füßen steht. Die zweite Priorität ist es, dass die Spieler gesund und fit durch die Saison kommen. Und natürlich wollen wir guten Basketball spielen und es in die Playoffs schaffen. Aber vor dem Hintergrund, was alles passiert ist, lautet unser Motto nicht "Playoffs oder nichts".

Corona schwebt über dieser Saison, bei den Spielen herrscht aufgrund des Zuschauerverbots Geisterstimmung. Wie fühlt sich diese Saison an für Sie?

Es ist einfach komplett anders und nicht das, was wir uns wünschen. Bei Phoenix Hagen leben wir von der Energie und den Emotionen. Was wäre wohl in der vollen Halle nach dem Siegtreffer von Zach Haney los gewesen? Da wären alle ausgerastet. Und beim Paderborn-Spiel, als wir zeitweise wie Leichen über das Feld getrabt sind, hätte man uns ausgepfiffen. Wir erleben nicht die Hochs und Tiefs in der Form, wie wir es gewöhnt sind. Die Jungs, die hier neu sind, wissen leider gar nicht, welch eine tolle Stimmung unsere Fans machen können. Aber sobald der Ball in der Luft ist, vergessen wir auch mal das Drumherum. Dann wird einfach Basketball gespielt.

Seit Anfang dieser Woche ist klar, dass Center Javon Baumann wegen einer Stirnhöhlen-Operation noch länger ausfällt. Sind Sie schon auf der Suche nach einem Ersatz?

Einen guten deutschen Spieler für die Position fünf zu finden, ist jetzt nicht so einfach. Wir werden die Augen offen halten nach einem Ersatz, müssen aber natürlich darauf achten, dass uns eine Verpflichtung finanziell nicht weh tut.

Ihre Mannschaft hatte zuletzt große Schwierigkeiten in der Verteidigung, hat gegen Jena schon im ersten Viertel viele offene Körbe zugelassen. Lag das an der mangelnden Fitness oder müsste das Team härter spielen?

Die Jungs gingen zuletzt wirklich auf dem Zahnfleisch, konnten sich kaum regenerieren. Diese fünf Spiele in zwei Wochen waren ein absoluter Härtetest, der sehr risikoreich war. Ich bin froh, dass wir die zwei Spiele gewonnen haben und sich niemand verletzt hat. Wir haben es aber thematisiert, dass die Einstellung besser sein muss als gegen Jena, dass wir auch mal ein hartes Foul begehen müssen, um ein Zeichen zu setzen. Wir hatten Abstimmungsschwierigkeiten in der Defense, was aber auch daran lag, dass wir kaum trainieren konnten. Das ändert sich Gott sei dank jetzt wieder. Nur durch Training können wir Dinge auch richtig einstudieren.

Gegen Jena fehlte auch Cameron Delaney mit einer Verletzung an der rechten Hand. Kann er am Sonntag in Trier wieder spielen?

Es sieht gerade leider nicht gut aus. Er war beim Arzt, muss seine Schiene noch weiter tragen. Ohne Cam wird es schwer, auf seine Rebounds und Punkte wollen wir nicht verzichten.

Gegen Trier hat Ihre Mannschaft Anfang Dezember einen überragenden Sieg geschafft. Worauf wird es ankommen, wenn Sie auch auswärts gewinnen wollen?

Es wird ein ganz anderes Spiel werden, beim letzten Mal kamen beide Teams aus der Quarantäne. Wir müssen gegen Triers aggressives Pressing dagegenhalten, wollen schneller und härter spielen als zuletzt und sie dazu zwingen, einen schlechten Tag zu haben.

+++ Info +++

- Hagens nächster Gegner Trier steht mit fünf Siegen aus elf Spielen auf dem neunten Tabellenplatz. Aufbauspieler der Gladiators Trier ist der Hagener Jonas Grof, der vor der Saison von Phoenix ins Team von Trainer Marco van den Berg wechselte.

- Der 24-Jährige kommt bislang auf durchschnittlich 6,2 Punkte, 3,6 Rebounds und 3,2 Assists in 28 Minuten Spielzeit. Dabei hatte Grof viel Wurfpech: Nur 29 Prozent seiner Versuche aus dem Feld fanden ihr Ziel.

-Topscorer der Gladiators ist US-Guard Chase Adams (13,5).