Hagen. Handball-Drittligist Eintracht Hagen gelingt der Coup: Tobias Schwolow wechselt an die Volme. Beim Wilhelmshavener HV durchlebte er Turbulenzen.
Der Verein insolvent, der ehemalige Geschäftsführer wegen eines vermeintlichen Millionenbetrugs hinter Gittern: Handball-Zweitligist Wilhelmshavener HV (WHV) durchlebt unruhige Zeiten. Zeiten, die es Handballern schwer machen, noch Spaß an ihrem Sport zu haben, sondern sie eher grübeln lassen, ob sie sich nicht besser in ruhigeres Fahrwasser begeben sollen. So in etwa lässt sich erklären, warum Drittligist VfL Eintracht Hagen ein wahrer Transfercoup gelungen ist: Rückraumspieler Tobias Schwolow (29) wechselt mit sofortiger Wirkung vom WHV an die Volme. Im Interview mit unserer Zeitung spricht der gebürtige Bonner über seinen Wechsel.
Tobias Schwolow, was hat Sie dazu bewogen, sich der Eintracht anzuschließen?
Tobias Schwolow: Jeder, der sich im Handball auskennt, kennt unsere Situation, die sicher einmalig ist. Das gab’s noch nie, dass der Geschäftsführer eines Handballvereins wegen schwerer Vorwürfe in U-Haft sitzt, hinzu kommen die Probleme durch die Coronakrise. Es war für uns eine sehr turbulente Zeit, aber ich freue mich jetzt auf mein neues Kapitel in Hagen.
Wie schwer war es, sich beim WHV angesichts der ganzen Nebengeräusche noch auf Handball zu konzentrieren?
Ich war zuletzt etwas außen vor, weil ich mir eine Augenentzündung eingefangen habe und die auskurieren musste. Ich war deswegen auch im Krankenhaus, befinde mich aber auf dem Weg der Besserung. Aber natürlich ist diese ganze Situation in Wilhelmshaven nicht spurlos an mir vorbeigegangen. Ich habe mir unsere Spiele angeschaut, und man hat es den Jungs einfach angesehen, dass es sie sehr belastet.
Eintracht-Vereinsvorsitzender Detlef Spruth wollte sie ja schon vor sieben Jahren aus Wermelskirchen zur Eintracht lotsen. Wie kam es dazu, dass Sie sich jetzt einig wurden?
Das stimmt, ich kenne ja auch noch Michael Stock ( VfL-Sportdirektor; Anmerkung d. Red. ) aus früheren Zeiten, es gab immer mal wieder gute Gespräche mit ihm oder mit Detlef über einen eventuellen Wechsel nach Hagen. Der Kontakt ist nie abgerissen. Die Nähe zu meiner Heimat spricht zum einen dafür, aber vor allem hat mich überzeugt, wie rapide sich Eintracht weiterentwickelt . Es fließt sehr viel Herzblut in den Verein und man lässt sich auch nicht von Corona ausbremsen. Das hat mich schon stark beeindruckt. Die Ziele der Eintracht passen zu meinen Zielen. Ich will zurück in die 2. Liga, diese sportliche Herausforderung will ich nicht missen.
Wie gut schätzen Sie Ihre neue Mannschaft ein?
Das ist eine richtig gute Mannschaft, das wird Spaß machen, da bin ich mir sicher. Wir haben Spieler wie Alexander Becker oder Carsten Ridder , das ist ganz sicher keine Laufkundschaft. Ich kann das bezeugen, weil ich gegen einige der Jungs schon Schlachten ausgetragen habe (lacht). Ich bin jetzt gespannt, wie die Saison vonstatten geht, im Januar sollen wir wieder einsteigen und ein paar Testspiele bestreiten. Ich habe es so vernommen, dass die Saison gewertet werden soll.
Wann werden Sie in Hagen ankommen?
Ich plane gerade den Umzug nach Hagen und hoffe, dass ich schon bald mittrainieren kann. Meine Frau und ich haben zwei Kinder, und die sollen jetzt erstmal hier ihr Kindergartenjahr zu Ende bringen. Im Sommer 2021 wollen wir dann in die Heimat ziehen. Wir müssen dann schauen, ob wir in Rheinbach oder in Hagen leben werden.
Nebenbei studieren Sie noch. Wie weit sind sie da?
Ich studiere Wirtschaft und schreibe gerade meine Bachelorarbeit. Wenn ich damit fertig bin, will ich mir neben der Handball-Karriere etwas aufbauen. Es ist ja kein Geheimnis, dass man als Handballer nicht die ganz großen Brötchen backt. Ich versuche den Handball mit einer Karriere neben dem Sport zu verbinden. Und dafür sehe ich in Hagen sehr gute Möglichkeiten.
+++ Info +++
Ausgebildet wurde der 1,86 Meter große Schwolow in Rheinbach . Seit 2015 spielt der Rückraumakteur beim WHV, wo er in 157 Zweitligapartien 891 Treffer erzielte (ausgenommen ist das eine Drittliga-Jahr).
In dieser Saison kommt er in fünf Einsätzen auf 19 Treffer bei einer Quote von 63 Prozent und elf Assists. Nach dem Abstieg führte Tobias sein Team in der Saison 19/20 zurück in die 2. Handball-Bundesliga. Im direkten Duell gegen die Eintracht vor rund einem Jahr war er der spielentscheidende Mann in der Krollmann Arena und steuerte sieben Treffer bei.