Wetter. Eine bewegte Historie: Seit einem Jahrhundert wird in Wengern Fußball gespielt. Die Meilensteine:
Ein ganzes Jahrhundert Fußball in Wengern. Zu diesem Anlass hätte es im vergangenen Sommer auf dem Brasberg ursprünglich ein großes Fest-Wochenende mit Fußballspielen der Junioren- und Seniorenmannschaften und Live-Musik geben sollen. Aufgrund der Corona-Pandemie musste der heutige SC Wengern die Feierlichkeiten an seiner Heimspielstätte jedoch absagen. Im kommenden Sommer soll die große Jubiläums-Party dann nachgeholt werden. Ein Blick auf 100 Jahre Fußball in Wengern:
Die Anfänge
Im Jahr 1916 wütet der erste Weltkrieg in Europa, auch das kleine Dörfchen Wengern ist davon betroffen: Englische Kriegsgefangene bringen den ersten Fußball mit nach Wengern. In der Festschrift des TuS Wengern, anlässlich des 75. Jubiläums im Jahr 2005, wird erzählt: „Die englischen Kriegsgefangenen waren Menschen mit anderen Sitten und Gebräuchen und wurden bestaunt wie Wesen aus einer anderen Welt; und sie brachten das Fußballspiel mit in unser Dorf.“ Die Dorfjugend staunt - und wird am Spiel der Engländer beteiligt. 1916 bekommt Hans Wingenfeld den ersten Ball geschenkt, der Grundstein für den ersten Ballspielverein ist gelegt. Nach Ende des ersten Weltkrieges entschließt man sich im Herbst 1920 dazu, einen Verein zu gründen, auf der Wiese an der Wengeraner Bleiche soll Fußball gespielt werden. Der FC Wengern 1920 wird gegründet, erster Vorsitzender ist Emil Bauer.
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Der Umzug auf den Brasberg
Nachdem das Fußballspielen auf der Bleiche ebenso wie in den Ruhrwiesen untersagt wird und die Stadt ihr Veto gegen den Grundstückskauf am Jageplatz einlegt, greift der Alternativvorschlag: Ein Grundstück auf dem Brasberg, auf dem die Wengeraner Fußballer bis heute aktiv sind. 1923 wird der Platz offiziell eingeweiht. Kurios: Kurz vor dem ersten Freundschaftsspiel gegen die Mannschaft aus Haspe muss das Spielfeld von zwei umgestürzten Bäumen befreit werden, da nachts zuvor ein Sturm gewütet hat. Die Spieler des FC Wengern packten die Sägen aus und Zugpferde schafften die Baumstämme anschließend vom Spielfeld, sodass das erste Spiel stattfinden kann.
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Nach dem 2. Weltkrieg
Über die Folgejahre des FC Wengern ist wenig bekannt, sämtliche Vereinsdokumente verbrennen bei einem Bomebnangriff im Jahr 1942 in der damaligen Gaststätte Heiermann (heute „Wengeraner Hof“). Im September 1945 schließen sich der Turnverein Wengern 1879 und der FC Wengern zusammen, der erste Vorsitzende Hugo Metz versteht es, die unterschiedlichen Sportarten zusammenzuführen und die Fußballer zu Erfolgen zu führen. 1947 steht der TuS Wengern kurz vor dem Aufstieg in die höchste westfälische Spielklasse, verliert im Entscheidungsspiel knapp mit 3:4 gegen den Sportverein Milspe.
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Aufstieg in die Bezirksliga
Nach Jahren der Fluktuation in der Vereinsspitze geht es Ende der 60er Jahre mit den sportlichen Leistungen der Wengeraner steil bergauf. 1967 und 1968 feiert der TuS jeweils die Meisterschaft im Amtspokal, ein Jahr später wird man unter Trainer Erwin Heide Meister in der 1. Kreisklasse und steigt in die Bezirksliga auf. Der Erfolg wird von der Dorfgemeinde belohnt: 1970 investiert die Stadt 40.000 Mark in den Bau der ersten Flutlichtanlage auf dem Brasberg. Die erste Bezirksliga-Saison endete mit einem Rang im gesicherten Mittelfeld.
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Kunstrasen auf dem Brasberg
Lange pendelte der TuS weiter zwischen Kreis- und Bezirksliga. Sechs Jahre lang bemüht sich der Verein, auf dem Brasberg einen Kunstrasenplatz zu finanzieren, 1991 ist es geschafft: Unter den Augen von Bürgermeister Ulrich Schmidt wird im Dezember das erste Pflichtspiel auf neuem Geläuf bestritten. Und die Infrastruktur am Brasberg nimmt weiter Formen an, unter der Leitung von Hans-Werner „Hansi“ Recknagel wird ein Anbau am Sportlerheim mit zwei zusätzlichen Kabinen und Sanitäranlagen in rund 2500 Stunden Eigenleistung fertiggestellt. „Es ist schon unglaublich, wie sich insbesondere Hansi Recknagel für den Verein engagiert hat“, würdigt Michael Knopf, heutiger Leiter der SC-Fußballabteilung.
Goldene Zeiten
Die verbesserte Infrastruktur wirkt sich auch auf die sportlichen Leistungen aus: 1997 steigt der TuS Wengern mit dem langjährigen Erfolgscoach in die Landesliga auf, elf Jahre hält sich der Dorfverein in der damals fünfthöchsten deutschen Spielklasse. 1999 schafft man am Brasberg das Kunststück, als einziger Verein der wetterschen Fußballgeschichte in den DFB-Pokal einzuziehen. In der ersten Runde triftf man auf den damaligen Regionalligisten Sportfreunde Siegen. „Ich weiß noch genau, dass damals Schnee lag und der Mannschaftsbus der Siegener nicht bis zum Platz hoch kam. Die Spieler mussten den Berg also zu Fuß hoch laufen, das hat ihnen schon nicht geschmeckt“, erinnert sich Michael Knopf, der seit 1972 im Wengeraner Fußball aktiv ist. Vor mehreren Hundert Zuschauern muss sich der Landesligist gegen den haushohen Favoriten erst nach Verlängerung mit 1:2 geschlagen geben. 2008 steigt man in die Bezirksliga ab, es folgten weitere Jahre auf Bezirks- und Kreisebene.
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Abspaltung vom Hauptverein
Nach Zerwürfnissen mit dem damaligen Hauptvorstand des TuS Wengern entscheidet sich die Wengeraner Fußballabteilung im Jahr 2018 dazu, einen eigenen Verein zu gründen. Seit dem Sommer 2018 geht die Elf vom Brasberg unter dem Namen SC Wengern an den Start und spielt seither in der Kreisliga A. In dieser Zeit errichteten die vielen ehrenamtlich engagierten Vereinsmitglieder in der Errichtung eines eigenen Vereinsheims. „Das Vereinsheim trägt natürlich seinen Teil dazu bei, dass wir ein intaktes Vereinsleben haben und die Spieler gerne am Platz sind“, erklärt Abteilungsleiter Knopf.
Im kommenden Jahr sollen die Feierlichkeiten zum 100-jährigen Jubiläum des Fußballs in Wengern nach Möglichkeit dann nachgeholt werden. Lars Johannsen, erster Vorsitzender des SC Wengern, erklärt: „Wir können aufgrund der aktuellen Situation noch keine genauen Daten festlegen, wann wir die Feierlichkeiten nachholen. Aber sollte es möglich sein, knüpfen wir an die Planungen, die wir Anfang diesen Jahres gemacht haben, nahtlos an.“ Das ereignisreiche Jahrhundert Wengeraner Fußballgeschichte könnte in einigen Monaten also doch noch angemessen gefeiert werden.