Herdecke. Es geht um das Vermitteln von Regeln, Disziplin und Respekt. Wie Boxen mit Dirk van der Pluym an der Realschule Herdecke ankommt.
Handball, Basketball oder Volleyball wird hier häufig gespielt, viel geturnt, gelaufen oder gekickt. Aber Boxen? In der Bleichsteinhalle gehört das nicht zu den Inhalten des Sportunterrichts an der Realschule Herdecke. An diesem Freitag doch. Im Rahmen der „Aktion Sporthelfer“ ist Boxtrainer Dirk van der Pluym vom BSC Haspe zu Gast - unterrichtet einen Vormittag die 9. und 10. Klasse. Das Interesse ist groß, die Ersatzbank mit an diesem Tag unpässlichen Zehntklässlern fast leer. Und am Ende wollen acht von ihnen die angebotene Chance zum Boxtraining im Fitnessstudio wahrnehmen.
Die schönsten Bilder vom Boxen an der Realschule Herdecke
Mit Klischees aufräumen will Dirk van der Pluym, das macht der 53-Jährige schon vor dem Unterricht in den Herdecker Realschulklassen von Lehrerin Ilka Kloss klar. „Wir machen Boxen nicht, um sich auf dem Schulhof prügeln zu können, sondern es geht um das Vermitteln von Regeln und Disziplin“, sagt er, „und auch darum, Ventilmöglichkeiten aufzuzeigen.“ Der Boxtrainer, der beim BSC Haspe das „Gentlemen Boxen“ anleitet, verweist auf das Projekt „Sport statt Gewalt“ in seinem Verein. Der Box-Sport-Club möchte damit potentiell gewaltbereite Kinder- und Jugendliche an Sportvereine heranführen. Idee dahinter: Wer die Regeln beim Sport akzeptiert, überträgt sie auch auf den Umgang mit seinen Mitmenschen.
Dirk van der Pluym ist zum 3. Mal an Realschule Herdecke
Um für den BSC Haspe zu werben, war Dirk van der Pluym 2015 erstmals für eine Stunde in Herdecke, damals waren noch sein Sohn und seine Tochter an der Realschule. „Es ist so gut angekommen, dass ich dann den ganzen Tag kam“, erinnert er sich an die Wiederholung ein Jahr später. „Jetzt ist die Schule auf mich zugekommen“, sagt er vor dem dritten Besuch. Im Rahmen der „Aktion Sporthelfer“ könnten Schulen beim Stadtsportbund Vereine anfragen, ihre Sportarten im Unterricht vorzustellen, erklärt Sportlehrerin Ilka Kloss. „Boxen ist das erste Mal, dass wir das an der Realschule machen. Die Klasse hatte sich ja den Bereich Kämpfen und Ringen gewünscht“, sagt sie und ist überzeugt: „Die haben richtig Lust darauf.“
Auch interessant
Auch interessant
Auch interessant
Regeln und Disziplin sind im Boxen wichtig
Das zeigt sich schon bei der vollen 10. Klasse in der Bleichsteinhalle nach der großen Pause, der sich van der Pluym vorstellt. Und vor der er zu Beginn auf die Bedeutung von Respekt, starken Regeln und Disziplin im Boxen hinweist. Der Sport würde stets „über der Gürtellinie“ stattfinden. „Menschen, die boxen können und wissen, was Boxen bedeutet, würden es nie in ihrer Freizeit anwenden“, sagt er - und betont: „Boxhandschuhe machen blaue Augen, Messer nehmen Leben.“ Auch auf die sehr populären Kämpfe und Kämpfer der Mixed Martial Arts (MMA) geht er ein. „Ich halte es für charakterschwach, auf den zu treten, der schon auf dem Boden liegt“, macht van der Pluym deutlich: „Boxen dagegen ist hochgradig diszipliniert, wird auch Faustfechten genannt.“
Beim Boxen besiegt der Schnellere den Langsamen
Mit Musik aus der mitgebrachten Lautsprecherbox schickt er die Realschüler auf die Aufwärmrunden, im Kreis geht es dann an die Box-Übungen. „Wir werden uns nicht ins Gesicht boxen, beschränken uns auf ein paar Regionen wie Schulter oder Hüfte“, macht er gleich deutlich, übertönt die Musik mit seinen Anweisungen mühelos: „Ich hatte 14 Jahre eine Dauerkarte auf der Südtribüne beim BVB und war Ausbilder bei der Bundeswehr“, erklärt er. Zunehmend aktiver ahmen die Schüler seine Bewegungen nach, setzen seine Korrekturen um. „ Die Kraft kommt aus der Schulter, haltet den Blick immer aufs Ziel“, sagt er. Und spornt die Schüler an: „Ich bin alt, werde 54. Ihr seid jung, müsstet alle schneller sein als ich. Beim Boxen besiegt der Schnellere den Langsamen.“
Auch interessant
Auch interessant
In Ukraine gibt es Boxen schon an der Grundschule
Umsetzen können das die Zehntklässler, von denen mit Mehmet einer schon beim BSC Haspe boxt, direkt danach beim ersten Sparring. „Wir haben keinen Mundschutz, machen das mit lockeren Fingerspitzen“, erklärt Dirk van der Pluym, mit jeweils einem Bein im auf dem Boden liegenden Hula-Hoop-Reifen stehen sich die „Kämpfer“ gegenüber, attackieren, täuschen, weichen aus. Vor allem zwei motiviert boxende Mädchen wecken seine Aufmerksamkeit. „Ihr seid aus der Ukraine, ihr müsst das können, da gibt es Boxen schon in der Grundschule“, sagt er und lobt: „Aber ihr bewegt euch gut!“
Acht Schüler gehen zur Box-Trainingsstunde ins InjoyXpress
Was auch insgesamt gilt, van der Pluym stellt wachsendes Interesse am Boxen fest. Das zeigt sich nach der Stunde, als das Herdecker InjoyXpress-Fitnessstudio jedem Schüler einen Sportbeutel schenkt. Und eine Box-Trainingsstunde nur für Interessierte aus der Realschule anbietet. Insgesamt acht Schülerinnen und Schüler dieses Faustkampf-Vormittags werden dies nach den Ferien wahrnehmen. Und Dirk van der Pluym freut sich: „Einige haben Geschmack am Boxen gefunden, das war das Ziel der Stunde. Egal, ob sie in den Verein oder ins Studio gehen.“
„Wir machen Boxen nicht, um sich auf dem Schulhof prügeln zu können, sondern es geht um das Vermitteln von Regeln und Disziplin.“