Hagen. Michael Stock vom VfL Eintracht Hagen bezieht offen Stellung zur Kritik aus dem grün-gelben Fan-Lager. Zum Kader hat er eine klare Meinung.
Sportlich läuft es beim VfL Eintracht Hagen aktuell alles andere als rund. Nach sechs Spieltagen warten die Grün-Gelben in der 2. Handball-Bundesliga noch auf ihren ersten Saisonsieg. Ein Umstand, der schon vor einer Woche für die frühe Entlassung von Trainer Stefan Neff gesorgt hatte. Nun hat der ehemalige U19-Trainer Pavel Prokopec auf der Trainerbank der VfL-Profis das Ruder übernommen.
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Diese Personalentscheidung hat bei Eintracht-Fans für reichlich Diskussionen gesorgt. Das Stimmungsbild in den Facebook-Kommentarspalten zum Trainerwechsel ist vielseitig. Viele Fans bedankten sich bei Neff für die erfolgreichen Jahre, und fast alle äußerten sich positiv über den Ex-Trainer, wenn auch die sportliche Situation bei der Fanbewertung naturgemäß nicht gut wegkommt. Einige Fans sahen Neff gar als Bauernopfer. Sie befanden, dass vielmehr in der Kaderplanung Fehler gemacht worden seien. Dass man zum Beispiel Kreisläufer Freddy Stüber (wechselte im Sommer zum Ligakonkurrenten Eulen Ludwigshafen) nicht hätte gehen lassen sollen, war ein Kritikpunkt in den sozialen Netzwerken. Allgemein, so die Auffassung mancher Fans, habe sich der Kader im Vergleich zur Vorsaison verschlechtert.
Jeder Transfer wurde auch vom Trainerstab abgenickt
Diese Kritik aus dem Fan-Lager betrifft unter anderem Michael Stock, der bei der Eintracht für die Kaderplanung verantwortlich ist. Aber nicht er allein entscheidet über Neuverpflichtungen, Vertragsverlängerungen oder Abgänge, wie er verrät: „Jeder Transfer, den wir getätigt haben, jeder Spieler, den wir abgegeben haben, ist zuletzt immer von einem siebenköpfigen Gremium besprochen und beschlossen worden“, sagt Stock.
Co-Trainer und Video-Analyst Hans-Peter „Hape“ Müller sei dabei vertreten gewesen, genauso wie Ex-Coach Stefan Neff und auch Ex-Kapitän und Co-Trainer Valentin Schmidt (neuerdings U19-Trainer), Präsident Detlef Spruth, die Geschäftsführer Fynn Holpert und Joachim Muscheid sowie Kaderplaner Michael Stock: „Ich habe, wenn es um einen Kaderzugang ging, einen potenziellen Spieler in diesem siebenköpfigen Gremium platziert. Und der erste Schritt war immer, dass das Trainerteam gefragt wurde, ob man sich eine Zusammenarbeit mit diesem Spieler vorstellen kann“, erläutert Stock.
Danach folgten intensive Videoanalysen „und dann ist der nächste Schritt, dass das Präsidium und die Geschäftsleitung mit ins Boot geholt wird. Und erst dann bekunden wir beim Spieler Interesse und - sofern Spieler und Berater auch interessiert sind - werden wirtschaftliche Parameter aufgestellt und weitere Gespräche geführt. Mir ist wichtig zu betonen: Jeder Transfer, den wir zuletzt realisiert haben, jeder Abgang, wenn wir uns von einem Spieler trennen wollten, hatte ein einstimmiges Ergebnis in diesem Gremium.“
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Was die Personalie Freddy Stüber betrifft, so habe sich die Eintracht in der Tat schwergetan mit der Entscheidung pro Abgang. Stock spricht von „der schwersten Entscheidung der letzten fünf Jahre“. Die Kritik der Fans, dass dies ein Fehler gewesen sein könnte, sieht er zwiegespalten: „Die Ausgangsfrage ist ja, warum wir überhaupt einen etablierten Kreisläufer abgegeben haben, obwohl wir drei gute Spieler auf dieser Position hatten, die sich gut ergänzt haben.“ Der Hauptgrund sei die vereinsinterne Philosophie gewesen, „die eindeutig besagt: Wenn ein junges Talent aus unseren Reihen eine Chance verdient hat, einen Platz im Kader zu erhalten, dann soll der Spieler sie auch bekommen. Das war bei Igor Panisic der Fall, der eine ganz starke Oberliga-Saison gespielt hat“, erläutert Stock.
Der Rest sei eine Abwägungsfrage gewesen, die einstimmig von der Eintracht-Führung inklusive Trainerstab so entschieden worden sei: „Zum Zeitpunkt der Entscheidung waren Alex Becker und Tilman Pröhl topfit. Wir haben dann sehr, sehr lange diskutiert und hin und her überlegt. Der beste Angriffskreisläufer war aus unserer Sicht Freddy Stüber, dafür war er aber auch nach Meinung des Trainerteams in der Abwehr unter ihnen der Schwächste“, sagt der Kaderplaner der Grün-Gelben.
Tilman Pröhl helfe dem Team hingegen besonders gut in der Abwehr und Becker könne sowohl offensiv wie defensiv Akzente setzen, wenn er denn fit ist. Von daher fiel die Wahl schwer: „Am Ende haben wir uns pro Abwehrfokus und Vereinsphilosophie entschieden und nicht unbedingt gegen Stüber. Das war schwer, aber ich würde das unter den damaligen Umständen genauso wieder entscheiden“, betont Stock und ergänzt: „Dass jetzt ausgerechnet Becker, Panisic und Pröhl verletzt sind, steht auf einem anderen Blatt.“
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Aufräumen möchte Stock auch mit Irrläufern unter den Meinungen auf Facebook, wo ein User unter anderem schrieb, dass man sich zu wenig um eine feste Verpflichtung der Leihgabe Alexander Weck gekümmert habe. „Es gab einfach überhaupt keine Möglichkeit, Alex über den 30. Juni hinaus zu verpflichten, außer, wenn TSV GWD Minden (dorthin wechselte Weck in diesem Sommer, Anm. d. Red.) abgestiegen wäre. Ich kann die Fans zwar verstehen, weil er vergangene Saison sehr gut gespielt hat, aber da gab es einfach keine Chance, unter anderem weil Alex ja auch beim BHC unter Vertrag stand. Ich kann und will hier keine weiteren Interna preisgeben, aber so ist leider die Realität“, erläutert der Kaderplaner des VfL.
„Auch wir unterliegen wirtschaftlichen Zwängen“
Hinzu käme: „Wir hatten uns im Winter noch für diese Position eine mögliche Rückkehr von Valle (Valentin Schmidt, Anm. d. Red.) erhofft, aber er ist nach wie vor verletzt und wir hatten zu diesem Zeitpunkt noch Niclas Pieczkowski und Luca Klein unter Vertrag. Wir können nicht auf jeder Position vier oder fünf hochklassige Spieler haben, weil auch wir wirtschaftlichen Zwängen unterliegen und es auch innerhalb des Kaders zu Problemen führen würde.“
Was den aktuellen Kader betrifft, so blickt er optimistisch nach vorne: „Wir müssen es nur schaffen, die PS auf die Straße zu bringen. Und ich bin mir sicher, dass der Knoten bald platzen wird, wenn es Pavel gelingt, seine Impulse in die Mannschaft zu bringen. Und wenn man die Kader vergleicht, muss man ja auch folgendes feststellen: Mit dem Kader der letzten Saison haben wir leider die letzten sechs Spiele auch keinen Sieg mehr errungen. Mein Fazit ist, dass - wenn wir die Kader gegenüber stellen und alle fit sind - wir definitiv nicht schlechter aufgestellt sind als letzte Saison. Ganz im Gegenteil finde ich, dass sich unsere Neuzugänge weitestgehend sehr gut integriert haben und die gewünschten Ergebnisse sich schnell einstellen werden.“