Hagen. 24 Punkte in knapp 23 Minuten Spielzeit. Beim überzeugenden Sieg von Phoenix Hagen in Bayreuth erlebt ein Spieler einen ganz besonderen Abend.
Es kommt ja nicht auf die Punkte an. Es ist der Prozess, von dem Chris Harris, Trainer von Phoenix Hagen, so gerne spricht. Von der Kultur, die man verinnerlicht habe. Von einer Kultur, die sich auch dadurch auszeichnet, dass jeder auf dem Feld jedem Mitspieler eine gute Aktion von Herzen gönnt.
Viele in den blaugelben Trikots hatten beim ersten Auswärtssieg im ersten Auswärtsspiel von Phoenix Hagen in der Oberfrankenhalle von Bayreuth gute Aktionen. Einer aber warf besonders oft, zog besonders oft zum Korb und traf besonders oft: Bjarne Kraushaar, 25 Jahre alt, 1,90 Meter groß, Guard, der immer wieder das Phoenix-Spiel lenkt, das Tempo bestimmt. 24 Punkte erzielte der Mann, der in seine dritte Saison in Hagen geht - sein persönlicher Rekord. Und bereitete obendrein drei Körbe mit einem Anspiel vor. Bei „nur“ knapp 23 Minuten auf dem Feld.
Trainer-Philosophie verinnerlicht
Kraushaar hat sie verinnerlicht, diese Philosophie. Weshalb er nach dem Spiel über das Team spricht und über die Entwicklung und erst in einem der nächsten Sätze eher nebenbei fallen lässt, dass nicht nur seine Mannschaft, sondern auch er selbst ganz gut in das Spiel reingekommen sei.
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Was man durchaus so sagen kann, wenn man die ersten drei Punkte des Spiels mit Ablauf der 24-Sekunden-Uhr von jenseits der Linie erzielt und im Anschluss noch einen Korbleger folgen lässt - 5:0 für Phoenix. Eine Führung, die Kraushaar und seine Kameraden in den folgenden 38 Minuten nie wieder hergeben sollten.
„Wir verinnerlichen das, was der Trainer uns vorlebt.“
„Wir verinnerlichen das, was der Trainer uns vorlebt“, sagt Bjarne Kraushaar, der einräumt, dass er nach einem Spiel, in dem von außen betrachtet vieles so einfach aussah und in dem es gegen das bislang offensiv stärkste und defensiv zweitschwächste Team der ersten beiden Spieltage am Ende 103:78 stand, doch einigermaßen „gerädert“ sei. Kraushaar war es vorbehalten, per Freiwurf den 100. Punkt zu erzielen. Und er war es, der im Anschluss noch einen Dreier zum Endstand obendrauf setzte. Die ersten und die letzten fünf Punkte gingen damit auf sein Konto.
Schritt nach vorne
Diese Zahlen zählen zum Bereich Ergebnis. Wenn das Ergebnis - wie in Bayreuth und zuletzt gegen Kirchheim - stimmt, wird sich bei Phoenix und im Umfeld niemand beklagen. „Aber wichtiger ist, dass wir uns entwickeln“, sagt Bjarne Kraushaar, „und da haben wir in einem Spiel, das ganz anders als zuletzt gegen Kirchheim war, einen Schritt nach vorne gemacht.“ Kirchheim war harte Arbeit, in Bayreuth verströmte Phoenix Leichtigkeit.
Entwickelt hat sich Kraushaar auch außerhalb der Hallen und abseits des Spielfeldes. Er hat Anfang August eine größere Wohnung in Hagen („Ich fühle mich rundum wohl hier“) bezogen. 3. Stock, Altbau, mit Charme. Eine Wohnung, in die auch seine Freundin Lotte - Medizinstudentin in Marburg - mit einziehen könnte, so sie denn in der Nähe eine Möglichkeit findet, ihr Studium fortzusetzen.
Nächster Gegner: Meister Karlsruhe
Zukunftsmusik, noch so ein Prozess. Ein privater. Der sportliche soll am kommenden Spieltag in der Ischelandhalle in Hagen eine Fortsetzung erfahren. Da spielt Bjarne Kraushaar mit Phoenix am Samstag gegen die Karlsruhe Lions. Gegen jenes Team, das den Phoenix-Lauf im Playoff-Halbfinale im letzten Jahr gestoppt hat, dann Meister geworden war, aber nicht aufsteigen konnte, weil man ebenso wie in Hagen keine Lizenzunterlagen für die erste Liga eingereicht hatte.
„Ab sofort gilt diesem Spiel der volle Fokus“, sagt Bjarne Kraushaar. „Der amtierende Meister hat wieder ein starkes Team.“
Ein Team im Dauerprozess
Das aber - so kann man nach Spieltag drei sagen - scheint auch für Phoenix zu gelten. Ein starkes Team, das sich fortan in einer Art Dauer-Prozess befindet.