Hagen. Die Trainer Björn Harmsen und Chris Harris stehen im Basketball für zwei unterschiedliche Spielphilosophien. Aber welche ist besser? Eine Analyse.
Jeder Basketballtrainer hat eine eigene Spielidee. Die einen legen viel Wert auf Fitness, die anderen auf Disziplin und dann gibt es wiederum Taktiker, die mitunter pedantisch auf der eigenen Spielphilosophie beharren. Zur letzten Kategorie zählt wohl Björn Harmsen, Trainer des ProA-Ligisten Science City Jena, der am Samstagabend Phoenix Hagen die Heim-Premiere der neuen Saison mächtig verhagelte. Das 76:84 war das Ergebnis eines Spiels, das auch ein spannendes Duell auf der Trainerbank mit sich brachte.
Denn Chris Harris stellt mit seinem Spielkonzept nahezu das komplette Gegenteil zu Harmsen dar. Der Phoenix-Coach steht für einen Basketball, in dem Spieler mehr Freiräume haben. Phoenix gewinnt Spiele meist übers Tempo, die mentale Stärke und über eine disziplinierte Abwehrarbeit. Innerhalb des von Harris festgesteckten Rahmens haben seine Spieler aber durchaus Eigenverantwortung, was ich sehr häufig auszahlt. Das Vertrauen auf die individuelle Klasse, aber vor allem auf die Teamchemie wird besonders dann belohnt, wenn Phoenix all seine PS auf die Straße bekommt. Harris ist kein Pedant, sondern ein Freigeist, der seine Spieler nicht in ein Korsett presst, sondern der in den wichtigen Momenten ihre Seele streichelt.
Jena bremst Phoenix Hagen aus
Und genau darin lag in der bitteren Hagener Auftaktniederlage vom Samstagabend auch der Clue. Harmsens Jena hatte offensichtlich zwei Ziele: In der Defense galt es, jede Hagener Beschleunigungsaktion - zur Not auch mit taktischen Fouls - auszubremsen. In der Offense spielte Jena oft die selbe Auslösehandlung, die Phoenix gegen Ende zermürbte. Harmsen glaubte, die Schwachstelle der Hagener ausfindig gemacht zu haben - und seine Rechnung ging ein ums andere Mal auf: Das beliebteste Mittel des Abends war eine konsequente Spielverlagerung, die die Phoenix-Abwehr effizient zusammenzog - wie ein Akkordeon sozusagen.
In der Folge erspielten sich die Gäste meist auf der rechten Angriffsseite eine Überzahlsituation, danach folgte der Abschluss eines sicheren Werfers. Bei einer Wurfquote von 60 Prozent (Dreier 35 Prozent) im gesamten Team war das ein Spielzug, der sich auszahlte.
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Aber der Plan der Gäste ging nur phasenweise auf. Denn Phoenix bekam vor allem dann im zweiten Viertel seine PS vollends auf die Strecke und entfesselte ein Feuerwerk. Und als das Momentum dann kurz vor der Halbzeit auf der Hagener Seite lag, wirkte Jena plötzlich plan- und schutzlos. Das war immerhin der Hagener Matchplan: Immer dann, wenn Phoenix Jena dazu zwang, von Harmsens Drehbuch abzuweichen, waren die Thüringer nahezu aufgeschmissen und machten prompt individuelle Fehler, die Phoenix konsequent bestrafte.
Jena schlägt Phoenix: Taktiker hat den richtigen Riecher
Auf die gut sortierte Jena-Defense fand Phoenix in den entscheidenden Phasen des Spiels aber unterm Strich zu wenige Antworten. Jena drängte Hagen zu Distanzwürfen und oft hing es von Hagens Sincere Carry (23 Punkte) ab, der schier unermüdlich, aber manchmal auch verzweifelt, den Zweikampf suchte - und ebenso gut Naz Bohannon (18) in Szene setzte.
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Am Ende stand die Erkenntnis: Der Taktik-Fuchs hat aufs richtige Pferd gesetzt, während der Motivations-Künstler, der allerdings auf Kapitän Dennis Nawrocki verzichten musste, die letzten Prozente dieses Mal nicht rauskitzeln konnte. „Bei uns war klar zu sehen, dass wir noch nicht komplett eingespielt sind. Es gab heute viele kleine Momente, in denen wir – auf dem Feld und auch ich als Trainer – nicht smart genug waren“, räumte Harris nach dem Spiel ein.
Phoenix Hagen: Kraushaar (2), McCall (5), Omuvwie (10), Stephenson-Moore (8), Uhlemann (2), Bohannon (18), Boner (5), Hounnou (3), Carry (23).
Zuschauer: 2807.