Ennepetal. Die Baseballer der Ennepetal Raccoons haben keine eigene Heimat bekommen. Dem Verein laufen die Mitglieder weg – nun soll es woanders weitergehen
Die Enttäuschung ist Andreas Bernhard auch Wochen nach der Nachricht noch ins Gesicht geschrieben. Konsterniert schaut er ins Nichts, als er sagt: „Das ist eine Katastrophe. Der Verein, alles, was wir in den vergangenen Jahren hier aufgebaut haben, ist am Ende“, so der Vorsitzende der Ennepetal Raccoons. Ein Drittel der Mitglieder haben das Baseball-Flagschiff in der Region verlassen, nachdem die Stadt Ennepetal bekannt gegeben hat, keine finanziellen Mitteln für eine eigene Sportstätte am Tanneneck bereit zu stellen. Eine Entscheidung, die für den Verein nicht nur im Spitzensport maßgebliche Folgen hat.
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Über drei Jahre zog es sich hin vom Wunsch der Ennepetal Racccons bis zur Absage zum Thema eigene Spielstätte. „Wir sind sportlich sehr schnell gewachsen, nur unsere Infrastruktur konnte da nicht ganz mithalten“, sagt Andreas Bernhard heute. Die erste Mannschaft der Ennepetaler Baseballer schaffte innerhalb von drei Jahren den Aufstieg von der Landesliga bis in die Zweitklassigkeit, angestrebtes Ziel war die Bundesliga.
Verband billigt Ennepetaler Ausnahmelösung
Schon in der zweiten Bundesliga genügten die Bedingungen der Ennepetaler am Voerder Tanneneck allerdings nicht mehr aus. Heimspiele konnten wegen der Anforderungen des Deutschen Baseball- und Softballverbandes (DBV) nicht mehr auf dem Kunstrasen samt künstlichem Werfer-Hügel in Ennepetal ausgetragen werden, weshalb sich die Raccoons mit anderen Vereinen in der Umgebung einig wurden. In Bochum und Düsseldorf wurden die Spiele ausgetragen, die eigentlich ihre sportliche Heimat in Ennepetal verdient gehabt hätten. Doch das war anscheinend nicht gewünscht, so glaubt Bernhard heute.
„Der Verband hat sich sehr tolerant uns gegenüber gezeigt und diese Situation auch eine Weile mitgetragen“, resümiert Bernhard. Doch auf Dauer musste ein eigener Platz her. Erste Bestrebungen des Vereins, eine neue Heimat im Ortsteil Rüggeberg zu finden, wurden angesichts der immensen Kosten schnell verworfen.
Taube Ohren bei der Stadt Ennepetal
Also schauten sich die Raccoons weiter um und wurden am Voerder Tanneneck fündig. Direkt hinter dem Kunstrasen bot sich eine Fläche an, die der Evangelischen Stiftung Loher Nocken gehört. „Mit der Stiftung waren wir uns schnell einig. Wir haben dann angeboten, die Bodenbeschaffenheit von einem durch uns organisierten Gutachter prüfen zu lassen“, berichtet Bernhard. Dieses Angebot stieß jedoch bei der Stadt Ennepetal auf taube Ohren. „Wir haben, selbst auf eigene Nachfrage, monatelang nichts gehört“, sagt Bernhard.
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Statt dem von den Raccoons ins Spiel gebrachten Gutachters wurde ein externer Gutachter mit der Sache beauftragt. Fazit: Die Umbauarbeiten des Geländes würden zu viel Geld verschlingen, dass die Stadt Ennepetal nicht bereit war zur Verfügung zu stellen.
Stadt rechnet mehr vor als die Raccoons
Bernhard rechnet vor: „Die Summe von 4,5 Millionen Euro ist deutlich höher als das, was uns unsere Gutachter veranschlagt haben“, sagt er. Diese hätten, je nach Kosten für die notwendige Begradigung, zwischen 1,2 und 2 Millionen Euro gelegen. Die Stadt aber kam zu einem anderen Ergebnis, angehört wurden die Verantwortlichen der Raccoons nicht. „Und das finde ich bis heute sehr schade. Mit uns hat eigentlich nie jemand gesprochen“, sagt Andreas Bernhard.
Nun stehen die Ennepetal Raccoons, die in den vergangenen Jahren zu einem der größten Baseballvereine in NRW gewachsen waren, vor einem Scherbenhaufen. 40 Mitglieder haben sich abgemeldet oder sich zumindest passiv gestellt. Spieler wie Trainer, Erwachsene wie Jugendliche haben den Verein verlassen, damit sie unter besseren Bedingungen Baseball spielen können. „Gerade was den Jugendbereich angeht, macht uns das besonders traurig“, sagt Andreas Bernhard. Bisher hatten die Raccoons eine starke Mannschaft im Jugendbereich, wo die Ennepetaler mit Finn Jakoby zuletzt sogar einen Junioren-Nationalspieler stellen konnten, sowie eine Schülermannschaft. Die Jugend-Mannschaft wurde aufgelöst, da sich die talentierteren Spieler wie Jakoby neuen Vereinen anschlossen und andere ihre sportliche Karriere beendeten – und damit nach Jahren in einem Verein mit regelmäßigem Training erst einmal beschäftigungslos sind.
Raccoons schauen nach Gevelsberg
Wie es jetzt weitergeht mit dem Baseball, weiß Andreas Bernhard aktuell selbst noch nicht so genau. Aus der Enttäuschung und dem anschließenden Niedergang ist derzeit noch keine Aufbruchstimmung entstanden. „Wir schauen uns in der unmittelbaren Nachbarschaft um. Dafür wollen wir in absehbarer Zeit Kontakt zur Verwaltung und dem Bürgermeister in Gevelsberg aufnehmen“, sagt der Raccoons-Vorsitzende. In der Nachbarstadt von Ennepetal gäbe es einige interessante Flächen, zudem hofft er auf mehr politische Unterstützung als zuletzt in Ennepetal. Das Aushängeschild Raccoons wird es dort so schnell nicht wieder geben.