Bestwig. Tatjana Beinhauer aus Bestwig ist Weltmeisterin. Dieser Riesenerfolg ist der Lohn für viele Qualen im Training – sie gibt exklusive Einblicke.
Nur wenige beherrschen das Tanzparkett wie die Bestwigerin Tatjana Beinhauer und ihr gesamtes Team des 1. TC Ludwigsburg. Im Dezember 2024 gewann die A-Mannschaft des Tanzsportvereins im Formationstanz die Weltmeisterschaft mit der Choreographie „Rise of the Black Swan“ nach Motiven von Tschaikowskys Schwanensee.
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Ganz vorne, quasi als Kopf des Schwans, tanzte in Wien Tatjana Beinhauer mit ihrem Partner Nils-Arne Herold. Für die 31-Jährige war es der erste WM-Titel. Ihre Mannschaft kürte sich mit dem zwölften Sieg seit 1985 zum Rekord-Weltmeister.
Wer eine Aufnahme des sechsminütigen Tanzes, der letztlich zum Gewinn des WM-Titels führte, anschaut, kommt aus dem Staunen nicht heraus. Schon das Reintänzeln der Paare scheint perfekt, und dieser Eindruck zieht sich bis zum Schluss durch den gesamten Auftritt. Es ist schön, was die acht Paare auf das Parkett zaubern. Gleiches gilt für die Kostüme, die Frisuren, einfach alles.
Tänzerin aus Bestwig: So ging im Hochsauerland alles los
Kein Wunder, dass die Eltern der 31-Jährigen, Matthias Beinhauer und Susanne Pohlner, die bei der WM das Team verpflegten, unglaublich stolz waren: ihre Tochter als Tanz-Weltmeisterin! Die beiden sind selbst seit langen Jahren Turniertanzpaar, Vater Matthias ist Vorsitzender des TSC Olsberg. „Meine Eltern haben schon getanzt, als ich klein war“, erzählt Tatjana.
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Ihrem ehemaligen Verein in Olsberg bliebt die junge Tänzerin, die aus Bestwig-Nuttlar kommt, bis heute als Social-Media-Beauftragte im Vorstand treu. Nach ihrem studienbedingten Umzug im Jahr 2012 musste sie sich entscheiden: Tanze ich weiter oder nicht? Antwort war ein klares „Ja“ für den Tanzsport.
Tatjana knüpfte über ihren damaligen Trainer Kontakte zum 1. TC Ludwigsburg, der in erreichbarer Nähe zu ihrem Wohnort Bretten (Baden-Württemberg) trainiert. „Über meinen damaligen Trainer und einen Tänzer aus dem Verein kam der Kontakt zur Formation des TCL zustande. Ich habe mir dann im Herbst 2016 das Training angeschaut und stand knapp sechs Wochen später bei der Deutschen Meisterschaft in Bamberg mit dem 1. TCL auf der Fläche!“
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
Aber was braucht es, um so perfekt zu tanzen? „Sportlichkeit, Ehrgeiz, ein hohes Maß an Leidensfähigkeit und auch die Bereitschaft, für den Leistungssport vieles zurückzustellen. Für mich ist der Formationssport eine sehr anspruchsvolle, ästhetische und vielfältige Sportart“, sagt Tatjana.
Mit ihrem Vollzeitjob als Projektleiterin, der Fahrzeitplanung, dem Training und den nötigen Regenerationsphasen ist der Kalender stets gut gefüllt. „Ja, auch ein gutes Zeitmanagement ist da hilfreich.“
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
Das sollte passen, von ihrer Mannschaft wird die 31-Jährige als absolutes Organisationstalent beschrieben. Noch dazu ist sie bekennende Frühaufsteherin. Dass Tatjana Beinhauer im Verein auch noch als Strong-nation-Übungsleiterin aktiv ist, sollte weiteren Aufschluss über die Energie der gebürtigen Sauerländerin geben. Ihre Freunde aus Nuttlar und der neuen Heimat fiebern übrigens stets begeistert mit: „Viele sagen, sie bewundern meine Disziplin.“
Weltmeisterin im Formationstanz – was dafür nötig ist
Der schwarze Schwan fliegt nicht von selbst. Es ist harte Arbeit, eine Choreographie von sechs Minuten – darunter 4:30 Minuten Bewertungsteil – mit acht Paaren absolut synchron einzustudieren. Tatjana Beinhauer lebt für ihren Sport. „Wir trainieren regulär vier Mal die Woche. Das sind im Schnitt schon mal 13 Stunden Formationstraining pro Woche. Dazu kommt zur Verbesserung der eigenen tänzerischen Fähigkeiten die eigene Ausbildung. Fitness- und Ausdauereinheiten komplettieren das Gesamtpaket“, erklärt sie.
Team, WM und DM
Für die nächsten Turniere der Formations-Bundesliga, die aus acht Paaren besteht, reist Tatjana Beinhauer mit ihrer Mannschaft nach Göttingen (Samstag, 1. Februar) und Nürnberg (Samstag, 15. Februar). Die Trainer des 1. TC Ludwigsburg, Norman und Dagmar Beck, waren selbst Anfang der 1990er unter anderem Vize-Meister bei der professionellen Kür-WM. Die Choreographie „The Rise of the Black Swan“ haben sie seit März 2024 mit ihrem Team einstudiert.
Bei der WM im Dezember 2024 traten zwölf Teams aus sieben Nationen an. Im Finale hatte der größte Rivale auf dem Parkett, der Braunschweiger Tanz-Sport-Club, bei dieser WM das Nachsehen – so, wie die Ludwigsburger im vergangenen Jahr bei der Deutschen Meisterschaft.
Das soll sich in diesem Jahr ebenfalls umkehren, wenn es nach dem Ehrgeiz der Baden-Württemberger und der heimischen Tänzerin geht. Zwei Siege haben sie bereits geschafft, und sie stehen auf dem ersten Platz der Tabelle. Am 1. März treten die Ludwigsburger in Braunschweig zum letzten der fünf Bundesliga-Turniere an.
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Tatjana Beinhauers Lieblingstanz ist übrigens der Slow-Fox. Beeindruckend ist, wie mühelos die Paare bei ihrem Auftritt von einem Standardtanz in den anderen wechseln. Eine neue Musik, nur wenige Takte Übergang und schon geht’s vom Tango zum Walzer zum Quickstep. Und dann das Drumherum: Schon am Abend vor dem Auftritt wurden die Frisuren angegangen, am nächsten Tag mussten alle acht Tänzerinnen um 4.30 Uhr aufstehen, um den Feinschliff ihrer Haarpracht zu schaffen.
Und wie geht es nun weiter? „Man sagt, mehr als Weltmeister geht nicht, und das stimmt. Zugleich gehört für mich auch meine eigene persönliche Entwicklung dazu. Ich möchte mich weiter kontinuierlich verbessern. Und in meiner Sammlung fehlt mir noch die Goldmedaille der Deutschen Meisterschaft.“
Ein Stück des Weges dahin ist schon geschafft: Zwei Siege hat das Team im neuen Jahr bereits eingefahren. Und auch bezogen auf ihr Alter hat die 31-Jährige noch jede Menge Zeit. „Aktuell haben wir im Team eine Altersspanne von 15 bis 42 Jahre. Für den Einzelbereich gibt es die unterschiedlichsten Altersklassen für jedes Alter. Meine Eltern beweisen ja, dass man den Sport richtig lange machen kann!“, betont Beinhauer und ergänzt: „Die Voraussetzung ist natürlich, dass der Körper physisch und psychisch mitmacht. Er ist unser Werkzeug, um Musik Gestalt werden zu lassen.“

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