Altenberg. Ohne Medaille blieben die deutschen Damen-Doppel bei der Rennrodel-WM in Altenberg. Nach dem Rennen gab es reichlich Frust und Kritik.

Diesen Augenblick hatten sich Jessica Degenhardt und Cheyenne Rosenthal anders erträumt. Im Ziel angekommen wollte das Damen-Doppel vom RRC Altenberg und vom BSC Winterberg mit Familien, Freunden und allen anderen euphorischen Rennrodel-Fans seinen vierten Titel nicht nur bei einer Weltmeisterschaft, sondern bei der Heim-WM in Altenberg bejubeln. Doch das Rennen holte Degenhardt/Rosenthal brutal in die Realität zurück – und sorgte für kontroverse Debatten.

Sieg geht nach Österreich

Degenhardt/Rosenthal, die in der jungen Disziplin vor Altenberg jeden WM-Titel gewannen, beendeten das Rennen im Erzgebirge beim Sieg der Österreicherinnen Selina Egle und Lara Michaela Kipp nach zwei Patzern mit einem Rückstand von 4,079 Sekunden auf Rang 13. Silber holten Anda Upite/Zane Kaluma aus Lettland. Chevonne Chelsea Forgan und Sophia Kirkby aus den USA gewannen die Bronzemedaille.

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Natürlich traten Degenhardt/Rosenthal – nach zuletzt drei Weltcupsiegen in Serie Führende im Gesamtweltcup – vor der Weltmeisterschaft auf die Euphoriebremse und erinnerten an zum Beispiel den Weltcup im vergangenen Jahr in Altenberg, bei dem es „nur“ zu Rang zwei reichte. „Ich denke, dass der Weltcup bisher gezeigt hat, dass das Podium von vier Schlitten hart umkämpft ist. Wenn alle zwei säubere Läufe treffen, kann jedes Team auf Platz eins fahren, und dann wird das bei der WM ein ganz enges Ding“, erklärte Cheyenne Rosenthal zudem.

Eitberger/Schirmer beste Deutsche

Dass sie aber mit einem derart riesigen Rückstand an den Medaillenplätzen vorbeifahren würden, damit rechnete im Vorfeld niemand, obwohl Degenhardt/Rosenthal bereits im Sprint am Freitag nur auf Platz 14 fuhren. Dajana Eitberger und Saskia Schirmer kamen ebenfalls nicht ohne Fehler durch die Eisrinne und wurden mit einem Rückstand von 0,843 Sekunden auf die Siegerinnen Sechste. Das dritte deutsche Doppel Elisa-Marie Storch und Pauline Patz kam nach den beiden Läufen auf den zwölften Rang.

Es ist sehr enttäuschend. Wir hätten um die Medaillen mitfahren können, aber das haben wir nicht erreicht.
Norbert Loch, Chef-Bundestrainer

„Es ist sehr ernüchternd“, sagte Chef-Bundestrainer Norbert Loch nach dem WM-Debakel. „Damit meine ich nicht nur das Ergebnis, sondern das, was die Damen heute gezeigt haben. Ich kann es nicht ganz verstehen, weil diese ominöse Kurve neun haben wir diese Woche und vergangene Woche im Training sehr gut beherrscht“, ergänzte er zur Stelle der Bahn, die seinen Doppeln am meisten Probleme bescherte.

Loch kündigt Gespräche an

„Heute haben sie sich mit unnötigen Fahrfehlern selbst geschlagen. Es ist sehr enttäuschend. Wir hätten um die Medaillen mitfahren können, aber das haben wir nicht erreicht“, sagte Loch, der Gespräche mit den Damen über unter anderem „eklatante Fahrfehler“ ankündigte, „wenn sie sich wieder etwas beruhigt haben und der Wettkampf gesackt ist“.

Niedergeschlagen sitzen Jessica Degenhardt und Cheyenne Rosenthal nach den enttäuschenden WM-Läufen auf ihrem Schlitten.
Niedergeschlagen sitzen Jessica Degenhardt und Cheyenne Rosenthal nach den enttäuschenden WM-Läufen auf ihrem Schlitten. © dpa | Jan Woitas

Dajana Eitberger, die ihre erste Saison bei den Doppelsitzern bestreitet und zuvor zu den weltbesten Rennrodlerinnen im Einsitzer gehörte, hielt – verärgert über den WM-Ausgang – allerdings auch mit Kritik nicht hinter dem Berg.

Eitberger übt harte Kritik

„Ich weiß nicht, ob ich lachen oder weinen soll“, sagte sie und ergänzte: „Ich weiß nicht, ob wir die Bahn unterschätzt haben. Obwohl wir oft hier waren, hatten wir unter so guten Bedingungen wie heute zu wenig Läufe. Wir müssen uns kritisch hinterfragen, ob es Sinn macht, sich nur auf schlechte Bedingungen vorzubereiten. Letztes Wochenende bei den guten Bedingungen waren wir zuhause. Das fällt uns das zweite oder dritte Mal vor die Füße, da müssen wir langsam wach werden.“

Das fällt uns das zweite oder dritte Mal vor die Füße, da müssen wir langsam wach werden.
Dajana Eitberger, Rennrodlerin

Cheyenne Rosenthal reagierte hingegen mit Trotz auf das enttäuschende WM-Ergebnis. „Wir müssen es einfach abhaken. Es geht weiter. Im Weltcup sind wir immer noch vorne und dann greifen wir da an“, sagte die Winterbergerin. In eine ähnliche Richtung kommentierte Corinna Martini, ehemalige Weltcup-Rennrodlerin und jetzt Sportwartin Rennrodeln im Nordrhein-Westfälischen Bob- und Schlittensportverband (NWBSV) Platz 13. „Es ist immer bitter, bei einer Heim-WM so ein Ergebnis zu bringen. Aber ich bin mir sicher, dass die beiden die Krone richten und in den nächsten Rennen wieder angreifen werden“, sagte sie.

Weltcup in Altenberg

Die Chance, unter Beweis zu stellen, dass sie den Eiskanal in Altenberg auch ohne Fahrfehler meistern können, bietet sich Jessica Degenhardt und Cheyenne Rosenthal bereits am kommenden Wochenende. Die Jagd auf den Sieg im Gesamtweltcup und die Verarbeitung der verpatzten Heim-WM beginnt mit einem Weltcuprennen in Altenberg (3./4. Februar). Anschließend stehen Weltcups in Oberhof und Sigulda an.

Für die überraschenden Fahrfehler hatte Martini eine weniger überraschende Erklärung parat. „Jessica kennt die Bahn in und auswendig, aber es war ihre Heim-WM und vielleicht hat die Nervosität auch eine Rolle gespielt“, sagte sie über das zwar mit Titeln und Weltcupsiegen dekorierte, aber immer noch erst 21- und 23-jährige Duo Degenhardt/Rosenthal.