St. Moritz. Leonie Fiebig (BSC Winterberg) kehrt beim Weltcup in St. Moritz an den Ort zurück, an dem sie wieder Frieden mit ihrem Sport schloss.

„Manchmal“, das verriet Leonie Fiebig kürzlich erneut im Wintersport-Podcast der ARD, „sitze ich abends auf meinem Sofa und frage mich: Wann wache ich aus diesem Traum auf?“ Die Antwort auf diese Frage kennt die Bob-Anschieberin des BSC Winterberg natürlich: Nie. Und aktuell ist sie zurück an jenem Ort, an dem dieser Traum zur Realität wurde. Doch jetzt ist die Natureisbahn in St. Moritz in der Schweiz nur eine Zwischenstation auf dem Weg zur nächsten Traumerfüllung.

Fiebig schließt Frieden

Vor knapp einem Jahr gewann Fiebig gemeinsam mit ihrer Pilotin Kim Kalicki im Engadin die Weltmeisterschaft im Zweierbob der Frauen und konnte damit engültig wieder Frieden schließen mit ihrer Sportart, die sie bei den Olympischen Winterspielen 2022 so hart herausgefordert hatte. Bekanntlich hatte Chef-Bundestrainer René Spies nicht nur überraschend die Sprinterin Alexandra Burghardt aus der Leichtathletik für eine Ringe-Stippvisite in sein Team geholt, sondern kurzfristig auch die Pilotinnen-Ausbildung von Lisa Buckwitz unterbrochen.

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Da die späteren Olympiasiegerinnen Laura Nolte/Deborah Levi als Team für China gesetzt waren, rutschte Fiebig trotz einer starken vorherigen Saison in die undankbare Rolle, nur als Ersatzanschieberin mit zu den Olympischen Winterspielen fahren zu dürfen. Umso größer fiel die Anerkennung für sie später aus, da sie nicht den Miesepeter spielte, sondern die Mannschaft unterstützte und so ihren Teil zu Gold von Nolte/Levi, Silber von Mariama Jamanka/Alexandra Burghardt und zum vierten Platz von Kim Kalicki/Lisa Buckwitz beitrug.

Rückkehr an den Ort des Triumphes

Doch die persönliche große Stunde der 33-jährigen Herzenskölnerin, die aus Minden in Ostwestfalen stammt, schlug bei der WM 2023 in St. Moritz. Und dort startet an diesem Sonntag mit dem Weltcup im Zweierbob der Frauen (9 Uhr) der Countdown für die Heim-Weltmeisterschaft in Winterberg (19. Februar bis 3. März). In der Veltins-EisArena wollen Kalicki und Fiebig ihren Titel verteidigen – und sich damit einen weiteren Traum erfüllen.

Ich finde es verrückt, wie man nach fast zehn Jahren im Sport an fünf Sekunden noch so feilen kann.
Leonie Fiebig - BSC Winterberg

Dass dies kein Wunschdenken ist, bewies das Duo in dieser Saison bereits mit jeweils zweiten Plätzen bei den Weltcups in La Plagne/Frankreich und Innsbruck/Österreich. Was Fiebig, die als erste Bob-Weltmeisterin der Geschichte aus Köln vor kurzem einen eigenen Spind im Deutschen Sportmuseum bekam, besonders freute: In allen vier Läufen lieferte sie mit Kalicki Top-Startzeiten ab.

Das Team um Fiebig

„Damit bin ich mega-zufrieden. Ich wusste, dass ich über den Sommer gut trainiert und viel gemacht habe“, sagte die BSC-Anschieberin: „Aber die ersten Rennen sind immer spannend und aufregend, weil man dann erst den Vergleich mit der Konkurrenz hat“, ergänzte sie. Athletisch sei sie auf einem guten Weg, sagte Fiebig und gewährte einen Einblick, dass nicht nur Pilotinnen ein Team um sich scharen, sondern auch die Anschieberinnen.

Das Knie macht Sorgen

Eine Knieverletzung beeinträchtigt Pilotin Kim Kalicki weiterhin. „Meinem Knie geht es mal besser, mal schlechter. Wirklich einschätzen, wie es wird, wird man am Samstag nach dem Rennen sehen. Ich bin selbst auch sehr gespannt darauf“, sagte sie mit Blick auf das Rennen im Monobob (9 Uhr). „Die Bahn steht gut, deutlich besser als letztes Jahr zur WM. Das einzig Schwierige war gestern die Zielkurve, da hatten wir auch ein paar Stürze“, ergänzte Kalicki.

„Mein Trainer Thomas Prange, mein Einlagen- und Fußspezialist Michael Möller sowie mein Sporttherapeut und ein bisschen auch Mentalcoach Andreas Klose – das ist ein tolles Zusammenspiel“, sagte sie und ergänzte schmunzelnd mit Blick auf ihre Aufgabe beim Start des Bobs: „Eigenlich geht es ja nur um fünf Sekunden. Ich finde es verrückt, wie man nach fast zehn Jahren im Sport an fünf Sekunden noch so feilen kann.“

„Kölle goes Olympia“

Auf der Starterbahn in Winterberg sind diese Sekunden sogar noch wichtiger als woanders, damit der nächste Traum in Erfüllung gehen kann. Und dann? Dürfte Leonie Fiebig als Gesicht der Kampagne „Kölle goes Olympia“ ihren vielleicht letzten großen sportlichen Traum ins Visier nehmen.