Winterberg. Nach dem Weltcup-Aus stand Cheyenne Rosenthal (Winterberg) vor einer ungewissen Saison. Das änderte sich. Jetzt winkt sogar eine WM-Medaille.

Cheyenne Rosenthal lächelte und hob kurz die Schultern, bevor sie entspannt antwortete. Was wäre, wenn sie es nicht in das Weltcupteam schaffte und damit auch nicht zu den Olympischen Winterspielen 2022 in Peking? „Ich bin noch jung und mache mir bei allem Ehrgeiz deshalb keinen Stress“, sagte die Rennrodlerin des BSC Winterberg – und ergänzte: „Mal schauen, was sich in dieser Saison dann ergibt.“ Gut zwei Monate liegt Rosenthals Antwort zurück. Welches Abenteuer aber tatsächlich auf sie zukommen würde, ahnte die 21-Jährige zu diesem Zeitpunkt nicht im Geringsten.

Degenhardt/Rosenthal führen

Denn zur „Halbzeit“ des Winters führt Rosenthal gemeinsam mit der erst 19-jährigen Jessica Degenhardt (RRC Altenberg) sogar eine Gesamtweltcup-Wertung an – jene im Doppelsitzer der Damen. Verrückt? „Sooo verrückt“, kommentierte selbst Dajana Eitberger, Olympia-Zweite von 2018 im Einsitzer, Rosenthals Ausflug in die neue Disziplin.

++++ Lesen und hören Sie auch: Geueke verrät neuen Olympia-Plan, Lölling emotionalen Moment ++++

Wieso mit Cheyenne Rosenthal eine der talentiertesten Rennrodlerinnen Deutschlands im Einsitzer plötzlich eine Doppel-Karriere startete? Diese Frage ist relativ einfach zu beantworten.

Die Hintergründe zum Damen-Doppelsitzer

Um die neue Disziplin Damen-Doppelsitzer mit Perspektive Olympische Winterspiele 2026 zu testen, startete der Internationale Rennrodel-Verband FIL in diesem Winter die Weltcup-Serie. Diese wird im Rahmen des Junioren-Weltcups ausgefahren, weil sowohl Juniorinnen als auch Athletinnen der allgemeinen Klasse startberechtigt sind. Cheyenne Rosenthal ist keine Juniorin mehr.

Der Weltcup der allgemeinen Klasse gastiert am 1./2. Januar 2022 in Winterberg.

Vier Weltcup-Plätze stehen dem Bob- und Schlittenverband für Deutschland (BSD) im Einsitzer bei den Damen zur Verfügung. Mit Natalie Geisenberger, Dajana Eitberger und Julia Taubitz gibt es drei deutsche Rennrodlerinnen, die seit Jahren die Weltspitze anführen, an denen Talente wie Cheyenne Rosenthal also nur schwer vorbei kommen. Deshalb entwickelte sich in den vergangenen Jahren stets ein Duell zwischen ihr und Anna Berreiter um den vierten Startplatz.

Rosenthals Glück, Köhlers Pech

Vor dieser Saison sicherte sich Berreiter das Weltcup-Ticket. Wie die Saison für die Sauerländerin weitergehen würde, war ungewiss. „Hätte mir jemand gesagt, dass ich in diesem Winter im Einsitzer und im Doppelsitzer an den Start gehen werde, hätte ich ihn aber vermutlich für verrückt erklärt“, sagte Cheyenne Rosenthal: „Allerdings öffnen sich manchmal Türen, während sich andere schließen.“

++++ Lesen Sie auch: Geueke/Gamm: Darum lobt Norbert Loch sie trotz Rang zwölf ++++

Dass sich die Tür zum Doppelsitzer für die Silbacherin öffnete, lag nicht nur an ihrem Weltcup-Aus, sondern auch am Pech einer anderen Sauerländerin. „Ursprünglich sollten Marie Köhler und Saskia Schirmer ein Damen-Doppel bilden“, erklärte Rosenthal, „aber Marie erkrankte leider und ist immer noch nicht wieder fit.“

Sie rasen zum Sieg in Oberhof: Jessica Degenhardt (oben) und Cheyenne Rosenthal (Winterberg, unten).
Sie rasen zum Sieg in Oberhof: Jessica Degenhardt (oben) und Cheyenne Rosenthal (Winterberg, unten). © Dietmar Reker

In der ersten Weltcup-Saison der neuen Disziplin Damen-Doppelsitzer legte der Verband jedoch Wert auf ein deutsches „Senioren“-Duo, so dass Degenhardt und Rosenthal gefragt wurden. „Jessica hat gesagt, dass sie wenn nur mit mir fahren möchte“, erzählte Rosenthal. Sie selbst habe ein paar Tage überlegen müssen, „dann haben wir ein paar Mal telefoniert und uns zusammengesetzt“. Am Ende der Findungsphase standen die ersten Läufe in der Veltins-EisArena in Winterberg. „Anschließend haben wir den Schlitten verfeinert und so eingestellt, dass er für uns passt.“

++++ Lesen Sie auch: Geueke/Gamm: Diese quälende Durststrecke endet in Sotschi ++++

Und dann starteten Degenhardt/Rosenthal ihre Erfolgsserie im französischen La Plagne. Auf den historischen ersten Weltcupsieg folgten drei weitere. Was jedoch nicht bedeutet, dass Rosenthal ihre Karriere im Einsitzer vernachlässigt. „Die Priorität liegt beim Einsitzer“, erklärte sie. Vor dem Weltcup in Altenberg durfte die Sauerländerin im Nationencup mitfahren – und gewann. „Ich hoffe auch noch auf einen Einsatz im Weltcup.“

Heim-WM in Winterberg

Der Saisonhöhepunkt wird ein „Heimspiel“ sein. Im Rahmen der Junioren-Weltmeisterschaft in Winterberg steht am 30. Januar 2022 die erste Weltmeisterschaft im Damen-Doppelsitzer auf dem Programm. „Es wäre doch cool, wenn wir dort eine heimische Weltmeisterin oder Medaillengewinnerin feiern könnten“, sagte Robin Geueke, langjähriger Doppel-Rodler des BSC Winterberg, im Podcast „Kaffee und Kufen“ über Rosenthal.

Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von Instagram, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.
Externer Inhalt
Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Er traut Degenhardt und ihr den großen Triumph zu und schaut sogar etwas neidisch auf seine Vereinskollegin. „Jetzt rodeln David und ich schon so lange – und sie überholt uns im ersten Rennen“, sagte er im Podcast schmunzelnd. Einen Weltcupsieg – den feierten Geueke/Gamm nämlich noch nie.

Cheyenne Rosenthals Reaktion auf diese Aussage? Sie lächelt vermutlich und zuckt kurz entschuldigend mit den Schultern.