Sundern/Baku. Wegen eines Deliktes vor zwei Jahren muss Asif Hummatov seine Heimat Sundern verlassen. Nun steckt er in einem vollkommen fremden Land fest.

Asif Hummatov stockt immer wieder die Stimme. Tränen sind durch den Telefonhörer zu hören. „Ich weiß nicht mehr weiter“, sagt der 29-Jährige. Vor zwei Tagen stand die Polizei vor seiner Tür. Wenige Stunden später ist der seit 21 Jahren in Sundern wohnhafte Hummatov in einer vollkommen fremden Welt. Alleine. In Aserbaidschan. Wegen einer „Jugendsünde“, wie es Hummatov selbst beschreibt, ist der Sunderner abgeschoben worden. Seine Aussichten auf eine baldige Rückkehr sind gering – egal wie sehr sich das seine vielen Freunde in seiner Heimat Sundern auch wünschen.

Hilflos, einsam und voller Reue

Die Hilflosigkeit ist Asif Hummatov in jedem der bedacht gewählten Worte anzuhören. Wenige Minuten vor dem Gespräch konnte er die Polizei in der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku nach stundenlangem Warten wieder verlassen. „Ich habe keinen Pass und darf mich deshalb nicht frei bewegen“, sagt er. Weder das deutsche noch das aserbaidschanische Ausweisdokument liegt ihm nach seiner Abschiebung vor. „Mir wurde gesagt, dass ich nun zum Wehrdienst muss“, sagt er. Seine Welt hat sich von heute auf morgen komplett gedreht. Wegen eines Deliktes, das er heute mehr denn je bereut.

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Hummatov macht kein Geheimnis daraus, wofür er vor zwei Jahren verurteilt wurde. „Ich habe bei der Telekom gearbeitet und meinen Freunden Verträge zu den normalen Konditionen vermittelt. Ich habe ihnen aber die Handys dazu deutlich günstiger verkauft“, sagt er. Als der Betrug auffliegt, muss Hummatov vor ein deutsches Gericht. Straftatbestand Betrug. „Das war einfach dumm von mir“, sagt er. Wieder sind die Tränen in seiner Stimme nicht zu überhören.

Vermeintliche Sicherheit

In der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag stand die Polizei vor seiner Wohnung. Dabei hatte ihm sein Anwalt Gerd Bauer aus Lichtenau in der vergangenen Woche noch zugesichter, dass es nicht zu einer Abschiebung kommen könnte – denn die hatte der Hochsauerlandkreis in der Zwischenzeit angekündigt. Und auf einmal ging alles ganz schnell – zu schnell für den Anwalt und Hummatov.

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„Meiner Auffassung nach ist der gesamte Vorgang ein Skandal“, sagt Hummatovs Anwalt Gerd Bauer. Zum einen, weil der Richter bei der Verurteilung von Hummatov, der zu einer 13-monatigen Bewährungsstrafe verurteilt wurde, die gute Sozialprognose mit in das Urteil einlaufen ließ und dies auch in seinem Urteil festhielt. Zum anderen ist Hummatovs Anwalt mehr als verwundert über die Tatsache, dass die für eine Abschiebung notwendige Ausweisungsverfügung erst im Verlaufe der tatsächlichen Abschiebung ausgestellt wurde. Als diese Verfügung um 9.32 Uhr erteilt wurde, befand sich Asif Hummatov aber bereits in Begleitung eines Polizisten am Flughafen in Düsseldorf und wartete auf seine Ausreise.

Nur brüchige Sprachkenntnisse

„Der Polizist war sehr nett zu mir und konnte es ebenfalls nicht fassen, dass ich so schnell für so einen Delikt abgeschoben werde“, schildert Asif Hummatov. Seit seiner Ankunft lebt er bei Bekannten der Familie. Weil er gerade einmal acht Jahre seines Lebens bisher in Aserbaidschan verbracht hat, ist ihm das Land vollkommen fremd. Die Sprache beherrsche er nach eigener Aussage nur spärlich im Wort, schreiben oder lesen könne er die für ihn fremden Wörter nicht.

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In seiner Heimat Sundern ist die Solidarität groß. „Ich habe so viele Nachrichten erhalten von vielen Freunden, die mir helfen wollen“, sagt Hummatov. Nur etwas unternehmen, können sie dabei nicht. Eine Petition im Internet, die sich über die Ausweisung des 29-Jährigen noch am Donnerstagmorgen organisiert hatte, wurde bereits von fast 2500 Menschen unterzeichnet. Auch die Fußballvereine SuS Langscheid/Enkhausen, SSV Stockum oder SSV Allendorf möchten Hummatov unterstützen. Entscheidend sind aber andere. „Wir können jetzt nur moralisch unterstützen und Daumen drücken“, sagt Isabelle Magh, die die Petition ins Leben gerufen hatte. Auch Andy Beringhoff von Hummatovs Fußballverein ist schockiert und verwundert über die schnelle Ausweisung. „Das sowas in Deutschland möglich ist, hätte ich nicht gedacht“, sagt er.

„Asif ist ein Pfundskerl“

Im gesamten Umfeld von Asif Hummatov bezeugen ihm Menschen einen tadellosen Charakter. Er packe da an, wo es nötig sei, engagiere sich und bringe sich mit ein. „Asif ist ein Pfundskerl und hat sich immer in die Vereinsarbeit eingebracht, selbst während Corona“, sagt Andreas Beringhoff vom SuS Langscheid. Ausnahmslos Lob. Von der Verurteilung wussten allerdings nur die wenigsten.

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Eine einstweilige Verfügung von Anwalt Gerd Bauer wurde vorerst abgewiesen. Gegen diese Ablehnung legt Bauer nun Beschwerde ein, die dann anschließend beim Oberverwaltungsgericht in Münster landen wird. Zwei Wochen hat der Rechtsanwalt dafür Zeit, zwei Wochen in denen Asif Hummatov in Aserbaidschan vollkommen auf sich alleine gestellt ist. Bis es ein neue Entwicklung in seinem Fall gibt, muss Hummatov abwarten und hoffen, dass sein Anwalt mit der Beschwerde gegen die erst im Nachhinein erteilte Ausweisungsverfügung Recht bekommt. „Dann würde Herr Hummatov ein Visum bekommen, mit dem er dann wieder nach Deutschland einreisen dürfte“, sagt Bauer. Die Kosten dafür müsse laut Bauer dann der Staat tragen.

Reue über die eigene Tat

Ob es dazu kommt oder ob Asif Hummatov in Aserbaidschan bleiben muss, wird sich in den kommenden Wochen oder gar Monaten zeigen. In Sundern jedenfalls möchten sie ihn gerne wieder begrüßen können, wieder auf ihren Freund, Bruder, Sohn oder Mitspieler bauen können. Jemand, der bereut, was er getan hat. „Ich war mir der Konsequenzen nicht bewusst. Was ich gemacht habe, war dumm und nicht richtig“, sagt Hummatov. Eine Einsicht, die spät kommt. Für eine Zukunft in Deutschland vielleicht zu spät. Denn die liegt nun in den Händen von Behörden, Gerichten und Anwälten. „Wenn ich wieder komme, werde ich mich bei allen Menschen erkenntlich zeigen“, sagt Hummatov.