Sundern. Eine Physiotherapeutin aus Sundern erklärt, warum früh durchgeführte Testspiele gefährlich sind. Wie Belastungssteuerung gelingen kann.
„Wer heilt, hat Recht!“ – so lautet ein zentrales Motto von Anne Schmitz, das die Physiotherapeutin aus Sundern-Langscheid mit einem kleinen Augenzwinkern versieht. Wie wichtig die Arbeit der 26-Jährigen und ihrer Kollegen ist, wird aktuell unter anderem im Zuge ihrer Arbeit im Physiozentrum Sundern (PZS) augenscheinlich. „Die Akutverletzungen vor allem von Amateursportlern häufen sich derzeit“, sagt Schmitz.
Im Gespräch mit dieser Zeitung erklärt die Physiotherapeutin, wie gefährlich verfrüht durchgeführte Testspiele für nicht fitte Amateursportler sein können, wie Training nach mehr als acht Monaten Corona-Zwangspause aussehen sollte, und warum sie nun schon acht Jahre lang als „Physio“ des Volleyball-Zweitligisten RC Sorpesee aktiv ist.
Anne Schmitz, die Amateursportler – vor allem Fußballer – sind in ihre Saisonvorbereitung gestartet. Aus Ihrer Sicht: Wie sollte nach mehr als acht Monaten Corona-Zwangspause ein Training zunächst gestaltet werden?
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Anne Schmitz: Man muss derzeit als Trainer noch gar nicht großartig sportartenspezifisch an das Training herangehen. Jeder Sportler hat körperliche Schwerpunkte, bei denen er seine Probleme hat. Schön ist es natürlich, wenn die Sportler nicht bei Null starten müssen. Es geht aber darum, bei den Basics anzufangen: Laufen, Stabilisationstraining, Koordinationsübungen und eine Herzfrequenz, die nicht sofort auf 180 geht. Sprints sollten noch auf sich warten lassen.
Worauf müssen Trainer und Aktive in dieser besonderen Situation außerdem achten?
Man sollte sich in den ersten Einheiten die Spieler erst mal genau anschauen. Auf welchem Level befinden sich die Sportler derzeit eigentlich? Laufen sie überhaupt schon rund? Da ist natürlich die Belastungssteuerung entscheidend. Manche Aktive muss man bremsen, damit sie nicht gleich voll durchstarten. Andere muss man eher antreiben. (lacht)
Knie, Gelenke, Muskulatur – Gefahren lauern nach einer so langen Pause an vielen Stellen des Körpers, oder?
Auf jeden Fall. Wenn man als Sportler nun lange Zeit nichts gemacht und sich wenig bewegt hat, ist die Verletzungsgefahr aktuell besonders groß. Das sehe ich auch jeden Tag bei meiner Arbeit im Physiozentrum Sundern: Wir haben immer wieder Sportler, die mit Akutverletzungen zu uns kommen.
Welche Sportarten sind dabei derzeit besonders vertreten?
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Wir haben viele Fußballer, unter anderem mit Bänderdehnungen an den Sprunggelenken. Und Tennisspieler sind oft vertreten: Sie klagen insbesondere oft über Schulterverletzungen.
Vor allem die Fußballer im HSK bestreiten nun bereits wieder zahlreiche Testspiele. Wie sinnvoll ist das aus Ihrer Sicht?
Frühe Testspiele sind aus rein körperlicher Sicht nicht vertretbar. Es ist einfach gefährlich, schnell von Null auf 100 zu gehen. Es helfen vorher möglichst viele Trainingseinheiten, zum Beispiel ein Stabilisationstraining. Und man sollte schauen, ob die Sportler eine gute Achse in den Beinen haben. Niemandem hilft es, wenn schnell die Hälfte der Mannschaft ausgeknockt ist.
Was für eine Rolle kann die Ernährung spielen, um Verletzungen selbst aktiv vorzubeugen?
Natürlich empfiehlt es sich vor allem für Amateursportler, keinen Alkohol zu trinken. Und bestimmte Lebensmittel lassen den Körper einfach sehr schnell übersäuern. Wer beispielsweise abends beim Grillen seine Würstchen isst und drei, vier Bierchen trinkt, hat am nächsten Tag selbst beim Joggen gleich eine erhöhte Gefahr, sich zu verletzen. Alkohol weglassen und möglichst wenig Fleisch essen – das wäre gut.
Nach der langen Zwangspause: Wie lange benötigt ein Amateursportler, um wieder fit zu sein?
Der Körper braucht sicher zwei, drei Monate, um sich wieder an die vermehrte Bewegung zu gewöhnen und umzustellen. Er muss die körperliche Belastung erst mal wegstecken. Die Sportler müssen einfach verstehen: Es geht bei all den guten Ratschlägen um sie selbst.
Seit mehr als acht Jahren arbeiten Sie als Physiotherapeutin bei den Volleyballprofis des Ruderclubs Sorpesee. Was zeichnet Ihre Arbeit beim RCS aus?
Die Mädels und ich haben genauso wie Trainer Julian Schallow und ich ein sehr gutes Vertrauensverhältnis. Ich glaube, dass ich alles von unseren Spielerinnen weiß. (lacht) Ich bin eben eine willkommene Ansprechpartnerin aus derselben Generation, die natürlich den Großteil dieser Dinge für sich behält.
Hat die Arbeit für eine Profimannschaft Sie auch in Ihrem Beruf und Alltag vorangebracht?
Ja. Man lernt nie aus. Das höchste Gebot für Julian und mich ist, dass die Mädels fit sind und kein erhöhtes Verletzungsrisiko haben sollen. Der Job beim RCS hat sicher auch dazu geführt, dass ich mein Selbstbewusstsein vergrößern konnte, da ich eine wichtige Rolle erfülle. Man lernt, seine Meinung zu sagen – und auch durchzusetzen.